29. April 2012

Venedig Flughafen Marco Polo

Die Reisen Marco Polos waren anstrengend und langwierig, wir können es nachlesen. Die Venezianer ehren ihn mit der Benennung ihres Flughafens, was passender ist und mir besser gefällt als der Name von Politikern, nach denen garantiert in 700 Jahren kein Hahn mehr krähen wird.

Man kann die Benennung des Flughafens Marco Polo aber auch begreifen als entschiedenen Wink mit dem Zaunpfahl: hier ist es anstrengend und es dauert sehr lange...

Ich habe den venezianischen Flughafen schon öfter überfüllt erlebt, sogar, dass ein größerer Truppentransport von italienischen Soldaten in den Irak über die normale Abflughalle abgewickelt wurde und nicht etwa über einen separaten Teil des Flughafens, hintenrum sozusagen.

Samstagmorgen (gestern) war aber der Gipfel, jetzt wird gemeckert und vor allem gewarnt, nicht zu spät zum Abflug aus Venedig aufzukreuzen.

Wer die Abflughalle betritt, steht zunächst vor einer dichten Schlange die von rechts nach links QUER durch den Flughafen führt. Man muss bitten, durchgelassen zu werden und weiss noch nicht, dass es sich um die Schlange handelt, die nach dem Einchecken zur Sicherheitsabfertig führt. Sie geht von Schalter 60 (ganz rechts, an der Cafeteria L'Orto) vorbei am Einlass zu den Gates, führt bis zur Höhe von Schalter 25 um die Imbisstheke herum, geht wieder zurück und wieder vorbei am Einlass zu den Gates. Bei Schalter 31 erreicht sie dann die Serpentine vor den Gates. Bis hierhin dauerte die Schlange 25 Minuten und jetzt werden  Menschen hektisch bis panisch, deren Flug als "now boarding" oder "last call" auf der großen Tafel angezeigt wird.

Zum Glück steht ein Mensch in Uniform an der Seite der Serpentine, der, auf das Problem angesprochen, das Absperrband lupft und direkt an die Spitze zur Sicherheitsabfertigung durchwinkt. Die arbeitet auf  Hochtouren, alle Bänder sind besetzt, zusätzlich leiten junge Frauen mit Tshirtaufschrift "Airport Staff" den Kopf der Schlange individuell weiter, damit hier keine unnötigen Staus entstehen.

Man bemüht sich also durchaus. Trotzdem dauerte ab Anstellen an der Schlange meine persönliche Abfertigungszeit ganze 65 Minuten. Wie machen das Eltern mit (mehreren, besonders kleinen) Kindern?
Wie machen das Reisende, die nicht gut zu Fuss sind? Oder alte Menschen - 65 Minuten vor sich hin stehen?
Die Reisenden liessen das über sich ergehen, niemand wurde ausfällig, niemand lachte, alle tapperten und schwitzten stumpf vor sich hin.
Wie sieht das an einem Augustnachmittag aus? Die Leute fallen um wie die Fliegen?

Das nächste Mal probiere ich den Flughafen Treviso aus. Vielleicht ist das ja eine Alternative.


21. April 2012

Auch nicht geheim: soziale Gärten in Venedig



Kollektivgarten der Initiative Spazzi Verdi auf der Giudecca


Wer offene Augen für die Gärten Venedigs hat stellt fest, dass es neben den gern behaupteten "geheimen" Gärten, die bei Licht besehen wie anderswo auch vor allem die strikt privaten sind, eine ganze Reihe öffentlicher Gärten gibt. (Siehe Eintrag vom 25.10.2008)

Und wenn nicht ganz öffentlich, dann doch teilweise zugänglich, anläßlich der Biennale oder während sommerlicher Öffnungen für das Publikum (siehe Label Garten).

Nachbarlicher Blick Richtung Cipriani

Im Herbst 2009 besuchte ich eine kleine Biennale-Ausstellung in einem geriatrischen Zentrum/Altenheim auf der Giudecca. Direkt hinter dem elektronisch öffnenden Eingangstor stand ich zu meiner Überraschung in einem wunderbaren riesigen Garten. Eigentlich einer ländlich-bäuerlichen Enklave mit Gemüse-
feldern (Artischocken vor allem), Pfirsich- und Apfelbäumen, einem gepflegten Weingarten, zwischen der Kirche der Zitelle und dem Hotel Cipriani.


Rückseite der Zitelle-Kirche, in den ehemaligen Konvent-
gebäuden die Dependance des Hotels Bauer


Jetzt habe ich durch einen schönen neuen Venedig-Blog erfahren, dass es sich um einen Kolletivgarten handelt.
Die Initative
Spiazzi Verdi stellt seit Anfang 2008 auf dem Gelände kostenlos Parzellen zur Verfügung, die von Venezia-
nerInnen ohne eigene Gärten in Handarbeit, nach eigenen Wünschen und auf eigene Kosten bearbeitet werden können.


Wenn man die Blogs des amerikanischen Venezianers und der Spiazzi Verdi-Leute liest, macht die Gartenarbeit nicht nur Spaß, sondern trägt neben den buchstäblichen auch soziale und politische Früchte (siehe diverse Links auf dem Spiazzi Verdi-Blog, auch bei geringen italienisch Kenntnissen von Interesse!) und ausserdem zur Integration sehr unterschied-
licher Personen und Gruppen bei.
(Giudecca 54)

(Aus der Sozialarbeit in Deutschland kenne ich die sog. 'Internationalen Gärten', in denen eingewanderten Bürgern Gartenparzellen kostenlos überlassen werden, zum Anbau eigener Feldfrüchte und als möglicher Beitrag gegen menschliche Entwurzelung.)


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Kollektivgarten Spiazzi Verdi Giudecca

Eine integrative Funktion neben der Freude an der Gartenarbeit haben auch die Orti per anziani, die Gärten für die Alten, in denen in Venedig, aber auch in anderen Städten im Veneto BürgerInnen über 60 auf Antrag Parzellen erhalten können. In Venedig ist dies z. B. die große Gartenanlage am Palazzo Minotto bei der Kirche S. Anzolo Rafael in Dorsoduro. (Dorsoduro 2364, Ponte del Cristo)

Soziale Gärten sind kein Ziel für touristische Besichtigungen, man kann sich dort weder in einen Liegestuhl legen noch selbst mit anpacken. Aber sie sind Teil der jüngeren venezianischen Gartenkultur, die reicher ist als zu erwarten wenn man durch die Steine Venedigs wandert.


Größere Kartenansicht

Orti per anziani auf dem Grundstück des Palazzo Minotto (Vergrößerung anklicken bitte)

In dieser dichtbesiedelten Stadt ohne Vororte und ohne "Schrebergartenkultur" aber vielen jahrhundertealten Mietwohnungen ohne eigene Gärten sind Kolletivgärten eine wunderbare Lösung und ein Glück für die Menschen, die persönlich davon profitieren. Ökolologische Aspekte (wie Permakultur) und pädagogische Mitnahmeeffekte für Kindergärten und Schulklassen muss man eigentlich gar nicht zusätzlich loben. Bravo Venedig.


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14. April 2012

Fahrplan Vaporetti 2012

Seit April ist der Sommerplan der Vaporetti 2012 gültig, und wer ein paar Tage in Venedig plant und mit mehr Fahrten rechnet als einmal den Canal Grande rauf und runter sollte sich den Fahrplan ausdrucken (42 Seiten, aber doppelseitig gedruckt lohnt sich das Mitschleppen des Papiers).

Sommerfahrplan öffentlicher Wassertransport Venedig 2012


Der Linienplan ist in allen Reiseführern enthalten und auf vielen Stadtplänen, die kostenlos verteilt werden, hier ist er trotzdem, ebenfalls aktuell gültig seit April 2012.

Linienplan Vaporetti in Venedig und der Lagune 2012


Website der venezianischen Verkehrsbetriebe ACTV (Preise, Bedingungen etc.)

Online-Kauf von Fahrkarten und diversen Eintrittskarten (man spart sich Zeitaufwand und nerviges Schlangestehen, ausser bei Tickets die abgeholt werden müssen)

Das im Winter angekündigte Vaporetto d'Arte, das ab 25.4. für stolze 22 € die Kunstadressen entlang des Canal Grande bis zu den Giardini verbinden soll, erscheint derzeit nirgends. Nicht im Online-Kauf von Tickets, nicht in den Event-Kalendern.

Bisherige Blogeinträge unter dem Label ÖPNV 


Ergänzung am 4.11.2012:

Winterfahrplan 2012/2013, öffentlicher Wassertransport ab 5.11.2012
kurze Zusammenfassung der Änderungen von Sommer- zu Winterfahrplan

und: die Haltestellen am Canal Grande/Piazzale Roma, nämlich Scomenzera, Parisi und S. Chiara sind ab 5.11. neu belegt (nach Abschluss von längeren Bauarbeiten). Die vorübergehende Ersatzhaltestelle S. Andrea wird geschlossen.
Die Rundfahrtlinien 4.1/2 und 5.1/2 wurden ergänzt um die Linie 3, die ohne Umschweife von hier nach und durch Murano fährt und zurück. Der Schlenker der Linie 4 nach und durch Murano fällt weg.


außerdem: Bus- und Tramlinien im urbanen Netz

Ergänzung am 1.12.2012:

Ab heute bis 29.23.2013 fährt die Linie 9 von Burano nach Torcello nicht vom Landungsplatz A, sondern vom C. Siehe Plan.

Für Hochwasser hat ACTV einen Plan für den angepassten Verkehr, also Schließungen von Linien und Haltestellen. Wer sich der italienischen Sprache nicht bedienen kann findet sicher trotzdem Hilfe oder verhält sich zur Not so wie die Einheimischen. Fusspassagen mit Hilfe von Hochwasserstegen sind vorgesehen laut Plan der Stadt Venedig.

(Aber grundsätzlich ist bei Sorge wegen Hochwasser zu bedenken, dass es sich im Wesentlichen um Flut handelt, die nur ein paar Stunden dauert und wieder abebbt. Dem kann man seine Pläne anpassen und die besonders tief gelegenen Orte, z. B. den Markusplatz oder den Rialto, für diese kurze Zeit meiden.)


Ergänzung am 3.2.2013:

Sonderfahrpläne ACTV und Sonderzüge TRENITALIA  im Eintrag Carnevale 2013


Fortsetzung Sommerfahrpläne 2013


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6. April 2012

CHORUS - 16 Kirchen in Venedig

CHORUS-Kirche S. Sebastiano, Eingangsportal

CHORUS
ist die Vereinigung von 16 venezia-
nischen Kirchen zum Zweck der Erhebung von Eintritts-
geldern.




Mir ist seit über 10 Jahren schleierhaft wieso gerade diese 16 Kirchen? Und nicht andere? Oder alle? Denn die Mehrheit der Kirchen Venedings sind eintrittsfrei. Sofern sie nicht dauerhaft geschlossen sind. Und es gibt mindestens zwei weitere Kirchen, die ebenfalls Eintritt nehmen, aber nicht CHORUS angehören (Santi Giovanni e Paolo/Zanipolo und Santa Maria Assunta auf Torcello, wobei die letztere als Sonderfall zu sehen ist, da quasi ein reines Museum. Gottesdienste finden in der benachbarten Santa Fosca statt.)

Ich finde keine gemeinsamen Nenner, die auf diese 16 Kirchen und nicht auch auf andere zuträfen. Jede ist auf ihre besondere Art absolut besuchenswert. Jede hat ihre Geschichte und Kunstschätze. Vermutlich liegt die Lösung des Rätsels irgendwo irgendwann in der Geschichte der Vermarktung Venedigs bzw. des Fundraisings begraben.

CHORUS-Kirche S. Maria dei Miracoli

Der Normalpreis für den Besuch einer einzelnen Kirche ist 3,- €, was beim Besuch aller Kirchen nicht wirklich bescheidene 48,- € wären, aber es gibt den CHORUS-Pass für 10,- gültig für den einmaligen Besuch aller 16 Kirchen und ein Jahr. Man wird beim Kauf eines Einzeltickets IMMER gefragt, ob man nicht lieber einen CHORUS-Pass haben möchte. Sehr günstig offensicht-
lich, aber in der Praxis entpuppt sich das als eine sc
höne Marketingidee, denn diese 16 Kirchen verteilen sich über das gesamte Stadtgebiet. Bei einem Aufenthalt von 3-5 Tagen ist das viel Rennerei und Logistik, wenn man auch noch andere Aktivitäten plant.
Auf der anderen Seite: schon wenn man 4 Kirchen "im Vorbeigehen" besucht, hat man einen Preisnachlass erzielt.
WENN man denn
immer schön aufpasst und mitbekommt, dass man vor einer CHORUS-Kirche steht, für die man den Eintritt schon entrichtet hat.

CHORUS-Kirche S. Pietro di Castello (Rückseite)
Vor zehn Jahren noch bekam man mit dem CHORUS-
Pass ein labbriges Informationsblättchen, das die Kirchen nicht sehr hilfreich auflistete, im letzten Jahr fand ich zum ersten Mal in einer der Kirchen ein festes Hochglanzfaltblatt, das (neben der Werbung zur Finanzierung der Druckkosten) auf einem ordentlichen Stadtplan die CHORUS-Kirchen gut kenntlich macht sowie Museen, Scuole und weitere Kirchen.



CHORUS-Kirche S. Maria Gloriosa dei Frari, Kreuzgang
Die Website, auch noch neu und ein echter Fortschritt, könnte der Vor- und Nachbereitung besser dienen, wenn sie ewas detaillierter programmiert wäre.

Unter dem Menüpunkt "
churches" gibt es Kurztexte und Fotos zu den einzelnen Kirchen, unter dem Menüpunkt "artisti e opere" (denn ab hier geht es in italienischer Sprache weiter) kann man Kunstwerke aufrufen per Eingabe der Kirche, des Jahrhunderts, des Kunsttyps. Das Ergebnis ist eine Beschreibung des Standortes leider ohne Eintrag auf dem eingeblendeten Plan der Kirche und des Kunstwerks leider ohne Foto. Leute! Nutzerfreundlich ist anders.

Unter "itinerari consigliati" werden die Kirchen nach den 6 Sestiere sortiert, auch in englischer Sprache, was wirklich hilfreich ist, wenn jemand die CHORUS-Kirchen möglichst komplett abarbeiten möchte.


CHORUS-Kirche Madonna dell'Orto, Rückseite

Grundsätzlich finde ich es richtig, dass wir Touristen uns am Erhalt der venezianischen Kunstschätze beteiligen. Auch die Kirchen sollen ihre Kostbarkeiten nicht kostenlos herzeigen, Marketingmätzchen hin oder her.

Das CHORUS-System hat außerdem den Vorteil, dass diese Kirchen zuverlässig geöffnet (!) sind, was das Letzte ist, das man von vielen der Nicht-CHORUS-Kirchen behaupten kann. In der Regel Montag - Samstag, 10-17 Uhr, Ausnahmen unter hours.

Was wiederum nicht heißt, dass alle Kirchen vor und nach den CHORUS-Öffnungszeiten geschlossen sind, denn bis auf San Stae sind sie normal im Dienst und Funktion einer Pfarr-
gemeinde. Dann allerdings gibt es keine Öffnungsgarantie, aber man darf kostenlos beten und sich noch einmal das eine oder andere Detail ansehen.




CHORUS-Kirche S. Maria dei Miracoli

Eigene Websites von CHORUS-Kirchen mit Öffnungs- bzw. Gottesdienstzeiten:

Santa Maria Formosa
Santa Maria dei Miracoli
Madonna dellOrto
Santa Maria Gloriosa dei Frari
Sant'Alvise