27. Juli 2009

Scuola Grande della Misericordia

Großes Haus, kleines Bild - vorderes Viertel der Scuola Grande della Misericordia


Die herausragende Möglichkeit, ein normalerweise unzugängliches Gebäude zu betreten bietet die 53. Biennale mit der Scuola Grande della Misericordia in Cannaregio, 5 Minuten zu Fuss von der Haltestelle Ca' D'Oro. Die Gelegenheit, ob einmalig oder nicht, sollte man sich keinesfalls entgehen lassen! Es ist zwar schon länger die Rede davon, dass die nie vollendete Scuola als Konzertraum genutzt werden soll, aber davon kann nach meiner Einschätzung vorläufig keine Rede sein.


Ein großes Gebäude von außen zu sehen ist eines, von innen aber als ein EINZIGER Raum widerspricht völlig den visuellen Erfahrungen. Auch die Abstützung des Obergeschosses (ebenfalls ein einziger Raum!) durch zwei Reihen Säulen, die optisch einen gewissen Vorschlag von Dreischiffigkeit macht, stört den umwerfenden Gesamteindruck von Riesigkeit nicht.
Auch die Höhe beider Etagen ist einfach enorm, was die Kraxelei auf der primitiven Betontreppe bestätigt.


Decke und Stützbalken im Parterre-Raum

Übrig gebliebenes K u. K. -Graffito

Nebenbei: verglichen mit den beeindruckenden Treppenhäusern der anderen scuole grande = Caritá (Accademia), San Rocco, San Giovanni Evangelista, auch San Marco (Krankenhaus), San Teodoro und Carmini scheint es kein Originaltreppenhaus in diesem unvollendeten Gebäude gegeben zu haben. Das wäre doch eine schöne Herausforderung für einen Sponsor, ein angemessen prächtiges zeitgenössisches Treppenhaus ausschreiben und bauen zu lassen!

Rohbautreppenhaus, der Charme des Unfertigen

Das Obergeschoss ist innen komplett eingerüstet, ich weiss nicht, ob zwecks Stütze oder Renovierung.
Es gibt eine Art Gewölbekeller ausserhalb des Gebäudekörpers (Toilette, Papierlager) und zum Rio della Sensa hin eine moderne Terasse, die mir bisher vom anderen Ufer her noch nie aufgefallen ist, und von der man (rechts raus, vor der Treppe ins Obergeschoss) einen schönen Blick auf die scuola vecchia und die geschlossene Kirche und Sta. Maria della Misericordia hat.

Die scuola ist einerseits der litauische Pavillon mit "The Tube" einer Installation von Magnetbändern von Zilvinas Kempinas, eine wunderschöne begehbare Spielerei und perfektes Fotomotiv; beherbergt ausserdem die Blechinstallation "L'acqua" von D TAO , beide füllen den Erdgeschoßraum völlig aus. (Abgesehen von ein paar verbliebenen Graffitti österreichischer Soldaten an den Wänden, aus einer ganz anderen Zeit...)

Auf diesem Video geht es ausschließlich um die litauische Ausstellung; aber man gewinnt gut einen Eindruck vom Inneren der scuola und der Raumgestaltung im Parterre. (Nebenbei auch noch die überflüssigen Eitelkeiten der Medienvertreter und VernissagebesucherInnen...)





DasObergeschoss ist komplett belegt mit der Ausstellung "Öst-Westlicher Diwan" von KünstlerInnen aus Afghanistan, Pakistan und dem Irak, die mir mit fast allen Exponaten und der gesamten Atmosphäre der Präsentation sehr und nachhaltig gefiel und ich kontemplativ entspannt wieder in die Sonne am Canale della Misericordia trat.







http://princescharities.org/events-campaigns/2009/4/20/east-%E2%80%93-west-divan-contemporary-art-afghanistan-iran-pakistan







Keinesfalls verpassen. Station Ca' D'Oro, auf der Strada Nova links, über die Brücke am Rio S. Felice, dann rechts die Fondamenta della Chiesa bis zum Ende, links über die Brücke und man steht unübersehbar davor. Liegt zwar "am Rand", aber trotzdem keine Entfernung!





19. Juli 2009

Mexico - Eine irritierende Präsentation



"Aspekte" berichtete zur Eröffnung der 53. Biennale ausführlich über den mexikanischen Beitrag von Theresa Margolles (das Video steht leider nicht mehr auf der Aspekte-Website zur Verfügung).

Ich kannte Margolles bisher nicht, aber im Internet gibt es Einiges, z. B. http://www.mmk-frankfurt.de/mmk_d/03_margolles01.html.
Ihre Arbeit setzt sich seit Jahren ausschließlich mit der Gewalt, sprich dem gewaltsamen Tod in Mexico in den letzten beiden Jahrzehnten auseinander. Laut Ausstellungsflyer starben 2008 5.000 Menschen in Auseinandersetzungen z
wischen Executive und kriminellen Banden, doppelt so viele wie 2007.

Margolles interessiert nicht wer wen tötet, Opfer oder Täter, politische Entwicklung und Ursachen, etc., sondern "la vida del cadáver". Ihre Kunst besteht im spektakulären Recyceln von Menschenüberresten.

Bei allem Respekt vor ihrer kreativen Arbeit und Empathie für ihr Anliegen scheint mir das in Zeiten, in denen der bewußte Umgang mit Körperflüssigkeiten schon zur Gesundheitserziehung von Vorschulkindern gehört, eher vom Thema abzulenken.
Wer ist schon frei von Ekel allein bei der Vorstellung eines mit Leichenwaschwasser gewischten Fussbodens, umgehend verbunden mit der Scham über derartig simple Gefühle, gefolgt von der Reflexion darüber?
Ich bin z. B. auch nicht frei von der Überlegung, was die Verdampfungsaktion zur Gewinnung von eben Putzwasser aus Leichentüchern von Ermordeten im Parterre eines alten venezianischen Gebäudes und die daraus aufsteigende Feuchtigkeit für dieses Haus bedeuten. Inklusive der Peinlichkeit meiner banalen Reaktion angesichts des bitteren Themas und seiner pathetischen Vermittlung!

Beim Besuch stellt sich heraus, dass es bei der Präsentation hauptsächlich ums Konzept geht, die Aktion scheint sich eher auf Medienvorführungen Anfang Juni beschränkt zu haben.

In den leeren Räumen im piano nobile des Palazzo Rota Ivancich steht jeweils ein roter Putzeimer + Feudel und ein Schild, dass "mindestens 1 mal täglich" gewischt wird (wieder eine banale Verknüpfung: Hinweisschild in öffentlichen Toiletten...?), woraus ich schließe, dass die Verdampfung im Parterre maximal 1 mal täglich angeworfen wird.
Die "Verwandten" der Toten, die zum Fussbodenwischen nach Europa gebracht wurden, sind nicht anwesend und ich muss meine Überlegung, wie sie sich dabei fühlen (Opfer des Drogenkriegs? der Verhältnisse? des Kunstmarketings?), auch im Hinblick auf die unzähligen lateinamerikanischen Frauen, die europäische Fussböden wischen (schon wieder eine banale Assoziation...), mit mir selber abmachen.





Ich finde die Präsentation Margolles' (die Performance? das Happening?) und ihre einerseits intime, andererseits distanzierte (sie veranlasst, legt nicht selber Hand an) Arbeit an ihrem Them
a irritierend. Und meine Reaktion darauf auch. Aber Irritation ist vielleicht schon eine aktzeptable Wirkung?

Kleiner Eingangsbereich im piano nobile des Palazzo Rota Ivancich

Der Palazzo selbst, über den ich weiter nichts in Erfahrung bringen konnte, wirkt düster durch abgedunkelte Fenster und funzelige Beleuchtung, leer, mit z. T. in Fetzen hängenden Tapeten und scheint länger nicht bewohnt zu sein. Boden und Wände des Eingangsbereich des piano nobile sind im Gegensatz dazu gut erhalten verspielt dekoriert.
Der Palazzo ist relativ schwer zu finden, die Calle del Rimedio oder Remedio ist die erste rechts, linker Hand der Kanal, wenn man von Sta. Maria Formosa in Richtung S. Giovanni Novo (in Olio) geht.





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11. Juli 2009

53. Biennale - eine Frage der Wahrnehmung

Fassade des Palazzo delle Esposizioni, gestaltet von John Baldassari (Ehrenlöwe Lebenswerk)

Drei Tage vor Eröffnung werden die Medienvertreter übers Biennalegelände geschickt, nicht ohne Stimmungsaufheller wie Häppchen und Alkohol.

Das Ergebnis: alle berichten nur übe
r eine Handvoll Pavillons in den Giardini (und die entsprechenden Warteschlangen davor), in diesem Jahr:
Skandinavien (geteilte Bewertung, aber immer mit Foto der Wasserleiche im Pool); Tschechien Foto unten (toll: man erkt kaum, dass man die Ausstellung betritt bzw. schon durchquert hat); Deutschland (langweilig und die Katze ist doof); Großbritannien (ein 30-Minuten Film, harmlos und öde); USA (nicht besonders einfallsreich, aber eine sichere Nummer); Korea (erfrischend, heiter, elegant).

Die Strecke zwischen diesen si
eben Pavillons (Skandinavien hat zwei) ist in weniger als fünf Minuten bewältigt.

Durch den Medienrost fallen leider Ausstellungen wie z. B. Brasilien, Russland, Finnland, Polen, Spanien....

Alle berichten auch über den zentralen Palazzo delle Esposizioni, noch ein paar Meter
weiter. Schwerpunkte sind hier die Rehberger-Cafeteria (die mich an OP-Art und Kinderladeninterieurs der Sechziger erinnert, aber vielleicht sind die Medienvertreter zu jung?), immerhin mit einem Goldenen Löwen gepusht; die hochkomplizierten Spinnenkugeln Thomas Saracenos (ungeteilte Faszination); Natalie Djurbergs Knetepflanzen und Videos (Fazination schon, aber nicht ungeteilt); und Yoko Ono, die einen der beiden Ehrenlöwen erhielt.
Und damit bleibt fast die ganze Ausstellung dieses Palazzo medial unterbelichtet.

Ausstellung Thomas Saraceno rechts
Der Besuch im Aus-
stellungs-
gelände des Arsenale ist fußmäßig schon
anspruchs-
voller und es gäbe auch hier vie
l zu erzählen. Es bleibt aber weitgehend bei der Erwähnung des (neu hinzugekommenen) Vergini-Gartens (Kunst in der Natur - Natur als Kunst); den wunderbar zauberischen Goldfäden von Lygia Pape direkt im Eingang; der dunklen Installation von Chu Yun, die man aber erst wirklich wahrnehmen kann, wenn man ins Schwarze geht und abwartet, bis man im Dunklen sieht (hat vermutlich kein Medienvertreter ausprobiert); des Pavillons von Italien (erwähnenswert, dass der Inhalt nicht erwähnenswert, da berlusconiangepasst sei).

Glücklicher Zufall: Daniel Birnbaum, Biennaledirektor, führt (auch mich) durch das Arsenale

Nicht erwähnt werden z. B. die Chinesen, die Afrikaner, die Lateinamerikaner und die gesamten riesiegen Ausstellungen (z. B. Die Angstgesellschaft, oder Jan Fabre, der mich schon 2007 im Palazzo Benzon irritierte) im Arsenale Novissimo auf der anderen Seite des Arsenale-Beckens. Die erreicht man mit einem Shuttleboot oder über den Nordeingang mit der Linie 41/42/51/52, Haltestelle Bacini.

Skulpturen von Miranda July im Vergini-Garten

Das ist alles viel Latscherei und kostet vor allem Zeit. Ebenso wie die vielen Ausstellungen im Stadtgebiet, z. T. Länderpavillons, z. T. sog. Collateral Events, die insgesamt, wie in jedem Jahr, bem kurzen Medienschlaglicht auf die Biennale im Dunkeln bleiben. Ich vermute, es liegt daran, dass die Damen und Herren Medienvertreter sich erstens nicht die Mühe machen wollen, nicht zentral präsentierte Angebote zu prüfen. Und zweitens, dass mit aktueller Kunst in originalen Locations (eines der "Alleinstellungsmerkmale" der venezianischen Biennale!) eine weiterer Berichtsschauplatz aufgemacht wird, der auch veneziansche Geschichts- und Architekturkenntnisse erfordert. Was nun mal nicht jeder spannend finden kann.

Eine der Installationen von Jan Fabre wird von einem Helfer gesäubert (Taubendreck, Styroporunterlagen, Zahnbürste)

Besonders schade finde ich das in diesem Jahr z. B. für die Ausstellungen im Androne des Palazzo Donà dalle Rose (Venice in Venice), im Palazzo Michiel (Island und Singapur); die ehemalige Scuola Grande della Misericordia mit der Ausstellung West-Östlicher Divan (Iran, Afghanistan, Pakistan); und in diversen Kirchen, die normalerweise nicht zugänglich sind.


Scuola Grande della Misericordia, gesehen durch eine Magnetbänder-Installation


Ich habe aber längst noch nicht alle Ausstellungen abgegrast und hoffe, das im Laufe der nächsten Monate zu tun. Und werde hier nach und nach auf Ausstellungen hinweisen, die aus meiner Sicht den Besuch, die Latscherei, den Zeitaufwand wert sind (und in Einzelfällen vielleicht auch nicht).


Aleksandra Mir hat unter dem Titel "All places contain all others" Fotopostkarten gestaltet, die unter der Überschrift "Venezia" farbenfroh alles Mögliche zeigen, war NICHT Venedig darstellt (Karten kostenlos, Briefmarken im Shop erhältlich). Eine Aufforderung, Sehgewohnheiten, Verknüpfungen, Tiefe und Oberflächlichkeit von Eindrücken, und Selbsttäuschunen zu prüfen.

In meinem Büro mit permanentem Rein-Raus von KollegInnen und Gästen hängt seit 3 Wochen diese Postkarte und geht bisher
anstandslos durch.

Aleksandra Mir Venezia

Einfach eine Frage der Wahrnehmung!

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28. Juni 2009

Palazzo Grimani bei S. Maria Formosa

Palazzo Grimani

(Quelle Bing Maps) Oben rechts der Campo S. Maria Formosa.
Der Raum der Tribuna ist zu erkennen am Glastürmchen im linken Gebäudeteil. Der Bildausschnitt ist beweglich.
Ich habe am 23.12.08 über die Eröffnung des neuen Museums Palazzo Grimani berichtet.

Eingang Landseite, alles was vom Palazzo von der Landseite zu sehen ist.

Ich habe den Palazzo jetzt besucht: schon der erste Eindruck beim Betreten des Innenhofes ist überwältigend, weil von der Landseite nur die
bescheidene Breite des Eingangstores zu sehen ist und um die Wasserseite zu sehen, muss man wissen, wo man zu suchen hat. Stadtplan!

Der riesige Kasten wurde nach dem Erlöschen der Familie Grimani 1865 völlig gefleddert und leergeramscht, alles, was nicht niet- und nagelfest war, verkauft, inklusive des Pozzo (Brunnenkopfes) an dessen Stelle der Boden mit einer Metallplatte versiegelt ist.
Etwas verklemmter Blick auf die Wasserseite des Palazzo Grimani, von der Brücke über den Rio di San Servero/Calle dell'Ospedale
Die wertvolle Sammlung antiker Marmorstatuen des Kardinals Dom
enico Grimani, bei seinem Tod 1523 der Republik Venedig vermacht, wurde zunächst in 28 Holzkisten im Dogenpalast aufbewahrt, aber bei einer Überprüfung 1586 waren es nur noch 16. (Fledder also auch hier.) Die Marmorstatuen wurden dann bis auf Weiteres in der "Stanza delle Teste" aufgestellt und Künstlern zugänglich gemacht.
Portal mit "Museumsschild"

Der Neffe des Kardinals, der Patriarch Giovanni Grimani, war Besitzer einer noch größeren Sammlung und ließ vor allem für die Präsentation seiner Antiken den Palazzo umbauen und ausschmücken, ein Lebensprojekt. Auch er bot 1587 der Republik seine Schätze als Schenkung an, unter der Bedingung, dass sie in einem würdigen Rahmen der Öffentlichkeit zur Verfügung stünden. Der Vorsaal der Bibliothek von San Marco wurde als Skulpturengalerie umgebaut und die Antiken komplett ab 1596 im Statuario Publico der Serenissima, die zum Archäologischen Nationalmuseum wurde, ausgestellt.
Der Palast stand nach seiner völligen Plünderung leer und moderte entsprechend vor sich hin, die Restaurierungsarbeiten dauerten 27 Jahre und sind bisher nicht abgeschlossen. Zu besichtigen ist bisher "nur" das erste Stockwerk, das zweite ist in Arbeit.

Die Renovierung läßt mich sprachlos bewundern: Fresken und Stuck der Treppe und einzelnen Räume nach Themen der griechischen Mythologie sind von überwältigender Frische und Schönheit. Bereiche, die völlig zerstört waren, wurden nicht ergänzt. Es gibt einen Raum mit einer Voher-Nachher-Präsentation, die ansatzweise die Leistung der Restauratoren nachvollziehen lässt.

Ecke des Innenhofes

Ich hatte gehofft, dass die Tribuna, ähnlich wie in der Ausstellung "Venezia!" in Bonn 2002 mit den Originalexponaten aus dem Archäologischen Nationalmuseum ausgestattet sein würde, ist aber leider nicht der Fall. Nur die Statue des Ganymed, der von einem Adler geraubt wird (Duplikat in der Accademia) hängt wie ursprünglich an einem Drahtseil in der Kuppel der wunderbaren sonnenhellen Tribuna, dass einem der Atem stockt. Aber die Nischen, in denen (nach Inventarlisten des 16. Jahrhunderts) einst 126 Skulpturen (!!) ausgestellt waren, sind leer.
In einigen Räumen sind einzelne Skulpturen aufgestellt, an denen während der Führung die Restaurierungen und Ergänzungen die im 16. Jahrhundert oder später vorgenommen wurden (Kopf passt nicht, Ersatzarm hat eine zur Statue nicht passende Haltung etc.) schön erläutert werden.


Wobei wir bei der Führung wären. Ich war die einzige Besucherin dieser Führung (Sonntagmorgen 9:30 Uhr). Eine junge Kunsthistorikerin hat mir also eine über einstündige Privatführung geboten. Zwar auf italienisch (keine weitere Sprache), aber da ich vorbereitet war, schätze ich, dass ich immerhin gut die Hälfte verstanden habe. So gesehen war es auch noch eine Italienischlektion in qualifiziertem Vokabular.

Aber trotz (obligatorischer) Internetanmeldung wurde mir die Tür erst geöffnet
, als ich nach einigem Warten entschlossen eine popelige Türklingel gedrückt habe, die ganz versteckt an der Seite des Eingangsportals angefrickelt war. Vier weitere Interessenten, die sich meiner Warterei spontan (ohne Internet-Anmeldung) angeschlossen hatten, wurden abgewiesen. Nirgends in der Stadt wird für den Besuch des Museums geworben, auf der Website der Comune Venezia habe ich bisher keinen Hinweis gefunden.

Ich habe den leisen Verdacht, dass man an "Normal"-
Besuchern nicht wirklich interessiert ist. Vielleicht an "Fach"-Publikum wie Kunsthistorikern, Restauratoren, Architekten, Archäologen, Fachhandwerkern, und -innen, und Studierenden aus diesen Bereichen? Hat das Projekt nur offiziell den Titel "Museum", um damit einen bestimmten Status herzustellen, der Mittel sichern und im Wesentlichen den Fortgang der Restaurierung garantieren soll?
Denn die Einnahmen der Eintrittsgelder können sich nicht rechnen, nach meiner Privatführung geschätzt. Ich weiss es nicht!
Ecke des Innenhofes mit Aufgang zum Museums-Rundgang, Stuckverzierung (Obstkörbe!) oberhalb der Säulen
Besuchens- und sehenswert ist der Palast unbedingt, auch wenn er nicht so "bewohnt" und kuschlig bürgerlich wirkt wie z. B. der Palazzo Querini-Stampalia direkt um die Ecke. Das Haus ist völlig unmöbliert, es gibt auch nur wenige zurückgekehrte Gemälde (herausragend das Bosch-Triptychon, irritierend und faszinierend). Man kann hier auch nicht, wie dort, unbehelligt herumschlendern, sondern ist auf den Rahmen einer anspruchsvollen und hochinterssanten Führung angewiesen.

Schlussfolgerung: hingehen und falls nötig gleich am Eingang sagen, dass man nicht gut italienisch kann (wie ich). Mit der Nachfrage das Angebot fördern. Und vor allem mit der Nachfrage das Interesse an schön und wissenschaftlich restaurierten Palästen beweisen, im Gegensatz zur profitorientierten Restaurierung zu Hotelzwecken!

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15. Juni 2009

Neue Vaporetto Linie Parco della Laguna Nord

Campanile der Assunta von Torcello

Die expe-
rimentier-
freudigen veneziani-
schen Ver-
kehrsbe-
triebe ACTV haben
seit vorgestern eine neue Linie gestartet: Linea Parco della Laguna Nord.

Sie wird nur Samstag, Sonntag un
d an Feiertagen bedient zwischen dem 13.6. und dem 25.10.09. Angefahren werden ab der Haltestelle Giardini Biennale die Inseln Certosa (im Wesentlichen eine Marina mit Bewirtung, ich selbst war bisher noch nicht da) , S. Erasmo Forte Massimiliano (die Haltestelle am von mir wärmstens empfohlenen Strand und Biergarten, die man bisher nur mit Vaporetto vom Lido aus und auch nur in den Mittagsstunden Sa/So erreichen kann) und Torcello (diverse Einträge hier im Blog, abzurufen unter dem Stichwort 'Insel').


Ich habe auf der ACTV-Site keine Verlinkungsmöglichkeit für den Fahrplan gefunden, deshalb tippe ich ihn hier rein:



Wassergraben um das Fort Massimiliano




Giardini Biennale 11:30 13:30 15:30 17:30

Certosa 11:40 13:40 15:40 17:40
S.
Erasmo Forte Mass. 11:55 13:55 15:55 17:55

Torcello 12:30 14:30 16:30 18:30


Torcello 12:30 14:30 16:30 18:30
S. Erasmo Forte Mass. 13:05 15:05 17:05 19:05

Certosa 13:20 15:20 17:20 19:20

Giardini Biennale 13:30 15:30 17:30 19:30



An der Vaporetto-
station S. Erasmo Forte Massimiliano


Wenn man das erste Boot an den Giardini nimmt und das letzte von Torcello zurück, kann man immerhin ganze 8 Stunden in der Laguna Nord verbringen, ich finde das ist ein gutes Angebot. Tickets können auch an Bord gekauft werden, ein Hop on/Hop off ticket kostet 6,50, mit Ermäßigung der Carta Venezia 1,50.

Eingefügt im Juni 2011:
Achtung! Dieser Eintrag bezieht sich auf das Jahr 2009. Diese Linie gibt es mittlerweile nicht mehr.

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6. Juni 2009

Biennale Führer

Die 53. Biennale wird morgen eröffnet, die Medien sind seit gestern unterwegs in Venedig zu den Präsentationen im Biennale-Gelände, in den Lokalitäten in der Stadt, auf den Inseln, und jenseits der Biennale in den neuen Pinault-Ausstellungsräumen der Dogana.
Es gab bereits erste interessante Berichte in der Presse und im Fernsehen (TAZ, SZ, Aspekte).

Der Anlass dieses Eintrags ist die Ausgabe 6/09 der venezianischen Monatszeitschrift VeneziaNews, bereits im vorhergehenden Eintrag erwähnt. Trotz der überschwappenden Werbung ist diese Ausgabe unverzichtbar, will man das Angebot der Biennale halbwegs gezielt wahrnehmen.
Die Ausgabe steht als PDF im Internet, inklusive Stadtplan mit allen Kollateralen/Events/Länderpavillons.
Audrucken und mitnehmen, falls man erst später im Sommer nach Venedig kommt und die Juni-Ausgabe nicht mehr zu kaufen ist!


31. Mai 2009

Biennale eröffnet in einer Woche

Ausstellungsgelände Giardini 2007

Heute in einer Woche eröffnet die 53. Kunstbiennale. Es wird "meine" dritte, heißt, ich kann auf zwei Erfahrungen zurück greifen.
(Siehe auch Eintrag vom 5.10 2007)

2005 war ich einfach überwältigt von der Masse und Vielfalt aktueller Kunst, die sich in den "kostenpflichtigen" Ausstellungsräumen der Giardini und des Arsenale bot. Vom Ideenreichtum bis zur Banalität reproduzierter Ideen, von erschreckender Aggression zur künstlerischen Kontemplation. Dazu das ganze Gewurschtel der internationalen Besucher - eine tolle Erfahrung!

Links oben und unten: Ausstellungen im Arsenale-Gelände 2007

Die Ausstellungen im ganzen Stadtgebiet nahm ich nur am Rande wahr, hatte auch nicht genug Zeit eingeplant. 2007 war ich schon etwas gewiefter, mehr Zeit, Vorbereitung per Internet, und dadurch mehr Informationen über die zusätzlichen - kostenlosen! - Ausstellungen in der Stadt, die ich teils gezielt, teils zufällig fast alle besuchte. (Dazu gehört, dass man sich mit dem Stadtplan und dem ÖPNV vertraut macht, damit man ungefähre Wanderrouten entwerfen kann um nicht unnötige Wege bei diesem Kunstmarathon zu latschen.)

Hilfreich war, dass ein Freund eine Ausgabe der Monatszeitschrift
VeneziaNews aufbewahrt hatte, die in ihrer Juni-Ausgabe einen Stadtplan mit den Ausstellungsorten veröffentlichte, was sie hoffentlich auch in diesem Jahr tun wird.

Da längst nicht mehr alle Aussteller in den Ausstellungsgeländen unterkommen, haben einzelne Länder feste Räume im Stadtgebiet (z. B. Schweiz - die Kirche S. Stae, z. B. Luxemburg - das Wassergeschoß der Ca' del Duca, beide am Canal Grande, letztere mit der schönen hohen Treppe zum Kanal). Andere Aussteller mieten Räumlichkeiten für 6 Monate an, und man hat die unschätzbare Gelegenheit Häuser/Palazzi zu betreten, die normalerweise nicht zugänglich sind, wie z. B. regelmäßig der Palazzo Zenobio - das armenische "Priesterseminar", oder überraschenderweise 2007 der Palazzo Soranzo-van Axel, der diversen Venedig-Filmen als Location diente, oder in diesem Jahr die Scuola Grande della Misericordia, deren lange Renovierung abgeschlossen zu sein scheint. Neben den Überraschungen die die Kunst bietet, gibt es zu jeder Biennale auch die spannende Frage, in welchen Häusern die Kunst zu bewundern sein wird.

Ausstellungsort Palazzo Zenobio 2007: Lateinamerikanische Länder

Ich möchte gerade auch den Venedi
gbesuchern die Biennale ans Herz legen, die eher weniger mit aktueller Kunst zu schaffen haben. Denn hier können sie sich ungeniert und unbeeinträchtigt von musealen Klugscheißereien Unmengen von Kunstbeispielen nähern und herausfinden, was ihrem eigenen Geschmack und Interesse entspricht und was überhaupt nicht, was sie berührt und vielleicht sogar erschüttert, was sie belustigt und animiert... fotografieren, sich treiben lassen, mit anderen Besuchern ins (internationale) Gespräch kommen.

Auch gerade mit Kindern (auch seh
r jungen) ist der Biennalebesuch sehr zu empfehlen. Abwechslungsreiche Kunst in Verbindung mit viel Bewegung, mit ungeniertem Austausch, ohne argusäugige fingerwackelnde "Kunstwächter", z. T. anfassbar und interaktiv, dazu noch preiswert bzw. in den Ausstellungsräumen im Stadtgebiet kostenlos! Das zeigt dem Kind, dass Kunst spannend, witzig, erstaunlich und erschreckend ist, also zum täglichen Leben gehört.

Man muss keine Karten vorbestellen, kann aber. Die Infrastruktur auf dem Biennalegelände (Essen/Trinken, Toiletten) ist ok und normalpreisig.
Achtung: Giardini haben am Montag, das Arsenale am Dienstag Ruhetag, nicht gleichzeitig.

Die "Kollateralen" erkennt man grundsätzlich an ihrem großen roten "Biennale"-Schild vor der Tür. Manche haben gute Erfrischungsmöglichkeiten (z. B. Palazzo Zenobio: Getränkeautomaten, gute Toiletten), andere nichts dergleichen.



Ausstellungsort Palazzo Benzon am Canal Grande, Wassergeschoss


A
lle Öffnungszeiten sind von 10-18:00 Uhr, was ich im Sommer knapp finde solange es draussen hell ist. Besucht man die Biennale erst im November, ist es für manche Aussenpräsentationen spätnachmittags schon zu dunkel.

Ein paar aktuelle Links, die nach Eröffnung der Biennale erheblich mehr werden:

Offizielle Seite, mit allen Informationen, Preisen etc.:

http://www.labiennale.org

"Kollaterale" Ausstellungsräume, auch innerhalb der Stadt (noch nicht vollständig) http://universes-in-universe.org/deu/bien/biennale_venedig/2009

Einstimmung http://www.medienhandbuch.de/news/das-erste-ttt-extra-von-der-53-kunstbiennale-in-venedig-am-sonntag-7-juni-2009-um-000-uhr-im-ersten-24385.html

Beispiele für "Kollaterale" innerhalb der Stadt 2009 (nicht von fetten Marketingsprüchen einschüchtern lassen!)
http://www.prpress.de/-biennale-venedig-eventi-collaterali-pr21588.html http://www.giudecca795.com/en/p/liu_zhong_biennale.html
http://www.culturaspettacolovenezia.it/index.php?iddoc=11107
http://www.culturaspettacolovenezia.it/index.php?iddoc=11027


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