... denn auf meinen letzten Eintrag schickte mir der marixverlag erfreulicher- und freundlicherweise seine neue Ausgabe "Die vier Bücher zur Architektur" von Andrea Palladio zu. Das Buch, das ich am 31.12. noch nicht in der Hand hatte! Die erste Auflage zur Herbstbuchmesse 08 war schon vor Weihnachten ausverkauft und seit dieser Woche gibt es die frischen Exemplare.
Der Band ist ein wahrer Prachtschinken, 32 x 25 cm, 348 Seiten, das Originalformat der Ausgabe von 1570 mit allen Texten und Holzschnitten, der im Bücherschrank viel Platz braucht und als Geschenk wirklich was hermacht.
Mein Eintrag vom 11.8.08 zum Inhalt der "Vier Bücher...":
Als Laie hält man zunächst respektvoll Abstand zu einem solchen Werk. Ganz falsch!
Ich war überrascht, wie gut sich dieses Buch lesen lässt, dank der schlichten Sprache Palladios, der Wert auf Verständlichkeit und Umsetzbarkeit legt und sehr klare Beobachtungen, Beschreibungen, Analysen, Empfehlungen und Anweisungen formuliert jenseits jeder Geschwätzigkeit.
Alles wird genauestens mit Zeichnungen, Plänen, Grund- und Aufrissen erläutert und ist für den interessierten Nichtfachmann ohne Weiteres nachzuvollziehen.
Im ersten Buch erklärt Palladio die Grundsätze des Bauens - Materialien, klassische Bauordnungen, Proportionen, Maßstäbe und Geometrie.Im zweiten Buch beschäftigt er sich mit dem Bau von Privathäusern von der Antike bis zu seinen eigenen Bauten (inklusive geplanten Bauten, die nicht realisiert wurden). Das dritte Buch handelt vom Bau der Infrastruktur und von der Raumplanung - Strassen, Brücken, Plätzen.
Das vierte Buch beschreibt die von Palladio studierten antiken Tempel.
Die drei palladianischen Grundsätze, dass ein Gebäude unabdingbar nützlich, dauerhaft und schön sein müsse, lassen sich spannend und überzeugend in Texten und Abbildungen nachvollziehen. Die Lektüre Palladios ist einfach eine sehr angenehme und gleichzeitig lehrreiche Beschäftigung von nachhaltiger Wirkung. Ich jedenfalls kann seitdem kein Gebäude mehr ansehen, ohne seine Proportionen an palladianischen Ansprüchen zu messen und wundere mich über die Mengen unzweckmäßiger und unharmonischer Architektur, die mir begegnet.
Diese neue Ausgabe enthält darüber hinaus eine 11seitige Einleitung von Prof. Hans-Karl Lücke, der auch die neue Übersetzung verantwortet, die einen sozusagen ganzheitlichen Blick auf den Autor Palladio wirft. Lücke betrachtet und vergleicht den Inhalt und vor allem auch die Gestaltung des vierbändigen Werks im Bezug auf das Architektenwerk Palladios, was z. T. nicht ohne Fachbegriffe aus der Numerologie, Mathematik und Geometrie abgeht, die nicht zu meinem normalen Wortschatz und Verständnis gehören. Aber da mich Dergleichen nicht schreckt ist die Lektüre spannend und vertieft die Wahrnehmung dessen, was folgt.
Dank des Originalformats wird die Seitengestaltung erhalten: Text und dazugehörige Abbildungen auf der gleichen bzw. gegenüberliegenden Seite; zunächst das Faksimilie des Originaltextes, dann die zweispaltige Übersetzung, darunter die Grund- und Aufrisse der Gebäude und andere Abbildungen.
Der Originaltext ist nicht 'italienisch' im heutigen Sinne, sondern eher das Venezianische des 16. Jahrhunderts, das sich aber doch etwas 'frei schwebend' gut mit der Übersetzung vergleichen lässt. Zusätzlich zur Freude der Beschäftigung mit der Baukunst Palladios kommt bei dieser Ausgabe noch die Lust, mit seiner Sprache zu spielen. Die ja, wie oben erwähnt, einfach, klar und ungeschwätzig ist. (Die blumigen Lobpreisungen seiner Bauherren gehören zum Geschäft oder zur Höflichkeit der Zeit...)
Die Neu-
veröffent-
lichung der "Vier Bücher" ist immerhin 25 Jahre nach der Beyer/
Schütte- Ausgabe fällig und zum 500. Geburtstag Palladios ein gut getimeter und sehr gelungener Wurf. Auch im für diese Leistung überzeugend günstigen Preis von 29,90.
Il Redentore von Andrea Palladio
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