31. Dezember 2013

Vor einem halben Jahr...

Programmteil "Musica sull'acqua" der ArtNight 2013 in Venedig am 22. Juni.
 
Andrea Gabrieli
Battaglia
Aufführende: Musikhochschule Marcello, Venedig

Die bisherigen ArtNights fanden immer am Mittsommersamstag statt, den 21.6.2014 sollte sich in den Kalender schreiben wer zu diesem Zeitpunkt eine Reise nach Venedig plant. Eine lange helle warme Sommernacht mit Kunst und Musik in Palästen, auf Gassen und Kanälen ist ein zauberhaftes Erlebnis.
Mehr Termine in Kürze. 





Packen wir das neue Jahr entschlossen und fröhlich an!


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26. Dezember 2013

Accademia - Renovierung vollendet

S. Maria della Carità Oktober 2012 frei von Einrüstung
Fast 3 Wochen ernsthaft stillgelegt durch eine Infektions-
krankheit, kann ich diese hocherfreuliche Nachricht erst mit Verspätung melden. Am 18. Dezember wurden die neuen Ausstellungsräume der Accademia und die Ergebnisse der 6 Jahre dauernden Renovierung vorgestellt. Bisher anscheinend nur von den lokalen und regionalen Medien zur Kenntnis genommen (venezia net; La Nuova); nicht einmal auf der Website der Accademia findet sich das Ereignis bisher.


Die Vergrößerung der Ausstellungsflächen ist vor allem zu danken dem Umzug der Kunsthochschule 2004 in den Komplex des ehemaligen Klosters und Hospitals der Incurabili an den Zattere (Haltestelle Santo Spirito, Linie 6; Zutritt nur gestattet anlässlich der ArtNight am Mittsommersamstag).
Dadurch wurden Räume im ehemaligen Kloster S. Maria della Carità frei, einem Werk Andrea Palladios, das nun nach der 6 Jahre dauernden Renovierung wieder zu bewundern ist.

Goethe lässt in seiner "Italienischen Reise" seiner Begeisterung für dieses Gebäude freien Lauf:

" Den 2. Oktober 1786.
Vor allem eilte ich in die Carità: ich hatte in des Palladio Werken gefunden, dass er hier ein Klostergebäude angegeben, in welchem er die Privatwohnung der reichen und gastfreien Alten darzustellen gedachte. Der sowohl im Ganzen als in seinen einzelnen Teilen trefflich gezeichnete Plan machte mir unendliche Freude, und ich hoffte ein Wunderwerk zu finden; aber ach! es ist kaum der zehnte Teil ausgeführt; doch auch dieser Teil seines himmlischen Genius würdig, eine Vollkommenheit in der Anlage und eine Genauigkeit in der Ausführung, die ich noch nicht kannte. Jahrelang sollte man in Betrachtung so eines Werks zubringen. Mich dünkt, ich habe nichts Höheres, nichts Vollkommeneres gesehen, und glaube, daß ich mich nicht irre. Denke man sich aber auch den trefflichen Künstler, mit dem innern Sinn fürs Große und Gefällige geboren, der erst mit unglaublicher Mühe sich an den Alten heranbildet, um sie alsdann durch sich wiederherzustellen. Dieser findet Gelegenheit, einen Lieblingsgedanken auszuführen, ein Kloster, so vielen Mönchen zur Wohnung, so vielen Fremden zur Herberge bestimmt, nach der Form eines antiken Privatgebäudes aufzurichten.


Die Kirche stand schon, aus ihr tritt man in ein Atrium von korinthischen Säulen, man ist entzückt und vergißt auf einmal alles Pfaffentum. An der einen Seite findet man die Sakristei, an der anderen ein Kapitelzimmer, daneben die schönste Wendeltreppe von der Welt, mit offener, weiter Spindel, die steinernen Stufen in die Wand gemauert und so geschichtet, dass eine die andere trägt; man wird nicht müde, sie auf- und abzusteigen; wie schön sie geraten sei, kann man daraus annehmen, dass sie Palladio selbst für wohlgeraten angibt. Aus dem Vorhof tritt man in den innern großen Hof. Von dem Gebäude, das ihn umgeben sollte, ist leider nur die linke Seite aufgeführt, drei Säulenordnungen übereinander, auf der Erde Hallen, im ersten Stock ein Bogengang vor den Zellen hin, der obere Stock Mauer mit Fenstern. Doch diese Beschreibung muß durch den Anblick der Risse gestärkt werden. Nun ein Wort von der Ausführung.

Nur die Häupter und Füße der Säulen und die Schlußsteine der Bogen sind von gehauenem Stein, das übrige alles, ich darf nicht sagen von Backsteinen, sondern bon gebranntem Ton. Solche Ziegeln kenne ich gar nicht. Fries und Karnies sind auch daraus, die Gleider der Bogen gleichfalls, alles teilweise gebrannt, und das Gebäude zuletzt nur mit wenig Kalk zusammengesetzt. Es steht wie aus  e i n e m  Guß. Wäre das Ganze fertig geworden, um man sähe es reinlich abgerieben und gefärbt, es müßte ein himmlischer Anblick sein.

Jedoch die Anlage war zu groß, wie bei so manchem Gebäude der neuern Zeit. Der Künstler hatte nicht nur vorausgesetzt, daß man das jetzige Kloster abreißen, sondern auch anstoßende Nachbarshäuser kaufen werde, und da mögen Geld und Lust ausgegangen sein. Du liebes Schicksal, daß du so manche Dummheit begünstigst und verewigt hast, warum ließest du dieses Werk nicht zustande kommen!"

30 neue Ausstellungsräume machen aus der erweiterten Accademia das größte staatliche Kunstmuseum Italiens. Die architektonische Restaurierung  ist vollendet, an der internen Technik wird 2014 noch weiter gearbeitet. Immerhin konnte ich im Oktober schon ein großräumiges neues Treppenhaus, zeitgemäße Sanitärräume und insgesamt die bisher in der Accademia vermisste Barrierefreiheit zur Kenntnis nehmen. Die Räume werden nun Schritt für Schritt kuratorisch bearbeitet und ausgestattet, das wird dauern. Der Kreuzgang wird für termporäre Ausstellungen und Konferenzen zur Verfügung stehen.

Für Venedig-LiebhaberInnen der erste Gang beim nächsten Besuch, wie auch der zur wieder eröffneten Scuola Grande di San Marco. Kompliment und Glückwünsche an die schönste Stadt, die es versteht, ihre Schätze zu pflegen und uns BesucherInnen immer wieder zu beglücken.

Artribune 12.12.2013

Blogeinträge zum Thema Palladio

Anekdote aus der Renovierungszeit: S. Maria della Carità Juni 2009






8. Dezember 2013

Venezianische Freundschaft

Foto: Rendezwous Filmverleih
Der Filmtitel ist eigentlich "Io sono Li", Ich bin Li, aber irgend wie muss das Marketing ja die Zielgruppe der Venedig-Appas-
sionati treffen. Denn beim Normalpublikum ginge dieser schöne, zurückhaltende Film unter, nachdem es auch schon 2 Jahre dauerte, bis er es in deutsche Kinos schaffte. Mal wieder das Problem, vermute ich, einen Verleih zu finden, der ausbleibenden Gewinn riskiert oder kompensiert.


Also wurde auch sparsam auf die Synchronisation verzichtet, das Plakat sagt OmU - italienisch mit deutschen Untertiteln. Kann man so nicht sagen. Was gesprochen wird ist 1. chine-
sisch, 2. italienisch mit chinesischem Akzent (ein Grund, beim nächstens Venedig-Besuch die DVD zu kaufen, um das in Ruhe anzuhören. Klingt wunderbar. Man hört die Kompliziertheit des Sprachorgans Zunge. Man fühlt Balanceakte im Mund mit.), 3. italienisch im Dialekt von Chioggia, 4. italienisch (2 Personen, wenn ich das richtig sehe). 

Der Dialekt ist weich wie der venezianische (ein Beispiel, das so häufig vorkommt, dass man darauf achten kann: 'mi piace' ("gefällt mir, freut mich") kommt nicht mit einem laut schmatz-
enden italienischen TSCH sondern zartcremig venezianisch als PIA:SE
) mit stimmhaftem s; und auch die deutsche Unter-
titelung ist (leider) weichgespült und befreit von den wenigen 'Ausdrücken', abwertenden sexuellen, unnötig angepasst an die Freigabe ab 6.


Den Inhalt des Films erklärt der Verleih ausführlich.
Zu sehen ist: das proletarische,  winterliche Chioggia und, in einer sehr kurzen Sequenz, Venedig, so touristenfrei wie wir es gerne hätten (also konsequenterweise auch ohne uns). Das schneebedeckte Alpenmassiv, scheinbar zum Greifen nah. Die von der Fischereiindustrie geprägte südliche Lagune, aber auch deren peocere und Fischerhütten auf Stelzen bei Pellestrina.
Zu erleben sind: alte Männer, die nehmen, was ihnen vom Leben bleibt, EinwanderInnen, die nehmen, was sie kriegen zu einem hohen Preis, und das schwer zu durchschauende Aus-
beutersystem, das die Menschen gegeneinander ausspielt. 


Die 'venezianische Freundschaft' ist ein Beispiel des Themas  "Migropolis" Venedig. Die Stadt, in der die beiden globalen Be-
wegungen Migration und Tourismusindustrie aufeinander treffen. Gefühlt gibt es in Venedig kaum noch eine Osteria, die nicht von freundlichen jungen ChinesInnen betrieben wird, das ist eines der sichtbaren Signale. Nicht immer sichtbar ist, dass der Tourismus nur durch die AusländerInnen in allen Dienst-
leistungsbereichen funktioniert, deren fragwürdige Lebens-
bedingungen wir hinnehmen.

Wer heute noch unbekümmert nach Venedig reist, verdankt das seiner/ihrer Ahnungslosigkeit. Wer nicht ahnungslos ist, kann keine Freude mehr haben an Venedig oder muss bewußt Inakzeptables akzeptieren oder gezielt ausblenden (wie auch ich). Wie kann das Unerträgliche aufgewogen werden gegen Schönheit, die in über 1000 Jahren gewachsen ist?

Eine sympathische Figur im Film ist die chinesische Zimmer-
genossin. Sie ist in den Händen der 'chinesischen Mafia' wie Li, aber sie fährt neben der Arbeit regelmäßig mit dem Vaporetto die eine Station von Chioggia zum Ca'Roman, und praktiziert
Taijiquan auf dem grauen, nassen Strand vor den Kränen der MOSE - Baustelle im nebligen Hintergrund . Das ist eine schöne Kompensation und nicht der beste Weg, aber ein funktionierender, wie sich zeigen wird.

Der Film ist sensibel und poetisch, aber nicht tröstlich. Trotzdem eine schöne gefühlvolle winterliche 2-Stunden-Reise in die Lagune, auf die man in der harten Vorweihnachtszeit nicht verzichten sollte.

Foto: Rendezvous Filmverleih

Wo und wann

Unterkunft (Ergänzung am 17.12.2013)
Aufgrund dieses Eintrags landete eine Hotelwerbung in meiner Mailbox, die ich weitergeben möchte an die, die nach diesem Film Chioggia näher erleben möchten.
Ich habe noch nicht in diesem Hotel Clodia gewohnt, aber Chioggia ist kleiner, nicht so überlaufen wie Venedig, die Verbindungen sind gut über Pellestrina/ Lido, das Hotel scheint nicht plüschig zu sein (für mich ein KO für venezianische Hotels) und der Preis OK. Ich könnte mir vorstellen, dass man vor allem einen Urlaub mit Kindern mit viel Strand und Radfahren entlang der Lidi auch sehr gut von Chioggia aus genießen kann.
(Berichte werden sehr dankend entgegen genommen und bei Einverständnis veröffentlicht.)

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30. November 2013

Biennale 2013: Das war wohl nix



Die Kunstbiennale endete vor einer Woche, der November endet heute, und ich habe völlig verbaselt, rechtzeitig meinen Preis "War wohl nix" zu verleihen. Die bisherigen Preisträger waren:
2009 der Pavillon der Ukraine
2011 die Installation "Ascencion" von Amish Kapoor
Es ist immerhin das dritte Mal dass ich ihn vergebe, also wird nicht darauf verzichtet sondern nachträglich verliehen.

Selten funktionierte während der Biennale etwas nicht wie gewünscht, z. B. der dänische Pavillon.



Manches an dieser Biennale war erstaunlich, z. B. die Auswahl der Jury, wenn ich davon ausgehe, dass Werke, Ideen oder Konzepte prämiiert werden sollen, die überraschen, überflie-
gen, unabweisbar überzeugen. Wenn allerdings Kunst nicht unter den Maßstab der Bewertung gestellt werden soll oder, besser, die eigenartigen Maßstäbe des globalen Kunstmarktes persifliert werden sollten, geht die Auswahl der Jury in Ordnung. Überragend ist vielleicht das Lebenswerk Maria Lassnigs (aus meiner persönlichen Sicht), die anderen PreisträgerInnen  reihen sich ein, egal ob Location, Foto, Performance oder sonstiges Werk, der Löwe ist ein Löwe ist ein Löwe mehr nicht.



Maria Lassnig

Kein Pavillon, kein Einzelwerk war so ärgerlich wie die Schließung des neuen Biennale-Eingangs am neu erbauten Ponte dei Pensieri und seine Degradierung zum AUSGANG. Das Ausstellungsgelände des Arsenale von zwei Seiten zu öffnen, war eine großartige und gleichzeitig praktische Idee. Sie ermöglichte völlig unterschiedliche Wahrnehmungen abhängig vom Startpunkt, und InhaberInnen von Dauer- und 2-Tage-Karten ersparte sie die erzwungende Wiederholung des Schlauches durch oder entlang der Tana. Ich habe ausführlich über den Bau der Brücke 2009 berichtet:

25.2.2009 Brücken in Arbeit
1.5.2009 Mehr über die neue Biennale-Brücke
26.5.2009 Biennale Venezia - betrifft Brücke
27.5.2009 Nachrichten von der Brücke

Der Preis "War wohl nix" geht deshalb in diesem Jahr an die Biennale di Venezia, Herrn Präsident Paolo Baratta
Sonntagsmorgens auf der Brücke vor der verschlossenen Tür "Exit only" dachte ich, hier handele es sich um irre motivierte Sparsamkeit - Personalkosten für eine Person zur Karten-
kontrolle! Als ich die Tür dann in der Einschränkung von innen nach außen nutzte, stellte sich heraus, dass man an Stelle des vorherigen Einlassbüdchens einen "Museumsshop", den zweiten im Arsenale (!) an die Mauer geklebt hat, mit Verkaufspersonal, das natürlich auch die Karten kontrollieren könnte. Was könnte also der Grund sein, hier niemanden mehr EINTRETEN zu lassen?!


Sehr geehrter Herr Baratta, wenn Sie darüber nachdenken, dass zum Glück nicht alle 475.000 Kunstinteressierten aus aller Welt, aber immerhin Ihre venezianischen MitbürgerInnen sich vor der verschlossenen Tür fragten, wer sich den Schwach-
sinn einfallen ließ, ist Ihnen die Sache sicher sehr peinlich. Und niemand muss Sie oder Ihre/n NachfolgerIn auffordern, diese bürokratische und kundenunfreundliche Maßnahme zurückzu-
nehmen und zur Architekturbiennale 2014 den Eingang Ponte dei Pensieri wieder zu öffnen. Sie veranlassen das sicher reumütig selbst. Und wir werden Ihnen die Sache verzeihen. Versprochen.






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19. November 2013

Scuola grande di San Marco

Scuola grande di San Marco neben SS. Giovanni e Paolo (eingerüstet) am 31.10.2013
 
Für Venedig-LiebhaberInnen ist es eine Sensation. Und vor allem eine Überraschung. Vor 3 Wochen stand ich noch davor, keine Andeutung künftiger Dinge (obwohl mir das geöffnete Fenster in der 1. Etage auf dem Foto hätte auffallen können...!)

Die Scuola grande di San Marco mit ihrer medizinischen Bibliothek und medizinhistorischen Ausstellung lädt zum Salutefest ein zu ihrer Wiedereröffnnung. Es gibt den ganzen Tag kostenlose Führungen (von 10-16 Uhr) und um 17:30 Uhr ein Eröffnungskonzert des Orchesters der Fenice. Ab dem 23. November ist das Gebäude dauerhaft von Dienstag bis Samstag von 9:30-13 und 14-17 Uhr geöffnet.

Die untere Halle der Scuola grande di San Marco war bis vor kurzem die Eingangshalle des Ospedale Civile (und die historische Scuola gehört auch weiterhin zum Krankenhaus), im Zuge der Um- und Erweiterungsbauten wurde sie als Durchgang geschlossen. Die oberen Räume (Herbergsraum und Versammlungsraum der Bruderschaft von San Marco) waren geschlossen, seit ich nach Venedig reise. 

Nur einmal vor etwa 12 Jahren, als die Tür zur Treppe offen stand und ich, dem Aufpasser winkend, ausprobierte, ob das auch für die oberen Räume galt, konnte eintreten und, ganz allein, diesen einzigartigen Ort sehen. Von der künstlerischen Gestaltung der Wände und Decken über die unzähligen medizinischen Manuskripte und Drucke bis hin zu den wirklich gruseligen chirurgischen Werkzeugen - atemberaubend!

Damit steht ein weiterer bedeutender Ort der venezianischen Kulturgeschichte restauriert zum Besuch frei, 5 Minuten vom Palazzo Grimani entfernt, dessen Restaurierung ich auch in höchstem Maße bewundere. Ich muss leider warten, bis ich wieder in Venedig bin und empfehle die Besichtigung unbedingt als einen der Höhepunkte einer Venedigreise.

17. November 2013

Ein Fund auf der Piazza



Frühmorgens unterwegs auf der Piazza (und zwar auf der Ideallinie vom Bankautomaten an der Merceria zur Bibliothek des Museo Correr, Eingang links des Florian) liegt vor mir auf dem Trachytpflaster eine längliche Inschrift.

Denkmale auf dem Pflaster kennt man, z. B. verlegt von Denkraum Namen und Steine der Aids-Stiftung. Oder das Kunstprojekt "Stolpersteine" von Gunter Demnig, der in Deutschland und Europa über 40.000 gestaltete Steine zur Erinnerung an die Opfer des Faschismus installiert hat.

Das hier liegt schon seit 1625 und es ist kein Kunstprojekt, ich sehe es nach den vielen Überquerungen der Piazza tatsächlich zum ersten Mal. Es lag wohl innerhalb des Bezirkes, der zur Sanierung des Campanile viele Jahre eingezäunt war. Und davor, zu Zeiten der Taubenschwärme, war das vielleicht der Standplatz eines Maisverkaufskarrens oder es sassen/standen die Tauben darauf oder die Taubenfütterer. 

Die Inschrift muss zu tun haben mit der Handwerkszunft (arte) der Schuhmacher (calegheri), die ihre Scuola bzw, Scoletta am Campo San Tomà hatten. Das Gebäude existiert noch, man kann den Saal für Veranstaltungen mieten. Und ich bin immerhin die Enkelin eines Berliner caleghero der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Tage später überquere ich die Piazza in Begleitung einer leitenden Mitarbeiterin der Biblioteca Marciana, die, hoffe ich, meine Frage beantworten kann. Sie glaubt, dass das ein Relikt der Prozessionsordnung ist, für die Züge von Signoria, Klerus, Scuole (Brüderschaften von Zünften, Landsmannschaften, bürgerlicher oder religiöser Art), die an bestimmten Festtagen und auch außerordentlichen Gelegenheiten mehrfach jährlich von San Marco über die Piazza und wieder zurück führten. Es gibt viele künstlerische Darstellungen dieser Prozessionen, meist aber aus der Zeit vor dem Jahr 1625, wie dieses Bild von Gentile Bellini von 1496 (zu sehen in der Accademia).




Vermutlich gab es mehr solcher Plaketten auf dem Pflaster der Piazza, die aber nicht erhalten sind, warum auch immer diese eine noch da ist.

Und prompt: ist die Aufmerksamkeit geweckt, mache ich die nächsten beiden Funde von Buchstaben an erstaunlichen Stellen. Spolien von ehemaligen Gebäuden? Von Gräbern aus den vielen abgerissenen Kirchen? 

Keine Ahnung. Unerschöpfliche venezianische Rätsel!










Rechts des Eingangs der Gesuiti-Kirche in Cannaregio









Drei ziemlich große Steinplatten auf dem Campo S. Giorgio Maggiore, vor der Palladio-Kirche, etwas links versetzt:

 



Ergänzung 14.1.2014:
Nach einiger Sucherei haben die Korrespondenten B. und P. A. die Inschrift der Calegheri auf der Piazza gefunden und teilen die Koordinaten mit, unverbindlich: N 45grd26.023' , E 12grd20,304'
Herzlichen Dank!


Ergänzung 12.3.2017:
Eine andere Lösung des Rätsels scheint gefunden bei der Lektüre von Petra Wichmann: Die Campi Venedigs. Entwicklungsgeschichtlichte Untersuchungen zu den venezianischen Kirch- und Quartiersplätzen. München, Scaneg 1987.

"Märkte konnten nur auf großen freien Arealen abgehalten werden, die Bebauung mit festen Marktständen war aber - abgesehen von bestimmten Bereichen von Rialto - nicht üblich. Auf dem Markusplatz hat man die Standorte für die an Markttagen aufgeschlagenen Buden im 15. Jahrhundert im Pflaster markiert. Das ist ein früher Hinweis auf eine besondere Aufgabe der Pflasterung in Venedig, die oft dazu benützt wurde, bestimmte Funktionsbereiche zu markieren und voneinander abzugrenzen." (S. 72)

Gabriele Bella, Markt auf der Piazza

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14. November 2013

Ab heute mit Googlemaps in Venedig

... und zwar zu Fuss.

Wandern in Venedig in fast frischen Fotos, jedenfalls denen dieses Sommers.
Siehe Eintrag vom 16.7. 13.


Größere Kartenansicht

Ich habe den Link auf die Rampe entlang der nördlichen Arsenalemauer gesetzt (oben), ein Weg, den ich so gerne gehe. Er ist vor allem luftig und leer, mit weiter Sicht bis nach Torcello.
Während viele Fotos zeigen, wie voll und lebhaft die Stadt im Sommer eben ist, wie z. B. an der Dogana:



Größere Kartenansicht

Weitere Hinweise auf verschiedene programmierte Funktionen:
Google Blog: StreetView floats into Venice
Google Maps: Venice - The City Built on Water


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9. November 2013

Venezianische Inselperspektiven (keine Werbung)

http://geograficamente.files.wordpress.com/2013/11/disegno-sul-progetto.jpg
Themenpark Venedig (Zamperla/Università Ca' Foscari)


Den Campanile von S. Giorgio Maggiore besuchte ich im Okto-
ber mehrfach. Er stand in der Blickschneise meines Zimmers und ich war neugierig auf den Ausblick bei unterschiedlichen Wetterbedingungen. Wenn auch der Oktober weitgehend regnerisch und neblig war, abgesehen von zwei brillianten letzten Tagen vor meiner Abreise.


Die Inseln östlich-südöstlich der Giudecca fallen von dort oben ins Auge, und ich habe ihnen (neben den bekannten und viel besuchten Inseln S. Servolo und S. Lazzaro) ein bisschen Interesse gewidmet, mit überraschenden Ergebnissen. 

Die Insel San Clemente, aus der Sicht von Westen am dichte-
sten bebaut, wurde wie die meisten Laguneninseln von Orden besiedelt, und diente ca. 150 Jahre, bis in die 70er des letzten Jahrhunderts, der Verwahrung weiblicher psychisch Kranker, analog zu S. Servolo, wo Männer untergebracht waren. Das Luxushotel auf der Insel, das 2012 immerhin eine Pleite inkl. monatelanger Schließung geschafft hatte, wurde in diesem Jahr (laut Presse zum Preis von 78-Millionen) vom türkischen Unternehmen Permak gekauft und damit ist die Insel auch künftig off limits für Nicht-Hotelgäste.


Auf der kleinen Insel Santo Spirito gibt es nur noch wenige Ruinenreste. Die Insel war (nach früheren Klosternutzungen) den Franziskanern von der Insel Kreta zugeteilt worden. Nach dem kompletten Verlust Kretas an die Osmanen 1669 wurden sie aus der Kolonie evakuiert und hier konzentriert, ähnlich wie die kretischen Nonnen auf San Servolo. Nachdem die Insel lange ungenutzt lag, gab es vor gut 10 Jahren ein ambitio-
niertes Konzept für eine künftige Nutzung als Umweltbildungs-
stätte mit Veranstaltungs- und Ausstellungsräumen, Labors, Wohntrakt und sogar einem kleinen archäologischen Park um die Reste aus dem 17. Jahrhundert. Ich habe es in der Bibliothek der Fondazione Cini gefunden, wurde aber nichts daraus.
Statt dessen verkaufte die Stadt die Insel an die Società Poveglia (wie auch andere Inseln), die sie 2011 zum Verkauf bot, laut Presseberichten mit der Aussicht auf ein weiteres Luxushotel.


Weiter im Süden und aus Campanilesicht stark bebaut ist die Insel Sacca Sessola. Eine neue Insel, Ende des 19. Jahr-
hunderts aufgeschüttet aus den Ausbaggerungen der Fahr-
rinnen für den Industriehafen Marghera, genutzt durch Errich-
tung verschiedener Heilanstalten (Cholera, Tuberkulose...), die sich als echte Überraschung erwies. Dort existiert in aller Stille neben den vielen Luxusangeboten Venedigs ein neues Luxusding, Eröffnung 2014, mit klar definierter Zielgruppe, die auch diese Insel von wie auch immer gearteter öffentlicher Nutzung ausschließt.


Die wirkliche Überraschung einer Inselperspektive wurde be-
kannt am 30. Oktober, und ich erfuhr sie erst im www nach meiner Rückkehr: die Sacca San Biagio als künftiges "Kultur- und Unterhaltungszentrum", ein  "Veniceland", durch das Unternehmen Zamperla SA und die Universität Ca' Foscari.

Damit man das auch glauben kann, verlinke ich Veröffent-
lichungen:


Pressekonferenz Zamperla Spa und Universität Ca' Foscari
The Local
DEZEEN
24 Ore (nicht übersehen: Video Arsenale Zamperla)
Blog "geograficamente"
Blog "tuttacronaca
La Nuova
La Stampa

Das Inselchen, aufgeschüttet aus Müll, soll, wird der Plan genehmigt, mit Zamperla-Technik und -Know how und akade-
mischer Unterfütterung ein Themenpark Venedig & Lagune werden, mit Nachbauten (z. B. von Casone, Lagunenfischer-
hütten), Erlebnispfaden und -technik (z. B. dem Arsenale, einem Riesenrad), Shows (z. B. Carnevale).
In Sicht- und Reichweite des Originals, zwei Riesenkreuz-
fahrtschiffslängen entfernt vom Riesenkreuzfahrtschiffshafen. Für "das große Publikum".
Das ist wohl als großer Wurf gedacht, der schlecht bezahlte Arbeitsplätze schafft, weiteres Geld in welche Kassen auch immer schiebt, bestimmte Zielgruppen mit Bespassungsbedarf erreicht (denen die Latscherei in Venedig selbst zu anstreng-
end, Museen zu langweilig, die Zeit bei ein paar Stunden Aufenthalt zu kurz, das Interesse an der Stadt überhaupt zu klein geraten ist?), die Stadt, ihre BewohnerInnen, den ÖPNV etc. ein bisschen entlastet ohne die Besucherzahlen zu reduzieren.
Ob sich regender Protest wirksam ist wage ich zu bezweifeln, die Entscheidungswege zu Genehmigungen in Venedig sind eines der großen Rätsel der Welt... 



Blick vom Campanile S. Giorgio nach Südosten
Linke Seite: Vordergrund S. Giorgio, La Grazia (unbewohnt), dahinter San Clemente, links dahinter Santo Spirito.
Rechte Seite: Vordergrund Giudecca (Hotel Cipriani), Hintergrund Sacca Sessola

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30. Oktober 2013

Biennale: SS Hangover

 

Gestern, 29.10., 17 Uhr: letzter Choral geblasen, MusikerInnen weg.
So schnell kann man gar nicht knipsen...


Wer den wunderherrlichen und meistgefilmten (glaube ich jedenfalls) Biennale-Beitrag SS Hangover von Ragnar Kjartansson und Kjartan Sveinsson (siehe auch Eintrag vom 28.07.) erleben möchte, muss bis zum Biennaleende täglich zwischen 13 und 17 Uhr an den Giaggandre im Arsenale sein. Mehr als 4 Stunden wird nicht mehr geschippert und geblasen, was sicher auch mit den Temperaturen und der früheren Dunkelheit zu tun hat.

Es ist kaum schöner Melancholisches vorstellbar als dieser Bläserchoral der im Boot gemächlich durch die Bögen der Giaggandre zieht.  Man darf es wirklich nicht verpassen, und es ist pünktlich Schluss. Um 17 Uhr springen die MusikerInnen mit dem letzten Ton aus dem Boot und verschwinden in der Dämmerung wie Novembergespenster.


28. Oktober 2013

Kultur- und andere Termine im Herbst 2013 - Ergänzungen

Dies ist die Kopie des Eintrags vom 4.9.2013, der sich heute, 27.10., nicht ergänzen lässt, bwz. Ergänzungen lassen sich im Original nicht speichern. Hier sind Aktulisierung seit heute (und folgende) enthalten).

Es wurden bisher noch wenige Herbst- und Wintertermine veröffentlicht. Das mag daran liegen, dass die Biennale bis zum 24. November dauert und die damit synchronisierten Veranstaltungen in etwa so lange und damit ein Teil der Veranstaltungsorte "gebucht".

Festung und Stadt Canea (Chania) auf Kreta 1618, Franceso Basilicata.
Ausstellung im Dogenpalast

AUSSTELLUNGEN

Zum Beispiel die Ausstellung der Fondazione Prada im Palazzo Corner della Regina "When Attidude Becomes Form" bis zum 2.11, ebenso die laufende Ausstellung im Palazzo Fortuny. Oder die Ausstellung GLASSTRESS im Palazzo Franchetti an der Accademiabrücke bis 24.11.
dazu Ergänzung 27.10.
"When Attidude Becomes Form" hat mir persönlich nicht sonderlich gefallen. Der Ausstellungsteil im Wassergeschoß (Film, Korrespondenzen zur Ausstellungsvorbereitung 1969, besonders die Jammerbriefe der Familie Szemannn bzgl. der Schande, die Harry ihr antut - sehr schön!) ist spannend und sitespezifisch angepasst. Aber die Nachstellung der 1969er Berner Ausstellung im Mezzanin und Piano nobile - gähn. Was vor 40 Jahren ein Aufreger war, ist es heute natürlich nicht, sondern Ausstellungsnormalität. Und den Grundriss der Berner Räumlichkeiten 1:1 in die völlig anderen Strukturen der Ca' Corner della Regina zu übertragen finde ich eine merkwürdige Idee. Was nutzt die Information, wo im Berner Museum was wo lag/stand/saß/hing (ein großer Teil der damaligen Exponate nicht mehr vorhanden und nur durch Linien auf dem Boden/an den Wänden angedeutet), wenn ich dabei dauernd auf kleine Teile der Fresken zum Leben der Königin Catarina Cornaro stoße, die durch die "Berner" Wände gepuzzelt werden? Die Struktur des Palazzos (mittiger Portego, rechts und links Nebenräume, Canal Grande an der Fensterfassade) verschwindet komplett, aber die Treppe vom Mezzanin zum Piano nobile ist hälftig bernisch/venezianisch gestaltet. Interessiert mich der Stein einer Berner Treppe von 1969?
Immerhin traf ich eine new yorker Kuratorin, die diese Ausstellung nach 20 Stunden Venedigaufenthalt zur "best show in town!" erklärte. Ich habe sie nicht gefragt, was sie noch gesehen hatte.

Napolone Martinuzzi - Venini 1925-1931

Die Biennale-Ausstellungen im Arsenale sind bis zum 28. September jeweils bis 21:00 Uhr geöffnet. Das ist mal eine vernünftige Entscheidung, die langen Sommerabende zu nutzen. Allerdings NUR im Arsenale, nicht in den Giardini oder den dezentrale Pavillons in der Stadt.
Die "collateral events" schließen zum Teil schon deutlich vor Ende der Biennale, meist Mitte-Ende September, zu entnehmen der Liste (Achtung, besteht aus insgesamt 5 Seiten!)
Die nationalen Pavillons in der Stadt und auf den Inseln bleiben geöffnet bis 24.11.


Dogenpalast (Sonderausstellungen neben der regulären Besichtigung.) Die Austellung von Plänen der venezianischen Festungen entlang der Adria und in der Ägäis ist klein, aber sehr fein. Wunderbare handgezeichnete und kolorierte Pläne!) Bis 22. September.
dazu Ergänzung am 27.10.: 
Die derzeitige Sonderausstellung in der Sala dello Scrutinio (rechts hinten neben dem Saal des Großen Rates) "Die Geschenke Schah Abbas des Großen an die Serenissima" durfte ich mit einer Führung durch die Kuratorin selbst besuchen und habe sie vorzeitig verlassen. Die Erklärungen waren überaus detailliert, aber bei einer Gruppenstärke von 30 Personen (mit Knopf im Ohr) konnten nur jeweils ca. 6 um einen Schaukasten stehend sehen, was da gerade erklärt wurde. Gleichzeitig versperrte die Gruppe anderen BesucherInnen den Weg, Hin- und Hergeschiebe, Entschuldigungen... wer sich für das Thema interessiert, sieht sich die Ausstellung besser in Ruhe alleine an.  

Museo Correr, Sonderausstellungen, davon witzigerweise noch ohne Termin (!) eine Ausstellung, die ich sehr interessant fände: Das Bild der europäischen Stadt
Ergänzung 27.10.
Multiple Vedova bis 31.12., an drei Ausstellungorten: neben dem Museo Correr auch in der Ca'Rezzonico und Ca' Pesaro.

Accademia Sonderausstellung Leonardo da Vinci bis 21. Dezember.

Peggy Guggenheim Collection; die derzeitigen Sonderausstellungen enden Mitte September, vom 28.9.- 6.1.2014 läuft eine Ausstellung französischer Fin-de Siècle-Künstler.
28.-29.9. Familienfest bei Guggenheim

Ergänzung 28.09. 
Eröffnung der Fin-de-Siècle-Ausstellung

Fondazione Cini,San Giorgio Maggiore, Ausstellungen und weitere Veranstaltungen, Ausstellung Napoleone Martinuzzi 8.9.-1-12. im neuen Ausstellungsbereich 'Le stanze del vetro'
dazu Ergänzung 27.10.
Eine sehr elegante Ausstellung, die die Entwicklung des muraneser Glaskünstlers Martinuzzi sehr schön erläutert, inkl. Originalskizzen. Empfehlenswert, kostenlos.

Museum Palazzo Grimani, Sonderausstellung Tizian "Die Schönheit"  12.9.-8.12.

Ergänzung 12.09.:
Das jährliche Kunstfestival auf der Giudecca findet ab morgen statt, Fr-So 13.-15.09. Ein enorm reiches Programm an enorm vielen Orten, eine Gelegenheit, die Giudecca kennenzulernen. Stadtplan nicht vergessen oder Smartphone einsetzen.

Ergänzung 24.09.:
Lange Nächte in der Accademia und der Ca' d'Oro. An allen letzten monatlichen Samstagen bis Jahresende 2013 sind die Museen bis 24 Uhr geöffnet. Etwas spät entdeckt... 

Ergänzung 30.09:
Wiedereröffnung nach Renovierung! Museum Palazzo Mocenigo am 1.11.. Mit einem neuen Ausstellungsbereich: Parfums. Historisches zum Schnuppern.



GEFÜHRTE VERANSTALTUNGEN

Palazzo Loredan, Termine der italienischsprachigen Führungen

ISOLE IN RETE - Netz der Inseln der Laguna Nord, ein erfolgreiches Angebot jetzt im 3. Jahr, am 21. und 22. September, und leider bin ich wieder nicht dabei. Interessante Programme um die Inseln besser kennenzulernen und Führungen auf Inseln, die man normalerweise nicht besuchen kann. Das 3. Wochenende im September steht bereits in meinem Kalender für 2014. Das komplette Angebot kann man unter dem verlinkten Blog oben sehen.

Das Inselnetz wird bedient mit einer Vaporetto-Sonderlinie 'Parco della Laguna' ab Giardini in Rundfahrten durch die Laguna Nord. Ein Tag kostet  schlappe 3 €, 2 Tage 5 €, Kinder bis 6 fahren kostenlos wie IMOB-InhaberInnen. Billiger und mit einem dichteren Fahrplan (zur Vergrößerung auf den Fahrplan klicken) kommt man nicht mehr durch die Lagune.
Auf den Inseln bieten Trattorien und Restaurants Tagesmenüs lokaler und regionaler Spezialitäten unter vorheriger telefonischer Anmeldung an. In der günstigen Preisklasse empfehle ich das sehr stimmungsvolle Lato Azzurro an der Marina von S. Erasmo, neben der Turm Massimiliano, nicht weniger stimmungsvoll aber deutlich teurer ein Menü im Garten des Weinguts Venissa auf Mazzorbo. Termine und Uhrzeiten sind vorgegeben. 

Lazaretto Nuovo bietet noch die Wochenendführungen (oder für angemeldete Gruppen auch an anderen Tagen) bis Ende Oktober, dann ist Winterpause. Ich kann diese Erfahrung nicht genug empfehlen. 

Wochenendführungen der Fondazione Cini, S. Giorgio Maggiore, vor Führungen einen Blick auf den Kalender werfen. Bei Tagungen oder anderen Veranstaltungen werden die Führungen auch mal angekündigt ausgesetzt.

Ergänzung 24.09:
Tage des Europäischen Erbes, Führungen im Palazzo Grimani am 28./29.9. Begrenzte TeilnehmerInnenzahl, Anmeldung unter 041-2411507. Die Führungen im Palazzo Grimani sind wissenschaftlich qualifiziert und erfordern Italienischkenntnisse. Empfehlenswert!

Ergänzung 28.09.:
Open Torcello 21.09.-13.10., Führungen und Konzerte auf Torcello, Eintritt frei
Serra, Kinderworkshops bis 14.12., bis 10 Jahre, vormittags/nachmittags 

Ergänzung 09.11.:
Führungen in der Pinacoteca Manfrediniana und der Biblioteca Monumentale des Seminario Patriarcale di Venezia (zwischen Salutekirche und Dogana). Nur mit Voranmeldung, telefonisch oder Email: Seminario Patriarcale di Venezia
Dorsoduro 1 - 30123 Venezia; tel +39 041.2411018  --  fax +39 041.2743998
segreteria@seminariovenezia.it



MUSIK UND THEATER

Internationales Heinrich-Schütz-Fest 19.-22. September, Konzerte, Führungen und Vorträge, schriftliche Anmeldung/Vorbestellung erforderlich

Herbstplan des Musiktheater La Fenice
(Im Fenice wie auch anderen Bühnen Venedigs sind für spontane Enscheidungen Restkarten zu bekommen. Wenn nicht am Vormittag des jeweiligen Tages im Angebot, kann man sich auf die Liste für zurück gegebene Karten am Abend setzen lassen und mit Glück einen Überraschungsopernabend schnappen)

Konzertplan Palazzetto Bru Zane

Letzte Freitagabend-Termine des 3. Orgelsommers Gaetano Callido in venezianischen Kirchen

Teatrino Grassi
Man glaubt es kaum, ein neues Theater wurde in Venedig eröffnet, mit Beginn der Biennale Ende Mai. Es liegt hinter dem Palazzo Grassi und wurde wie die Museen des Pinault-Komplexes in Venedig, Palazzo Grassi und Dogana von Tadao Ando restauriert/neu gestaltet. 1000 m2, 225 Sitze, 2 Foyers, Konferenz-, Musik-, Theater- und Filmtechnik auf dem aktuellen Stand, multipel nutz- und natürlich auch mietbar.
Das Teatrino wurde 1949 zunächst als Freilufttheater in einem Garten hinter dem Palazzo Grassi gebaut, 1961 baulich geschlossen, 1983 komplett geschlossen und seither ungenutzt (naja, vielleicht als Lagerraum?). Nach Vorstudien 2011 durch Tadao Ando wurde die Renovierung ab Juli 2012 in weniger als einem Jahr erledigt, erstaunlich für venezianische Verhältnisse. Ich hoffe, im Herbst Gelegenheit für einen Besuch zu haben. Programmkalender Teatrino.


Ergänzung 12.09.: 
Kunstworkshop für Kinder im Teatrino am 21.09

Ergänzung 28.09.:
Monatliche Lesungen im Teatrino
Dokumentarfilm über die Biennale 1966, 9.-14.10. ab 10 Uhr stündliche Vorführung, letzte jeweils um 17 Uhr.


Serra di Castello - Wintergarten am Rande der Giardini Musikprogramm ab 14. September


Ergänzung 12.09.:
Letztes Konzert der Reihe "A Vele Spiegate" ("Mit geblähten Segeln") am Montag, 16.09., 18:00 Uhr in der großen Tesa 113 des Arsenale Novissimo (Eingang Nord, Haltestelle Bacini oder Celestia) mit dem Titel "CageMusicCircus"  für LiebhaberInnen zeitgenössischer Musik. Im Sommerprogramm stand dieses Abschlusskonzert nicht, vielleicht wurde es nachträglich aufgenommen, auf jeden Fall vielversprechend!

 
Ergänzung 12.09.:
Wissenschaftsnacht am 27.09.
Es beteiligen sich in Venedig die Universitäten Ca'Fosari und IUAV mit interessanten Programmen. Wissenschaftsnächte sind auch aus deutschen Groß- und Universitätsstädten bekannt, sie sollen BürgerInnen und vor allem jungen Menschen unterhaltsam Möglichkeiten wissenschaftlicher Arbeit und Forschung zeigen, einladende Mitmach-Wissenschaft sozusagen. Für die Teilnahme an Vorführungen, Workshops, Experimenten, Lesungen etc. ist eine Anmeldung erforderlich. 

Ergänzung 28.09. (Musik):
Festival Galuppi bis 20.10.; verschiedene Konzerte in verschiedenen Veranstaltungsräumen. 
Puccini, Madame Butterfly 12.-31.10. im Teatro Fenice 
Donizetti, L'elisir d'amore 13.-30.10. im Teatro Fenice 
Bizet, Carmen 29.09.-26.10. im Teatro Fenice
Sciarrino, Aspern 02.-10.10. im Teatro Malibran 
Biennale zeitgenössischer Musik 04.-13.10., verschiedene Veranstaltungsorte

Mostfest auf Sant'Erasmo am 1. Oktobersonntag. Lebensmittelstände, Mostverkauf, Kindespiele, Ruderregatta.

Termine Töpfermarkt an der Serra im Herbst und Winter

Marionettenausstellung 28.09.-07.01.2014 in der Casa Goldoni

Laguna Nord, S. Giacomo in Paluda, Juni 2013
Ergänzung 27.10.
Die Ausstellung "Bernar Venet - Paintings" (leider keine brauchbare Website) war als 'collateral event' der Biennale angekündigt von Juni bis 24.10., im dem restaurierten Gebäude der Abbazia S. Gregorio. Im Juni was das Haus geschlossen. Anfang Oktober auch. Vielleicht nur jeweils, wenn ich vorbeischaute? Heute war Finissage und ich hatte Zufallsglück, gestern vorbeizukommen und sie noch sehen zu können. Bernar Venet ist ja der Künstler fürs grobe riesige Metall, seine Malerei kannte ich nicht und durfte eine freudige Überraschung erleben, leider kann ich diese Ausstellung jetzt nicht mehr empfehlen. Vor allem passten die klaren strengen Bilder wunderbar in die Räume der Abbazia, die 2011 vollgestopft waren mit bunten Dingen aus Asien, die mein Geschmack nicht waren. 


Neue Termine November/Dezember 2013, gemischt


Ab 10.11. bis Jahresende gibt es eine Ausstellung in der Ex-Abbazia S. Gregorio, deren Ankündigung einige Fragen aufwirft. Ausgestellt wird ein einziges Werk von Canaletto, im Raum, in dem es entstanden ist. 7 Tage die Woche à 24 Stunden, Eintritt nur nach Voranmeldung, maximal 8 Personen gleichzeitig, Verweildauer maximal 1 Stunde, Einzelbesichtigung wird angeboten. Der Eintrittspreis soll enorm hoch sein. Sarkastische Anmerkungen spare ich mir, wäre aber dankbar für Erfahrungsberichte.


Blick aus der Abbazia San Gregorio (in etwa der Blick von Canaletto)
Jazz auf San Servolo, 7., 14., 21., 28. November.
Vaporetto Linie 20 ab S. Zaccaria alle 40 Minuten, also: 12:30, 13:10, 13:50, 14:30 usw.  
Tagsüber Biennale-Ausstellungen im Gelände siehe Eintrag vom 26.10.13.

Stelle in Laguna, Sterne der Lagune, 9. November
Treffpunkt an den Säulen der Piazzetta 19:00 Uhr, es werden wie immer eine Anzahl Teleskope zur Beobachtung der Sterne zur Verfügung gestellt, Erklärungen in italienisch. Bei schlechtem Sternenwetter gibt es vielleicht einen Ersatztermin, den man erfragen kann.

Ausstellungeröffnung am 7. Dezember: Ca' Rezzonico, Landschaftssmalerei von Pietro Bellotti. Wer Canaletto liebt, wird hier Freude haben.

Wiedereröffnung der Scuola grande di San Marco am 21.11., zum Salutefest! Ich habe dazu einen eigenen Eintrag am 19.11. geschrieben.  

Gran Concerto per l'Immacolata am 8.12., 17:00 Uhr (Gabrieli, Monteverdi) in SS. Giovanni e Paolo. Kartenvorbestellung, Eintritt 20,- €, Benefiz für christliche Projekte in Kenia, Peru, Syrien, Ukraine.  

Sylvesternacht, Capodanno, als "weiße Party" auf dem Markusplatz. Das scheint das "Küssen" Marketing der letzten Jahre zu abzulösen. Wichtig zu wissen, denn Küssen geht immer, aber Weißes im Koffer?
Außerdem:
auf dem Brenta-Boot ins neue Jahr feiern
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eines der Konzerte zum Jahreswechsel im Fenice besuchen,
am 31.12. um 18:30 Uhr am Jahresabschlussgottesdienst in San Marco mit Te Deum und Patriarch teilnehmen (oder in irgend einer anderen der schönen venezianischen Kirchen, mit Sicherheit auch für Nicht- oder Andersgläubige ein Moment der Kontemplation und Feierlichkeit zum Ende des Jahres.),
generell auf Veranstaltungsaushänge, auch kleine, in der Stadt achten.  


Weihnachten:
nicht, was man in nörderlicheren Gegenden einen ordentlichen kommerziellen Weihnachtmarkt nenne würde, aber das hat man ja zuhause. In Venedig sind es ein paar Buden und Eislauf wie in den letzten Jahren auf dem Campo S. Polo ab 7. Dezember

Weihnachtliche Illumnination der Piazza di San Marco und Weihnachtsmusik 21.-26- Dezember. 

Weihnachtsmarkt in der Laguna Nord (weitere detaillierte Links finden sich auf diesem Link.)
Zum ersten Mal laden die Bewohner der nördlichen Inseln Mazzorbo, Burano und Torcello die Besucher an den Sonntagen 22.12., 29.12. und 5.1. zu einem Festtagsmarkt  und verkaufen Prokukte des lokalen Kunsthandwerks. Jeweils 10:30 - 17:30 Uhr. Die Laguna Nord ist zu allen Jahreszeiten wunderschön und im Winter vor allem bei schlechterem Wetter quasi leer. Ich empfehle, das Angebot auszuprobieren (Schirm, warme Jacke...), vielleicht ein einmaliges Wintererlebnis in Venedig.


Liste wird ergänzt.

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26. Oktober 2013

Ein Wort zu Behinderten in der Kunst


 
Behinderte KünstlerInnen stehen völlig außer Frage. Die Beschäftigung mit künstlerischen Ausdrucksformen gehört heute zur Integration und Kunstwerke behinderter Menschen werden als solche wahrgenommen, ausgestellt, verkauft. Auch im Internet, z. B. unter Insiderart.

Gerade bei dieser Biennale "Il Palazzo encyclopedico" stößt die Obsessivität vieler der ausgestellten KünstlerInnen in bezug auf ihr Thema oder das rituelle Wiederholen ihres Tuns an das, was ich als Selbsttherapie empfinde, auch als eine Abgren-
zung, als Schutz. Ich würde nicht wagen, die Grenze einzu-
schätzen zwischen kreativer Einzigartigkeit und einzigartiger Fokussierung, die möglicherweise zwanghafte Züge trägt.


Die Darstellung behinderter Menschen in der Kunst ist ein ganz anderes Thema. Schwierig. Was man an Alison Lapper sieht, als anerkannte Künstlerin mit Kunsthochschulabschluss einer-
seits und als Thema der Kunst von Marc Quinn. Seit 3 Wochen gehört 'Alison Lapper pregnant' zu meinem täglichen Umfeld, und sie gehört für mich prägend zu diesem Kunstsommer in Venedig.

Ausgerechnet bei diesem Kunstwerk verliert sich die Diskus-
sion, die ich mitbekomme, zum Teil in geschmäcklerischen Fragen der Ästhetik, in vereinzelten Äußerungen, die peinlich an "gesundes Volksempfinden" erinnern. Dass Behinderung an sich in der Kunst kaum thematisiert wird, ist aus meiner Sicht keine Frage der Ästhetik sondern der Ausgrenzung von Behinderung in der Kunst, der Angst vor dem Blick auf das Ungewohnte.


Michel de Montaigne schreibt im 2. Band seiner Essais:
„Was wider die Gewohnheit geschieht, nennen wir wider die Natur. Doch es gibt nichts, überhaupt nichts, was nicht gemäß der Natur geschähe. Lasst uns anhand ihrer univer-
salen Vernunft die abwegige Verblüffung abschütteln, die uns bei ungewohnten Erscheinungen jedes Mal überkommt!“


In Venedig gibt es seit fast 500 Jahren die Skulptur eines Behinderten, der Gobbo vom Rialto. Aus entsprechender Per-
spektive kann man seine Wirbelsäulenkrümmung gut erkennen, sie hat eine praktische Funktion einerseits (sie trägt die kleine Plattform für den Nachrichtenschreier) und gleichzeitig wird dem Behinderten eine gewisse magische Funktion zugewiesen.


Eine andere Darstellung eines behinderten Mannes aus dem 16. Jahrhundert wurde in einem hochinteressanten Forschungsprojekt wissenschaftlich untersucht.


Im Rahmen der Biennale gibt es ein Projekt des Künstlers César Meneghetti, "Io è un altro" (Ich ist ein anderer), das mich überaus beeindruckt hat. Meneghetti stellte mit einer Gruppe behinderter Frauen und Männer Filminstallationen und einen Interviewfilm her, in denen seine ProtagonistInnen sich selbst entspannt und authentisch darstellen. 


Für mich gehört diese Ausstellung zu den wirklich überzeu-
genden dieser Biennale. Der Trailer gibt eine kleine Vorstellung der Arbeit.

Ich empfehle sehr, nach San Servolo zu fahren (Linie 20 ab S. Zaccaria, alle 40 Minuten, also 9:50, 10:30, 11:10, 11:50, 12:30 usw.) und sich die Zeit zu nehmen, das Projekt, vor allem den Film, anzusehen. (Wer über Mittag dort ist, kann für 10 € ein günstiges Mittagessen im Mensa- oder Kantinen-ähnlichen Restaurant hinter den Ausstellungsräumen bekommen, mit Tablett, Warteschlange, Vorspeise, Hauptgang aus Fisch/Fleisch+3 Gemüsen, Salat, Nachtisch, alles inlusive.)


Und ich habe es auch geschafft, das Aufblasen von "Alison Lapper pregnant" zu beobachten, das keineswegs bei Sonnenaufgang stattfand, sondern um 10 Uhr, als ich von einem sehr frühen morgendlichen Besuch der Bibliothek des Museo Correr wieder auf die Insel zurückkam. Da hatte ich wirklich Glück!



Bücher zum Thema

Ergänzung 18.03.2015 
The Guardian: Statues around the world that show disability: share your photos

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15. Oktober 2013

Giuseppe hatte Geburtstag

Autograph des Meisters

...und das Conservatorio Benedetto Marcello im Palazzo Pisani ließ es sich nicht nehmen, IHN ordentlich zu feiern. "Viva Verdi" lief 3 Abende lang als Teil der Musikbiennale unter Beteiligung von StudentInnen, DozentInnen und Gästen aus den Musikhochschulen von Rovigo und Vicenza. Das Haus ist sehr erfolgreich in der Abgrenzung von BesucherInnen, ohne Einladung kommt man nicht rein, auch ich natürlich nicht bisher und zum Glück erfuhr ich von der Sache gerade noch rechtzeitig, um am 3. Abend dabeizusein. Eintritt frei, solange Platz ist, letzer Einlass um 20:30 Uhr.


Lange Warteschlange über den Campo Pisani zum Hinterein-
gang, da der Vordereingang der Aktionsort der beiden großen Finale war.

Alle 15 Minuten wurden 55 BesucherInnen eingelassen und über 3 Etagen durch das Haus geführt, wobei in verschiede-
nen Räumen insgsamt 11 Aufführungen stattfanden. Von schönen Darbietungen verdischer Kompostionen über Adaptionen, die teilweise fremd, dann wieder aha! klangen, neuen Kompositionen auf der Basis von verdischen Werken, auch unter Verwendung von un-verdischen Instrumenten. Teilweise für diese Veranstaltung komponiert. Das war eine großartige und intelligente Mischung und die Beteiligten hatten Spaß, in Einzelfällen auch Stress, was zu Kunstaufführungen und zum Musikstudium nun mal gehört.


Der Weg führte über Treppen und Hintertreppen, durch die beiden Innenhöfe (in denen derzeit auch eine Biennale-Ausstellung läuft, auch im 1. Obergeschoss, die es ermöglicht, den Palazzo Pisano auch ohne Verdi-Geburtstag zu besuchen). Die Räume auf dem Weg waren bis auf Musikinstrumente weitgehend leer, aber die schönen Deckenfresken waren z. T. gut sichtbar.  
  Meine Favoriten waren "Contemporanea Verdiana", eine fast meditative Aufnahme des Va-pensiero-Themas, aufgeführt von 3 Akkordeons, und "Steel Wind" gespielt von 4 Saxophon-
isten (Achtung, beide YouTube-links laden u. U. minutenlang hoch, nicht aufgeben...)


Beim "Ersten großen Finale" sang der "Kleine Chor" des Konser-
vatoriums zusammen mit der Schola San Rocco sehr schön und gefühlvoll einige unserer liebsten Verdi-Kracher.


Als "Zweites großes Finale" spielte die "Brass Band" ein schönes Arrangement aus Aida, man beachte die Trompeten, die in den Fenstern des Mezzanin stehen! Klang toll!

Ich habe ein bisschen gefilmt, rein 'privat', und freue mich, dass mir rechtliche Überlegungen erspart blieben durch Aufnahmen, die schon im Internet stehen und die ich verlinke. Passt. Von mir sind nur die Fotos. 

Ein erfreulicher Abend, und ich war wieder einmal überrascht, wie schnell man im nächtlich menschenleeren Venedig nach Hause kommt. Ruck-zuck.
 
Einziges Deckenfresko aus dem 16. Jahrhundert erhalten

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