18. April 2009

Atlante della laguna


Venedig ist nicht nur Geschichte, Architektur und Kunst, es ist auch ein Raum einzigartiger Natur und Ökologie zwischen Land und Meer. Wer sich für das Thema interessiert, findet sehr viel Material auf italienisch, verteilt auf Fachbücher, die man sich als Normalverbraucher nicht antut.

2006 wurde von der Comune Venezia bei Marsilio Editioni (ISBN 88-317-8764-0) "Atlante della laguna. Venezia tra terra e mare" herausgegeben. Informationen und Daten, von der Universität und anderen Forschungsinstituten und Behörden Venedigs, jeweils hochspezialisiert in ihren Fachbereichen, wurden gesammelt und zu einer informativen und anschaulichen Gesamtsicht des komplexen Ökosystems der Lagune Venedigs zusammengestellt. Sehr spannend, aber italienisch. Die einzelnen Texte gibt es als gedruckte Beilage auch auf englisch. Das Buch ist fast 3 kg schwer und so unförmig, dass es nur mit Mühe zu transportieren ist, weshalb ich mir die Anschaffung dreimal überlegt und dann (auch dank Preisermäßigung durch Beziehung...) trotzdem zugelangt habe. Es gibt als weitere Beilage immerhin eine CD-ROM, die einem die Handhabung erleichtert, man kann so das Buch im Regal deponieren.

In dieser Woche hat die Comune
Venezia den Atlante della Laguna online gestellt, auf italienisch UND englisch, was ich großartig finde und deshalb die Nutzung der Website sehr empfehle. Der Atlas ist gegliedert in die Bereiche Geosphäre (Klima, Geologie und Hydrologie), Biosphäre (Fauna und Flora), Anthroposphäre (Verschmutzung, Flächennutzung), Schutzbereiche und Analysen.
Es gibt einen guten Guide zur Nutzung der Website. Alle Anhänge (Glossar, Autoren etc.) sind vorhanden.

Die Texte zu den einzelnen Bereichen aus dem Buch sind über Info abrufbar, das Kartenmaterial ist online natürlich ausführlicher und besser zu verwerten als in der Printausgabe. Mit ein bisschen Gefummle kommt man schnell in den Karten zurecht und in den Genuss der überaus fleißig und akribisch zusammengetragenen Informationen.

Ein tolles Angebot, finde ich, das auch eher kunst- und geschichtsorientierte Venedig-LiebhaberInnen ein Stück weit in die Naturwissenschaften locken kann!

12. April 2009

IMOB schon hinüber?


Ich kanns kaum glauben.
IMOB soll schon veraltet sein?
Diese praktische Erfindung, die allen mir bekannten ÖPNV-Systemen voraus ist?
Ein Opfer der rasend voran schreitenden Informationstechnik?

Das Gerücht findet sich im aktuellen Newsletter von Buongiorno Venezia.


10. April 2009

Venedig ist kein Hotel


Im letzten Herbst betrat eine elegante Dame mittleren Alters ein Boot der damaligen Vaporettoline 3 (nur für Einheimische und Inhaber einer Carta Venezia für Nonresidenti), richtete eine feurige Rede an die Passagiere, forderte zum Kampf gegen den Ausverkauf der Stadt auf und verteilte Flugblätter an alle "Diese Stadt ist kein Hotel", "Venezia ist kein Spiel".

40xVenezia ist eine Bewegung von VenezianerInnen, geboren in den 60er und 70er Jahren, die ohne finanzielle Interessen eigene Visionen und zukunftsorientierte/nachhaltige Vorschläge in die Entwicklung der Stadt einbringen wollen.

Es ging in diesem konkreten Fall um ein Gesetz, das die Umnutzung von Wohnraum zur Vermietung an Touristen noch einmal bedeutend erleichtern sollte. Natürlich mische ich mich als Touristin und Gast nicht in kommunalpolitische Fragen ein. Aber schon wenn man ein paar Jahre öfter nach Venedig kommt, erschrickt man über die steigende Zahl der neuen Hotels, den zunehmenden Luxus der Angebote, und die rasant wachsende Menge von 'Ferienwohnungen'. Und parallel dazu den Auszug der Venezi
aner aus ihrer Stadt, was mittlerweile jeder noch so schlichte Reiseführer als Problem benennt.


Für das Stadtbild ist die wachsende Zahl restaurierter Gebäude positiv, dass bei den Restaurationen aber weitgehend Hotels herauskommen, weniger.
Immer mehr Palazzi, z. B. am Canal Grande, sind nach Entfernung der Gerüste Luxusschuppen. Die ehemalige Stucky Mühle auf der Guidecca, deren Brand am 15. April 2003 ich zufällig auf auf dem Weg nach Griechenland entsetzt miterlebte, ist jetzt ein protziges Riesen-Hilton. Die Hauptpost an der Rialtobrücke wurde verkauft und ich befürchte Schlimmes.
Auf der anderen Seite wurden gute Pläne bisher nicht umgesetzt. Wie z. B.
das große ehemalige Jesuitenkloster (an der Gesuite-Kirche in Cannaregio), das zuletzt als Kaserne genutzt wurde und jetzt bis auf eine Polizeistation leer steht, als modernes Studentenwohnheim herzurichten.

Mich irritiert dabei auch die Diskrepanz zwischen der Genervtheit der EinwohnerInnen ("Venedig verkommt zum Disneyland") und der offensichtlichen Gier, mit der die Venezianer selbst den Wohnraum ihrer Stadt nicht mehr an Mitbürger vermieten, sondern entschieden profitabler an Touristen. Wer nur ein einziges 50 qm großes, von der Großtante geerbtes Appartment einrichtet, mit einem kleinen Bad ausstattet und für (billige!) 100 €/Nacht vermietet, angeblich in der Regel an der Steuer vorbei, kann damit schon einen kleinen Lebensunterhalt finanzieren. Vorausgesetzt, er muss nicht selbst Miete zahlen!

Aus der Sicht der Denkmalschützer ist die Nutzung in der ursprünglich vorgesehen Art als bürgerlicher Wohnraum dem Umbau in Hotels vorzuziehen. Die E
ntkernung eines Palazzo zwecks Neuaufteilung der Räume, und z. B. dem Einbau um vieler Nasszellen schadet natürlich mehr als der Erhalt (und die Restaurierung) einzelner Wohnungen, die als 'Ferienwohnungen' verkauft oder vermietet werden.

Haus mit Etagen-
Ferienwohnungen in Castello


Ich selbst gehe mittlerweile nur noch dann ins Hotel, wenn ich nur 1-2 Tage in Venedig sein kann. Eine Ferienwohnung hat keinen Service (den ich nicht brauche), aber wesentlich mehr Platz und Ruhe als ein Hotelzimmer. Und dem venezianischen Hotelfrühstück ziehe ich immer ein Croissant und einen Espresso in der nächsten Bar vor.
Auch bei Ferienwohnungen gilt: je kleiner die Einheit, umso teurer. Allein Reisende zahlen für ein kleines Appartment ab 100 €/Nacht, mietet man Raum für vier Personen, zahlt jeder ca. 50 € (oder sogar weniger). Aber solche für Einheimische unerschwinglichen Preise sind gerade für reisende Familien, verglichen mit Hotelpreisen, ziemlich günstig.

Ich habe bisher drei verschiedene Anbieter von Ferienwohnungen ausprobiert, die Preise nehmen sich nichts und die Abwicklung war jeweils professionell.
Luxrest Venice
Mitwohnzentrale Venezia
FeWo direkt
Ich will für diese Anbieter keine Werbung treiben. Wer mit einem Stichwort wie 'Venice Apartments' o. ä. googlet, findet Mengen von vergleichbaren Ergebnissen, und vermutlich auch den einen oder anderen Abzocker.

Wer eine Wohnung sucht, sollte Kriterien wie Entfernung zur Vaporettostation und Versorgung mit Lebensmitteln nicht zu gering bewerten. Im Norden der Sestieri Cannaregio und Castello gibt es relativ viele Lebensmittelgeschäfte, auch wenn Supermärkte nicht auf den ersten Blick zu erkennen sind. Die Verkehrsanbindung über die Fondamente Nove ist gut und man kommt teilweise auch schnell zu Fuss an den Canal Grande bzw. an die Stationen am Becken von San Marco.