12. September 2009

Danger! Museum...

...heißt die Ausstellung der russischen Künstler Vladimir Dubossarsky und Alexander Vinogradov im Palazzo Bollani, der für Events zur Vermietung steht.

Er ist ein paar Schritte von der Kirche der Pietà leicht zu finden und stammt aus dem 16. Jahr-
hundert, ist aber innen sehr gründlich und schick renoviert. Aussen gibt es dafür ganz wunderbare byzantinische Reliefreste, die als Spolien in die Fassade rechts von der Eingangstür eingesetzt wurden. Sie
alleine rechtfertigen schon den kleinen Schlenker von der Riva aus.

"Yes, we can", 2009
Vor der Tür telefoniert die Empfangsdame der Ausstellung mobil und ausführlich auf russisch. Sie ist von Haarspitzen bis Highheels make up-, schmuck- und fummelmäßig dermaßen aufgebrezelt, dass mich die Vorfreude auf die Überrasch-
ungen, die auf diese Ouverture folgen müssen, sofort packt.
Passend dazu gibt es den Aufpasser in der oberen Etage, optisch ein Klischee von Security, der (Mitte Juni) noch nicht gelernt hat, dass sich entspannte Kunstfreunde von Starren, Räuspern oder Stechschritt durch die Ausstellung nicht beeindrucken lassen.



"The Jolly Roger", 2009
Aber die Kunst überrascht, wie erhofft! Meister der Renaissance und der Moderne werden auf großen Leinwänden frisch und fröhlich zitiert und persifliert, poppig und witzig. Eine Ausstellung, die gute Laune macht!










Zusätzlich gibt es einen einmaligen Blick auf ein schönes und nicht gnadenlos renoviertes gotisches Nachbar-
haus jenseits des Rio della Pietà, mit Spitzbögen und byzantinischen Patere.


Vaporetto San Zaccaria, Gasse rechts der Pietà, erste rechts, erste links, in der Corte Bollani.

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9. September 2009

Na endlich artikuliert sich der Protest...






... der Venezianer gegen dieses alberne Stück Kunst (Kunst Stück? Kunststück?), das seit vier Monaten gerne das neue Venedig-Symbol wäre.

Schon beim Betreten des Flughafens wird man davon angefallen in Form eines riesigen Plakats
. Und überall sonst auch, während das Original an der Spitze der Dogana, in Überlebensgröße, steht: "Boy with Frog" von Charles Ray.

Die Skulptur soll das Aushängeschild der neuen Ausstellungsräume sein, die Francois Pinault zusätzlich zum Palazzo Grassi in der Dogana eingerichtet hat. (Über die
neue Dogana zu berichten ist noch Zeit genug nach der Biennale.)

Boy with Frog, Charles Ray 2009, und Junge in Uniform an der Punta della Dogana

Seit der Enthüllung des Froschjungen warte nicht nur ich auf ein paar vom Alkohol enthemmte Mitmenschen, die das Ding ins Becken treten, oder sonstige zum Vandalismus bereite Zeitgenossen. Aber so schlau ist Herr Pinault auch und lässt die Skulptur 24 Stunden am Tag von einem Uniformierten bewachen. Kein Witz, ich habe den jungen Mann gefragt. Der höflich antwortete, aber sichtlich keinen großen Spass an seinem Job hat, vor allem wenn sich die Zahl Besucher an der Spitze des Ufers schnell und unübersichtlich verdichtet.


Gestern schrieb der Gazzettino, die Venezianer hielten die Skulptur für "ästhetisch fragwürdig" und hätten lieber an ihrer Stelle die alte Laterne wieder, die hier an der Spitze der Dogana stand. Auf den höflichen Konservatismus der Venezianer ist Verlass, seit 1000 Jahren. Der Junge wird wahrscheinlich noch eine Weile bewacht und dann unspektakulär nicht im Wasser, sondern in der Ausstellung verschwinden.

Erster Blick von der Punta della Dogana nach Jahren der Absperrung - unvergleichlich!

3. September 2009

3 Monate der 53. Biennale sind schon vorbei...


...und einige der Sonderausstellungen bereits geschlossen. Die zum Teil interessant waren, zum Teil exklusiven Zugang zu venezianischen Gebäuden ermöglichten, wie z. B. vom 3. bis leider nur 28.6. die wunderschönen, aber konventioneller Videos von Gerry Fox im Androne des Palazzo Doná dalle Rose. Auf das Haus an der Haltestelle Fondamente Nove, an der Ponte Doná, war ich ewig neugierig, zu Recht! Der Androne (Parterreraum) mit Landzugang zur Fondamenta und Wasserzugang zum Rio dei Gesuiti hat eine ungewöhnliche T-Form, zum Kreuz verlängert mit dem Treppenhaus. Er ist über der 'Kreuzung' zwei Etagen hoch und hat in der oberen Etage Fenster, die Sicht und Kontakt nach unten ermöglichen, ist dekoriert mit großen Schiffslaternen u. ä., 4 Boote (Gondeln, Sandolo, und ein modernes Boot) sind hier zwischen den Videoscreens geparkt.

Am 20. September schließen die ersten Ausstellungen im Arsenale Novissimo. Dort wurden in diesem Jahr zusätzlich zum den bisherigen Ausstellungsräumen des Spazio Thetis riesige alte Hallen der Tese S. Christoforo in die Biennale einbezogen. Der Eingang ist von der Vaporettohaltestelle Bacini zu erreichen, man kommt von dort ohne Ticket rein. Es gibt auch ein "shuttle" innerhalb des Arsenale (Ticket-Bereich), auf die paar Meter Überfahrt muss man aber anscheinend lange warten. Egal von wo: man sollte die Ausstellungen im Arsenale Novissimo nicht verpassen.


Ecke der Tese di S. Cristoforo im Arsenale Novissimo

Am 20.9. schließt "The Arc Hypthesis" des Belgiers Bernar Venet, allein in einer Halle an der Nordseite des Arsenale, am Wasser. Gewaltige Stahlteile, die perfekt in die frühindustrielle Umgebung passen und Ruhe und Kontemplation ausstrahlen.

Auch am 20.9. schließt "From the Feet to the Brain" von Jan Fabre, ebenfalls Belgier. Die Ausstellung belegt zwei Hallen komplett und verfügt über ähnlich riesiges Marketing. Die Installationen sind einerseits beeindruckend schon allein vom technischen Aufwand her, andererseits irritiert mich immer die geheimnislose Selbstdarstellung des Künstlers in Form einer lebensgroßen Puppe im Zentrum, die spuckt (2007 im Palazzo Benzon), buddelt, ejakuliert...

Tese S. Cristoforo: bunte Kunst in Industriearchitektur

Die großartige Rietveld Ausstel-
lung
, Fotos und 1-Minuten-Videos, in zwei weiteren Arsenale-Hallen direkt daneben lief leider nur vom 5.6. bis 19.7., das ist wirklich ein Verlust für die späteren Besucher.

Dafür bleibt die Ausstellung
"The Fear Society" in der Halle 92 nebenan bis zum 4.10., mit sehr unterschiedlichen Projekten, von denen mich vor allem der Interviewfilm mit dem verehrten Pier Paolo Pasolini tief beeindruckt hat.

Es gibt weitere Ausstellungen im Bereich des Unternehmens Thetis im Arsenale Novissimo, die aber bis zum Ende der Biennale laufen.


Ausstellungsbereiche im Arsenale:
Corderie, Artiglerie, Tese all'Isolotto, Gaggiandre, Vergini (Ticketbereich, zu erreichen über die Eingänge Arsenale und die neue Brücke Ponte delle Vergini)

Ausstellungsbereiche im Arsenale Novissimo:
Firmengelände Spazio Thetis (auf dem Plan nicht ausgewiesen, siehe oben), Tese delle Novissime, Tese S. Cristoforo, Tese alle Nappe (kostenfreier Bereich, zu erreichen über Vaporettostation Bacini und einfach geradeaus rein)