21. Dezember 2008

Vor venezianischen Türen


Die großen und großartigen Eindrücke (und Fotomotive) in Venedig lassen schon mal das Kleine, weniger Spektakuläre übersehen.
Zum Beispiel
die Türknäufe.










Es gibt Unmengen von schönen Türknäufen, ich stelle hier als Beispiele einige Exemplare vor, die mir im Laufe der letzten Jahre aufgefallen sind.


Dass man in der Stadt des Markuslöwen massenweise Löwen an den Türen finden, wundert nicht.

Dass es eher wenige TürKLOPFER gibt, wie z. B. das in Griechenland sehr beliebte bronzene Damenhändchen, schon eher.







Erstaunlich finde ich aber die Knäufe in Form von kleinen menschli-
chen Köpfen, hier vor
allem die afrikanischen Gesichter.

Alvise da Mosto "entdeckte" im 15. Jahrhundert die Kapverden. Über die engen Handelsverbindungen mit Ägypten waren Afrikaner nach Venedig gekommen. Shakespeares Othello ist ein schwarzer Venezianer.
Auf Bildern des 15. Jahrhunder
ts (z. B. Bellini) sind Afrikaner in der venezianischen Bevölkerung zu sehen. Laut Helmut Dumler (S. 254) gabe es damals rund 3000 schwarze Sklaven in Venedig, etwa 3 % der Bevölkerung. Sie kosteten 16 bis 87 Golddukaten pro Person und arbeiten im Haushalten und z. T. als Gondolieri.














Außerdem hat Venedig aus seinen Handelsaktivitäten den Sklavenhandel nicht ausgenommen, der Rialto war lange Zeit das Zentrum des europäischen Sklavenhandels neben Konstantinopel.











Und als man nicht mehr umhin kam, das päpstliche Verbot des Menschenhandels zu respektieren, wurde dieser Handelszweig auf die Kolonialinsel Candia (heute Kreta), in die gleichnamige Hauptstadt (heute Heraklion) verlagert. Hier hatte der Papst nichts zu sagen und das Geschäft blühte.






Wie allerdings die Afrikaner auf ausgerechnet die Türknöpfe kommen, und warum Afrikaner und nicht auch andere ethnische Physiognomien, habe ich bisher noch nicht herausbekommen.
Und was die heutigen afrikanischen Immigranten in Venedig darüber denken, werde ich bei passender Gelegenheit mal nachfragen.








































Wer einen schönen Türknauf aus Venedig mitnehmen
will ist nicht angewiesen auf einen Flohmarktfund, sondern hat die komplette Auswahl preisgünstig in einem Geschäft für Hausmetallwaren an der nordwestlichen Ecke des Campo S. Maria Formosa, rechts vor der Brücke, ein paar Minuten vom Markusplatz entfernt.





















































Dies ist der schönste Löwentürknauf. Er befindet sich an einer Seitentür des Palazzo Pisani bei S. Stefano. Er scheint sehr alt zu sein und hat trotz seines grimmigen Mauls und der angestrengten Stirnfalten gleichzeitig einen witzigen Ausdruck. Die Stirnlöckchen über dem Machogesicht können kein künstlerischer Zufall sein, finde ich.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Traumhaft endlich ein Bericht zu diesen wunderschönen Fundstücken.
Vielen Dank für die ZUsammenstellung und das gute Auge.