Mit Einkaufskarre ins Teatro Italia
Kurz vor Jahresschluss, am 28.12.2016, eröffnete ein neuer Lebensmittelsupermarkt in Venedig und schon wenige Tage später erreichten mich auch die ersten Berichte von Korrespondent*innen (die bekannten Winter-Appassionati!). So begeistert wie überrascht!
Scheinbar ohne Aufsehen zu erregen (auch nicht meins, als ich im November eine Woche lang täglich den Campiello della Anconetta überquerte) und auch zur Verwunderung von Einwohner*innen wie Bloggerkollegin Cat Bauer wurde das Teatro Italia in gut einjähriger Arbeit restauriert und konvertiert in einen Despar-Lebensmittelmarkt. Das Gebäude stand jahrelang ungenutzt, zuletzt diente es der Universität Ca' Foscari als Unterrichtsraum.
Das neugotische Juwel, erbaut 1916 (unter Verwendung von Stahlbeton!), ist einer der wenigen Theater- und Kinosääle Italiens, die komplett inklusive aller Innendekorationen erhalten sind. Die vier Eingangsportale und die Kunstschmiedearbeiten der Geländer und Kronleuchter sind von Umberto Bellotto, die Dekoration der Wände und der Decke von Pietro Marussig.
Für die Restaurierung verantwortlich zeichnet das Büro Alberto Torsello, das z. B. auch die Scuola Grande della Misericordia so beeindruckend restaurierte. Die vorgeschlagene Zwischendecke in dem hohen Theatersaal genehmigte die Denkmalschutzbehörde nicht, um die Einheit des Gebäudes zu erhalten. Gegen die Nutzung als Supermarkt gab es keine Einwände, auch nicht gegen die mögliche Nutzung der Galerien, die als Mezzanin über dem Zentralraum integriert sind.
Die Restaurierungsarbeiten von Fassade, Dach und Innenausstattung wurden von der Firma Stetten ausgeführt. Zum Schutz des Gebäudes gehört der Einsatz ökologischer Systeme, die die Kühlung mit der Heizung verbinden und die Luftfeuchtigkeit trotz der vielen Kühl- und Tiefkühleinheiten konstant halten.
Ich hatte dank meiner winterlichen Venedig-Abstinenz noch nicht das Vernügen, eine Einkaufskarre durch die ganze Pracht zu schieben. Aber wer jetzt seinen/ihren Frühlingsbesuch in Venedig macht, sollte sich das nicht entgehen lassen. Kostenlose Zugabe zum Warenkorb.
Ergänzung 20.3.
Es hat sich hinter den Kulissen dieses Blogs eine Diskusssion über das Fotografieren im Despar-Markt entwickelt. Die ersten Korrespondent*innenberichte, mit wunderbaren Fotos ausgestattet (nochmals vielen Dank!), warnten vor Veröffentlichung der Fotos wegen des Fotoverbots. Große Verbotsschilder seien am Eingang angebracht. Neueste Berichte, siehe unter 'Kommentare' (und ebenfalls mit informativem Fotoanhang), verkündeten dagegen Fotoerlaubnis.
Heute Nacht gab es eine neue Nachricht, die für mich die Fotofrage entscheidet, ich füge sie an dieser Stelle ein:
Hallo Brigitte!
Vielen Dank für den guten Beitrag über das Teatro Italia. Ich war zwar bei meinem Besuch neulich nicht in den chorus-Kirchen. Aber ich habe dreimal im Teatro Italia eingekauft und dabei zweimal fotografiert. Natürlich sind die Ladeneinbauten störend, aber die Restaurierung ist gut und man kann sich alles in Ruhe ansehen und: fotografieren. Alle sehr nett. Seit 30 Jahren wollte ich mir das ansehen: ganz wunderbar. Dieser wunderbare Misch-Masch aus historistischer Architektur und Jugendstil-Fresken, mit allen möglichen sonstigen Einflüssen, ist auch eine Mischung aus Leichtigkeit und Ernst.
In einer Antwort wird darauf hingewiesen, daß man am Ausgang seinen scontrino scannen muß, damit sich die Schranke öffnet. Das stimmt. Es gibt nämlich auch Selbstbedienungs-Kassen und sie wollen es Dieben nicht zu leicht machen. Hat man nichts gekauft, öffnet einem die "security" von Hand die Schranke. Eben jene security sagte mir zudem, daß die Empore wohl auch weiterhin geschlossen bleiben wird. Die Betreiber hätten (bisher) keine Genehmigung für Publikumsverkehr erhalten - warum auch immer.
Ich schicke dir auch einige Fotos, die ich dort gemacht habe. Da bekommst du vielleicht noch einen besseren Eindruck. Einige Fotos sind schief, was daran liegt, daß ich das Fisheye-Objektiv erst seit letztem Jahr habe. Echt schwieriges Teil. Aber irgendwann lerne ich es.
cordiali saluti,
Andreas
Herzlichen Dank für Information und Fotos, ich wage es also jetzt, Fotos einzufügen, für alle auf dieser Seite gilt das (C) Andreas Götz.
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4 Kommentare:
Hallo Brigitte,
ich war bereits im Teatro Italia und bin immer noch ganz begeistert. Man hat viel von der alten Bühne und den Fresken belassen, auch der Eingangsbereich mit seiner doppelläufigen Treppe ist beeindruckend. Hier und in den Fenstern draußen bzw. dem Eingangsbereich ist viel aus der Gusseisenzeit erhalten geblieben. Jetzt kauft man seinen Käse in einem wunderschönen Ambiente. Man muss darauf achten, dass man nicht aus lauter Begeisterung immer mehr in seinen Warenkorb legt. Anfangs sieht man "nur" das große Ganze, und erst beim weiteren Umhergehen sieht man die vielen Einzelheiten: Verzierungen, kleinere Fresken, die gemalte Wandgliederung. Im Eingangsbereich die Gusseisen lampen, das Treppengeländer und ein schönes Relief. Man hat sich wirklich viel Mühe gemacht, um den schönsten Supermarkt Italiens einzurichten.
Übrigens ein kleiner Hinweis: hinter der Kasse ist eine Schranke, die sich nur nach Scannen des Kassenbons öffnet.
Ich hänge ein paar Bilder an.
Viele Grüße
Aldebaran
Mit Begeisterung habe ich Deinen Bericht gelesen, das scheint ein Schatzkästchen geworden zu sein! Ich freue mich sehr, in der Osterwoche dort einzukaufen, wir wohnen Nähe der Gugliebrücke, da ist das perfekt!
Danke für Eure Kommentare!
Dir, Aldebaran, auch noch mal von dieser Stelle Dank für die Bestätigung meiner Empfehlung und Deine Fotos. Wie nun auch Andreas berichtet, hat man auf das Fotoverbot verzichtet. Ich würde sagen, eine kluge Marketingstrategie... :-)
Zum Fotografieren: Sobald man in einem Gebäude oder auf privatem Grund fotografiert, ist das in den meisten Ländern erst mal nicht erlaubt und man müßte eigentlich fragen, auch wenn kein Schild da steht. In der Praxis geht es darum, daß niemand gestört wird und das die Fotos nicht kommerziell genutzt werden (was auch passieren kann, wenn die Bilder von anderen kommerzialisiert werden).
Ich habe nicht heimlich fotografiert, aber ich habe darauf geachtet, daß ich niemanden beim Einkauf störe. Jedes Mal wenn ich drin war, sah man Leute fotografieren und das sahen auch die Angestellten. Der Druck ist jedenfalls jetzt am Anfang ziemlich hoch. Wenn es zu viel wird wird sicher jemand auf die Schilder verweisen.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß Despar oder die Besitzer etwas gegen die Veröffentlichung in einem nichtkommerziellen blog haben.
Ähnlich im Fondaco T: Heerscharen von Fotografen mit großen Fototaschen, die alle von den netten Verkäuferinnen freundlich gegrüßt wurden. Natürlich ist es eigentlich verboten aber nur wenn sich mal ein Fotograf weit über die Brüstung gehängt hat, kam die security und sprach ihn freundlich an (mich). Nur wegen des Fotografierens wurde niemand angesprochen.
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