20. April 2013

Glyzinienrausch - April in Venedig


Wer jetzt ein paar Tage Zeit hat und ein paar hundert Euro im Sparstrumpf, die nicht lebensnotwendig für schlechte Zeiten vorgesehen sind, fährt nach Venedig. Auf der Stelle. Denn jetzt ist die Zeit der Glyzinien, des blasslila Rausches und frühlingszarten Duftes in der steinernen Stadt. Lange vor den ersten Blatttrieben sprießen die Blüten aus den knorrig verdrehten Ästen, hängen in großen leichten Trauben über ziegelroten Mauern, über grünen Kanälen und unter fast jeder Pergola, die in venezianischen Gärten zu finden ist, bewegen sich elegant im Frühlingswind. Im Sommer bieten die Glyzinienpergolen dichten grünen Schatten, im April die Augenweide, die den Sommer ankündigt, und kein venezianischer Garten scheint auf sie verzichten zu können.

Jetzt also ist die ideale Jahreszeit, sich aus Museen und Kirchen (ausnahmsweise) herauszuhalten und ein paar Tage durch die Stadt zu schlendern, um sich vom frischen Violett der Glyzinien entzücken zu lassen. Und um venezianische Gärten zu entdecken.

  Auf meinen Seiten finden sich diverse Einträge mit Bezug zum Thema Gärten in Venedig.

Ein Garten-
buch von Trudy Sammartini
habe ich im Eintrag "Das Venedig Prinzip" bereits empfohlen.


Wer etwas gezielter venezianische Gärten besuchen möchte, braucht einen handlichen Gartenführer, falls er/sie nicht eine persönliche Führung buchen möchte, in der Rubrik "Links" auf der rechten Seite unter "Stadt- und Laguneführer" zu finden. 
Den handlichen Führer gibt es, aber leider bisher nur im Original. Keine Übersetzung in andere Sprachen.

Mariagrazia Dammicco ist eine ausgewiesene Autorin von Büchern zu venezianischen Gärten. (Rezenzion von "Die geheimen Gärten von Venedig") Sie hat zwei Gartenführer veröffentlicht.


"I Giardini veneziani. Guida per Veneziani distratti, forestieri illuminati, giardinieri appassio-
nati" in Zusammenarbeit mit Gabriella Bondi und Letizia Querenghi, 2003 bei Tamari Montagna Edizioni und Wigwam Club, 183 Seiten, Preis in Venedig 17 € (man kann es auch wesentlich teurer im Internet bestellen). 

Die Gliederung ist quasi historisch: mittelalterliche Gärten, Gärten des 19. Jahrhunderts, zeitgenössische Gärten, Palastgärten, Inselgärten. Die Illustration besteht aus eher kleinen Fotos, vielen Pflanzenskizzen und wunderschönen handgezeichneten Plänen der Gärten. Die schätze ich besonders, da man manche Gärten ja nur vom Eingangstor oder vom Vaporetto aus sehen kann, und durch die Pläne einen Gesamteindruck gewinnt, den man mit Googlemaps oder Bingmaps vertiefen kann.

Ganz neu im Februar 2013 bei La Toletta Edizione herausgekommen ist Mariagrazia Dammiccos zweiter Gartenführer "Guida ai giardini di Venezia. Giardini, parchi, orti, campagne nel centro storico e nelle isole" in Zusammenarbeit mit der Berliner Percussionistin und Fotografin Gabriele Kostas. 271 Seiten, 24 €. Dieser Führer ist gegliedert nach Stadtsechsteln und Lagune und enthält Pläne, Literaturhinweise, Kontakt-
adressen. Trotz seiner Handlichkeit ist dieser Führer enorm reich fotografisch illustriert, mit Fotos, die jedem teuren Bildband Ehre machen würden. Also jenseits der pragmatische Gartenführerfunktion hinaus zu empfehlen, um in venezianischen Gartenfotos zu schwelgen und einen sehr günstigen Fotoband zu erstehen.


In Venedig kann man die Führer kaufen z. B. in Castello, schräg gegenüber der Kirche SS. Giovanni e Paolo in der Librairie Francaise, oder in  der Libreria Toletta in Dorsoduro, auf dem Weg zwischen Accademia und Ca' Rezzonico.

Und da ich gerade bei Gartenbüchern bin, empfehle ich noch ein Buch, das zur Zeit bei Frölich und Kaufmann für 9,95 € verschleudert wird: "A Garden in Venice" von Frederic Eden, Nachdruck 2003 bei Frances Lincoln London der Ausgabe von 1903. Auf 150 Seiten erzählt der frühere Eigentümer des Giardino Eden auf der Guidecca die Geschichte seines Gartens, der zum großen Bedauern von VenedigliebhaberInnen seit vielen Jahrzehnten nicht mehr zugänglich ist. Romantische s/w Fotos, viele mittelalterlich anmutende Federzeichnungen, eine höchst nostalgische Angelegenheit in englischer Sprache.

Einige Hinweise im Internet
Thomas Migge: Die Gärten der Gondelstadt (Deutschlandfunk)
Antje Blinda: Venedigs Gärten (Spiegel)
Susann Hayn: Die geheimen Gärten von Venedig (Mein schöner Garten)
Die Gärten Venedigs (Garten-pur)



1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Brigitte, ich habe Ihren Blog gesehen und finde ihn gut, gute Informationen ueber die Biennale (Portugal und Fadoschifffahrt, wissen sogar kaum Venezianer). Ich lebe und arbeite seit 30 Jahren in Venedig, kenne mich also gut aus. Der Glyzinienrausch in Venedig, ich habe mich schon immer gewundert, wieso niemand davon spricht, einfach schoen. Auch das Buch von M Dammicco ist gut, die Fotos koennten aber schoener sein!
Uebrigens, im Oktober erscheint mein Buch in italienisch bei dem venezianischen Verlag La Toletta Edizioni. Wenn Sie Lust haben und in Venedig sind, lade ich Sie gern zur Veroeffentlichungsfeier im Oktober ein!
Sollte es Sie interessieren, mein Buch gibt es seit Juni schon auf deutsch, aber nur als e-book, bei Amazon mit dem Titel Venedig im Nebel, Autorin Johanna Valori. Ich schreibe von einem gegenwaertigen Venedig, das kein Denkmal des Todes ist, ihre Einwohner keine Figuranten eines Themenparks, die Stadt keine Erfindung von Kuenstlern und Literaten, moegen diese auch noch so ueber den Sonnenuntergang in der Lagune seufzen. Durch die Gefuehlsduseleien schwaermerisch und sentimental veranlagter Schriftsteller wird Venedig oft als eine in einem krankhaften Untergang dahinsiechende Stadt beschrieben - alles billige Romantik, Allgemeinplaetze und abgedroschene Klischees. Denn Venedig ist eine lebende, starke Stadt mit Licht- und Schattenseiten und die Einwohner sind keine Figuranten eines Themenparks.
Vielleicht wuerde Ihnen das Buch gefallen!
Ich wuerde gern Mitglied bei ihrem Blog werden! Meine e-mail: johanna.valori@gmail.com