... und überraschenderweise ist das Portal noch zu. Davor die übliche Schlange und außerdem eine Menge ItalienerInnen, angespannte Stimmung. Tor geht auf und sofort steht eine Gruppe Frauen Schulter an Schulter auf der Schwelle, entschlossene Blicke Richtung Publikum, dahinter guckt die Security in Uniform etwas zögerlich aus der Palasttür. Bei mir als Gewerkschaftsfrau fällt der Groschen umgehend, ich frage aber trotzdem vorsichtshalber: STREIK, auf italienisch sciopero! Heute und morgen. Der Dogenpalast bleibt 2 Tage zu. Es meldet sich aber auch eine Dame aus der 2. Reihe: das sei der Plan der streikenden GewerkschaftskollegInnen, aber mit einer reduzierten MitarbeiterInnengruppe würde dann doch etwas später geöffnet. Mit einem venezianischen Spezialausdruck belegt: eine Streikbrecherin.
4 römische Kaiser, 5 venezianische Damen neben der Porta della Carta vor ihrem Arbeitsplatz
Die MitarbeiterInnen des Dogenpalastes sind ja normalerweise sehr dienstlich im Dienst - auch ich habe mir schon Anschnauzer der Herren und Schnippischkeiten der Damen eingefangen - aber hier wird jede Frage freundlich und bereitwillig beantwortet. Alle Arbeitsverträge der städtischen Museen laufen zum Jahresende aus oder wurden gekündigt. Neue Verträge ab nächstem Jahr sollen jetzt verhandelt werden. Wie üblich geht es wohl darum, die Betriebskosten über die Personalkosten zu reduzieren. Und das ist mit Recht zu befürchten bei einem Bürgermeister Brugnaro, der eher kultur- und bildungsfern angelegt ist, dies schon öfters unter Beweis stellte und der als Boss einer Zeitarbeitsfirma in solchen Fragen erfahren sein dürfte. Die KollegInnen sehen ihre Arbeitplätze in Gefahr. Auf der Piazzetta sammeln sich immer mehr von ihnen, in Freizeitkleidung und Sandalen, diskutierend wie in alten Zeiten die Mitglieder des Großen Rates vor den Sitzungen. Während ich mit ein paar Frauen an der Porta della Carta spreche, sehe ich schon die erste Wirkung des AufpasserInnenmangels: ein Päärchen in Shorts klettert über die Kette an der Scala dei Giganti und flitzt die Treppe hoch. Die streikenden Museumsfrauen auf der Piazzetta schreien dienstlich entrüstet auf, die Security drinnen reagieren und pfeifen auf den Fingern, rennen und holen die jungen Leute von der Treppe runter.
Gruppe von Streikenden auf der Piazetta
Den Streik zu unterlaufen kommt für mich nicht in Frage, statt dessen nutze ich die Gelegenheit, mir die wunderbaren Details außen am Dogenpalast in Ruhe anzusehen: zum Beispiel die großartige Kapitelle, jede Säule hat ein anderes Dekorationsmotiv. Die Judenausstellung, auf die ich so gespannt bin, sehe ich mir dann übermorgen dann... Viel Erfolg bei den Vertragsverhandlungen wünsche ich den Streikenden und ihrer Gewerkschaft.
Nachtrag 12.8.: möglicherweise gibt es einen weiteren Streiktag in den städtischen Museen am 16.8., also nach dem Feiertag Ferragosto. Was den Streikenden ein langes Wochenende beschert... .
Nach fast genau einem Jahr war ich am 28.5.2016 wieder in der ehemaligen Kirche Santa Maria della Misercordia. Die beiden Besuche am 9. und 14.5.2015 hatten einen längeren Blogeintrag ('Kunst oder echtes Leben? Die "Moschee" in Venedig') mit Ergänzungen zur Folge. Die Frage, was nun aus dieser eigentlich funktionsfähigen Moschee wird, wurde mir von kompetenter Seite schnell beantwortet: jeweils sofort nach Biennaleschluss im November müssen die Pavillons geräumt und der nachfolgenden Crew quasi 'besenrein' übergeben werden - es sind ja nur 5-6 Monate Zeit für die Installation der nächsten Ausstellung. Für die Architekturbiennale wurde S. M. della Misericordia als 'Dependance' des deutschen Pavillons angemietet für Performance- und Bildungsveranstaltungen des Goethe-Instituts in der letzten Mai- und der dritten Oktoberwoche. Gute Gelegenheit, wieder einen Blick hineinzuwerfen. Und endlich heute einen Blogeintrag zu schreiben, da aus gegebenem Anlass, mal wieder eine venezianische Hochzeit, die Kirche unerwartete Medienaufmerksamkeit erleben darf.
Hauptaltar
Der erste Klosterbau auf dieser Insel Valverde am Nordrand Venedigs inmitten von Salzwiesen und Röhricht entstand in der Mitte des 10. JHs und hiess Santa Maria della Valverde Madre di Misericordia, daher die beiden bis heute benutzten zwei Bezeichnungen S. M. della Misericordia und S. M. Valverde - aber VenezianerInnen nennen sie ausschließlich 'L'abbazia' (Betonung auf dem i). Obwohl Venedig voller Klöster und Ex-Klöster ist, ist 'L'Abbazia' ein eindeutiger Begriff. Die ansässigen Orden wechselten, Augustiner, Dominikaner, Serviten; auch die Anzahl der Bewohner (Pestepidemien!); die Kirche wurde mehrfach erneuert, das Kloster erweitert, und während die angrenzenden Inseln bevölkert und die Fondamente Nove in die Lagune gebaut wurden, blieb das Kloster in seinen weitläufigen Gärten einsam und sein Nordufer unberührt - bis heute, davon abgesehen, dass die Sacca della Misercordia mittlerweise eine Marina ist. Mit Beginn des 14. JH. wurde an der Westseite des Campo dell'Abbazia die Scuola della Santa Maria della Valverde Madre di Misericordia von der Bruderschaft der Misericordia gegründet, später Scuola vecchia genannt, die zusätzlich zur Bruderschaftsinfrastruktur, also Versammlungs- und Gebetsräume etc., ein Hospiz für mittellose Frauen und einen Friedhof (zur Linken der Kirche) einrichtete. Die Geschichte der Scuola della Misericordia und ihres Wohlstands dank wohlhabender Mitglieder geht weiter mit dem Bau der riesigen Scuola Grande della Misericordia, die hier nicht unbedingt dazu gehört. Nachzulesen unter 'Scuola Grande della Misericordia in neuem Glanz'; 'Ein Palladio...'; 'Scuola Grande della Misericordia'.
Dach und beschriftetes Gebälk
Die ehemaligen Gärten der Scuola und des Klosters sind weitgehend erhalten, sehr gepflegt aber leider nicht öffentlich. Sie liegen hinter hohen Mauern an der Sacca della Misericordia und sind zum größten Teil Lager und Restaurationswerkstatt für Skulpturen etc. der städtischen Museen Venedigs. Der zugängliche Teil ist die Kooperative "Laguna Fiorita", Pflanzen, Gartenbedarf, Gewächshäuser... wo VenezianerInnen im Centro Storica ihren Pflanzenbedarf per Boot decken können. Die Gebäude, auch der schattige Sottoportego, sind entlang des Rio della Sensa zu sehen, die Gärten leider nur durch wenige Gitter. Auf dem Campo zu bewundern: eines der wenigen erhaltenen Beispiele der ersten Ziegelpflasterung Venedigs im Fischgrätmuster (wie auch nicht weit davon auf dem Campo Madonna dell' Orto). Und ein wunderschöner Brunnenkopf (vera da pozzo) aus dem 13. JH mit den Reliefs von Mönchen an 3 Seiten, das Aussehen der 4. Seite lässt einen früheren Anbau vermuten. Wenn hier nicht geheiratet oder um Moscheen bzw. Kunst gestritten wird, ist dies ein wunderbar still und authentisch erhaltener Ort.
Fassade und 'gequetschte' linke Seite
Zu dem auch die schöne dreiteilige barocke Kirchenfassade mit ihrer gequetschten linke Ecke gehört, erneuert 1650 von Clemente Moli, Schüler Berninis und Mitarbeiter Longhenas (ebenfalls gequetscht: eine Tür zum dahinter liegenden Garten, immer standhaft verschlossen). Neben das Kirchenportal hat Moli allegorische Skulpturen der Beständigkeit und der Barmherzigkeit gestellt, darüber eine Büste von Gaspare Moro, der die Fassade bezahlte. Das Relief am rechten Nebengebäude, eine byzantinisch betende Madonna mit Kind, wird dem 13. JH zugerechnet. Die Kirche selbst ist nach ihrer Schließung im 19. JH, dem Verkauf inkl. des Campanile an aufeinander folgende Privatpersonen, der Nutzung als Lagerraum bzw. für Wetter- und Sternenbeobachtungen, und der Dekonsekration 1973 unter dem Patriarchen Albino Luciani,ziemlich frei von sakraler Kunst. Mit dem großen Kunstausverkauf Venedigs 1868-1882 verschwanden nicht nur die großen Altarbilder, sondern auch alle Kunstwerke, die aus bereits früher geschlossenen Kirchen hier untergebracht worden waren: aus S. Matteo di Murano, S. Elena, S. Maria dell' Arsenale, S. Maria Maggiore - Werke von Cima da Conegliano, Francesco Ribera, Palma Giovane, Padovanino, Hans Holbein, Alessandro Longhi, Giovambattista Tiepolo und anderen. Geblieben ist das Grabmal von Alvise Malipiero (mit dem schönen Hahnenlogo) an der linken Wand; die Mosaike an Stelle einiger früherer Tafelbilder hat man in der 2. Hälfte des 19. JHs neu eingefügt, als die Kirche zuletzt restauriert und einige Jahre wieder genutzt wurde. Beeindruckend ist der Fries hoch oben unter dem Dach, das selbst aus schlichten Kassetten besteht und über die ganze Fläche goldene Sterne auf blauem Grund zeigt. (Einige Kirchen in ehemaligen venezianischen Festungen auf der Peloponnes haben einen ähnlich zauberhaften blau-goldenen Sternenhimmel.) Schön ist auch die geschnitzte Empore auf Marmorsäulen an der Innenwand der Fassade.
Innenseite, Empore
Nachdem der längst nicht mehr sakrale Kirchenraum, immer noch Privatbesitz, vor der Moschee-Installation von einem verlotterten in einen nutzbaren und präsentablen Zustand versetzt wurde, steht er - wie viele restaurierte Gebäude oder Sääle in Venedig - zur Miete für Events unter dem Stichwort "kulturelle Verwertung". Wohlgemerkt: sieht aus wie eine Kirche, ist aber eine Ex- wie viele andere in Venedig.
Nächste Besuchsmöglichkeit von S. M. della Misericordia bzw. Valverde bwz. l'Abbbazia und ein spannendes Projekt als Nebenveranstaltung der Architekturbiennale: The Veddel Embassy. 18.-22.10., Di-Fr 12-15 und 18-22 Uhr des Goethe Instituts Italien n Kooperation mit dem Deutschen SchauSpielHaus Hamburg und dem Evangelisch Lutherischen Kirchenkreis Hamburg-Ost. Eintritt frei.
Quelle Video: Website Teatro Stabile Veneto. s. u.
Das Teatro Stabile Veneto, in Venedig: Teatro Goldoni, spielt den ganzen Sommer über fast täglich "Arlecchino, der Diener zweier Herren" des venezianischen Theaterdichters Carlo Goldoni, nach dem das Haus auch benannt ist. Ein ganzheitlich originales Angebot - venezianische Kommödie in venezianischem Theater (bei fehlenden Sprachkenntnissen hilft vielleicht ein vorheriger online-Blick ins Textbuch), und zwar demältesten noch erhaltenen Theater Venedigs und allein schon deshalb einen Besuch wert. Erbaut und eröffnet 1622 von der Familie Vendramin, deren Namen es trug, aber vor allem entsprechend venezianischer Tradition den Namen der Pfarrgemeinde: in diesem Falle gleich 2, San Salvador und San Luca. Auch der Herr von Goethe, quasi (auch) ein Kollege Carlo Goldonis, besuchte es unter dem Namen San Luca und notiert im Tagebuch seiner 'Italienischen Reise' über die Aufführung von Goldonis "Le baruge chiozzotte" am 10.10.1786 ziemlich fröhlich, fast begeistert:
Nun endlich kann ich denn auch sagen, daß ich eine Komödie gesehen habe! Sie spielten heut' auf dem Theater St. Lukas »Le Baruge Chiozzotte«, welches allenfalls zu übersetzen wäre: »Die Rauf- und Schreihändel von Chiozza«. Die Handelnden sind lauter Seeleute, Einwohner von Chiozza, und ihre Weiber, Schwestern und Töchter. Das gewöhnliche Geschrei dieser Leute im Guten und Bösen, ihre Händel, Heftigkeit, Gutmütigkeit, Plattheit, Witz, Humor und ungezwungene Manieren, alles ist gar brav nachgeahmt. Das Stück ist noch von Goldoni, und da ich erst gestern in jener Gegend war und mir Stimmen und Betragen der See- und Hafenleute noch im Aug' und Ohr widerschien und widerklang, so machte es gar große Freude, und ob ich gleich manchen einzelnen Bezug nicht verstand, so konnte ich doch dem Ganzen recht gut folgen. Der Plan des Stücks ist folgender: Die Einwohnerinnen von Chiozza sitzen auf der Reede vor ihren Häusern, spinnen, stricken, nähen, klippeln wie gewöhnlich; ein junger Mensch geht vorüber und grüßt eine freundlicher als die übrigen, sogleich fängt das Sticheln an, dies hält nicht Maße, es schärft sich und wächst bis zum Hohne, steigert sich zu Vorwürfen, eine Unart überbietet die andere, eine heftige Nachbarin platzt mit der Wahrheit heraus, und nun ist Schelten, Schimpfen, Schreien auf einmal losgebunden, es fehlt nicht an entschiedenen Beleidigungen, so daß die Gerichtspersonen sich einzumischen genötigt sind.
Im zweiten Akt befindet man sich in der Gerichtsstube; der Aktuarius an der Stelle des abwesenden Podestà, der als Nobile nicht auf dem Theater hätte erscheinen dürfen, der Aktuarius also läßt die Frauen einzeln vorfordern; dieses wird dadurch bedenklich, daß er selbst in die erste Liebhaberin verliebt ist und, sehr glücklich, sie allein zu sprechen, anstatt sie zu verhören, ihr eine Liebeserklärung tut. Eine andere, die in den Aktuarius verliebt ist, stürzt eifersüchtig herein, der aufgeregte Liebhaber der ersten gleichfalls, die übrigen folgen, neue Vorwürfe häufen sich, und nun ist der Teufel in der Gerichtsstube los wie vorher auf dem Hafenplatz.
Im dritten Akt steigert sich der Scherz, und das Ganze endet mit einer eiligen, notdürftigen Auflösung. Der glücklichste Gedanke jedoch ist in einem Charakter ausgedrückt, der sich folgendermaßen darstellt.
Ein alter Schiffer, dessen Gliedmaßen, besonders aber die Sprachorgane, durch eine von Jugend, auf geführte harte Lebensart stockend geworden, tritt auf als Gegensatz des beweglichen, schwätzenden, schreiseligen Volkes, er nimmt immer erst einen Anlauf durch Bewegung der Lippen und Nachhelfen der Hände und Arme, bis er denn endlich, was er gedacht, herausstößt. Weil ihm dieses aber nur in kurzen Sätzen gelingt, so hat er sich einen lakonischen Ernst angewöhnt, dergestalt, daß alles, was er sagt, sprichwörtlich oder sententios klingt, wodurch denn das übrige wilde, leidenschaftliche Handeln gar schön ins Gleichgewicht gesetzt wird.
Aber auch so eine Lust habe ich noch nie erlebt, als das Volk laut werden ließ, sich und die Seinigen so natürlich vorstellen zu sehen. Ein Gelächter und Gejauchze von Anfang bis zu Ende. Ich muß aber auch gestehen, daß die Schauspieler es vortrefflich machten. Sie hatten sich nach Anlage der Charaktere in die verschiedenen Stimmen geteilt, welche unter dem Volke gewöhnlich vorkommen. Die erste Aktrice war allerliebst, viel besser als neulich in Heldentracht und Leidenschaft. Die Frauen überhaupt, besonders aber diese, ahmten Stimme, Gebärden und Wesen des Volks aufs anmutigste nach. Großes Lob verdient der Verfasser, der aus nichts den angenehmsten Zeitvertreib gebildet hat. Das kann man aber auch nur unmittelbar seinem eignen lebenslustigen Volk. Es ist durchaus mit einer geübten Hand geschrieben.
Von der Truppe Sacchi, für welche Gozzi arbeitete, und die übrigens zerstreut ist, habe ich die Smeraldina gesehen, eine kleine, dicke Figur, voller Leben, Gewandtheit und guten Humors. Mit ihr sah ich den Brighella, einen hagern, wohlgebauten, besonders in Mienen- und Händespiel trefflichen Schauspieler. Diese Masken, die wir fast nur als Mumien kennen, da sie für uns weder Leben noch Bedeutung haben, tun hier gar zu wohl als Geschöpfe dieser Landschaft. Die ausgezeichneten Alter, Charaktere und Stände haben sich in wunderlichen Kleidern verkörpert, und wenn man selbst den größten Teil des Jahrs mit der Maske herumläuft, so findet man nichts natürlicher, als daß da droben auch schwarze Gesichter erscheinen.
Eintrittskarten können auch online gekauft werden, es gibt Reduzierungen und Angebote inkl. Abendessen. Haltestelle Rialto. Zur Vertiefung: Besuch in der Casa Goldoni. Der kleine gotische Palazzo Centani vom Ende des 14., Anfang des 15. JHs hat Wasser- und Landtor, einen schönen Brunnenkopf und eine typische Außentreppe ins Obergeschoss in sehr gut restauriertem Zustand. Dauerausstellung und Theaterbibliothek zu Leben und Werk Goldonis und seiner Zeit. Gelegentlich Sonderausstellungen, zur Zeit nicht, was dem Besuch des schönen Hauses nichts nimmt. Haltestelle S. Tomà. .
Es geht um die Hausunterführung genannt sotoportego di corte Nova - wenn man vom vom rio di S. Antonin her kommt - oder sotoportego Zorzi - wenn man von der calle Zorzi kommt, bei der ich mich seit Jahren frage, ob ihr Schicksal wohl tatsächlich feststeht und sie unwiderruflich dem Verrotten überlassen ist. Dieser Sotoportego ist quasi ein kleiner Andachtsraum mit 2 geschnitzten Holzaltärchen eingefasst von kleinen Säulen, darin 2 feucht vergammelte Drucke von Madonnenportraits, handangepinnten Gebeten oder Heiligenbildchen und einer einfachen aber schönen Kassettendecke. Alle Farben verblasst bis verschwunden, die Holzteile luft- und wettergeschädigt und eben, naja, sehr alt. Die 4 originalen Bilder des Sotoportego werden seit Jahrzehnten von den Mönchen von San Francesco della Vigna, um die Ecke, aufbewahrt.
Sotoportego von der Calle Zorzi Seite, April 2012
(Hier zu sehen als Fotofolge der "Nuova" vom 9.3.2016.) 1. Bild: Venezianische Adlige bitten die Madonna della Salute um ihre Fürbitte, unterstützt von den Pestheiligen S. Rocco und S. Sebastiano. 2. Bild: die personifizierte Venezia und weitere Frauen werfen sich im Gebet vor Jesus und der Jungfrau nieder. 3. Bild: S. Lorenzo Giustiniani betet zur Jungfrau. 4. Bild: Die genesene, geheilte Venezia betet zur Jungfrau.
Gedenktafel, auch restaurierungsbedürftig
Im Marienmonat Mai, wenn die alten Frauen von Castello abends in den verschiedenen Oratorien in täglichen Maiandachten den Rosenkranz beten, ist einer der Treffpunkte dieser Durchgang. Er ist der Schauplatz einer venezianischen Volkslegende, nachzulesen auf der Steinplatte auf der calle Zorzi-Seite: das Gebet der BewohnerInnen zur Heiligsten Jungfrau Maria hat die Nachbarschaft nicht nur während der Pestepidemie 1630-36, sondern auch noch bei der Choleraepidemnie 1849-55 (an der auch der deutsche Lyriker H. W. Stieglitz in Venedig starb) geschützt und die Bomben der Kriegsjahre 1917/18 fern gehalten.
Dreimal ein Wunder der Jungfrau. Wobei die Pest durch die Abwehr der Jungfrau vernichtet 'zu Boden fiel', eine rotes Pflasterquadrat aus veroneser Marmor zwischen den grauen Trachytplatten, den 'masegni', erinnert seit damals bis heute daran. (Und darf keinesfalls mit Füssen getreten werden, sonst: Unglück!) Die Serenissima liess im 17. JH zum Dank die Salutekirche bauen, die Menschen der Nachbarschaft zwischen S. Lorenzo und S. Francesco dankten mit einem Gebetssotoportego, einem Glücksstein und einer Gedenktafel mit Nachträgen.
Mai 2016 Seiten- und Deckengerüstchen und 3 RestauratorInnen bei der Arbeit
Ende Mai, mit Tragetüten bepackt vom Supermarkt hinter S. Lorenzo kommend, fand ich den Sotoportego zur Hälfte vollgestellt mit einem Gerüst, ein neues Wunder, auf dem sich sage und schreibe 3 Restauratorinnen bei der Arbeit quetschten, während 2 weitere vor dem Eingang Farbmischungen zusammenstellten. Niemand war gezwungen auf den Glücksstein zu trampeln, aber Maiandachten waren wohl definitiv nicht möglich. Es stellte sich heraus, dass Save Venice auf Basis einer Spende die Restauration finanziert und Studierende des Faches Restauration alle Arbeiten ausführen. Ist das nicht wunderbar - und weitere Spenden werden noch benötigt, die exakt für dieses Projekt eingesetzt werden. (Unter diesem Link erkennt man gut, wo sich das zu fördernde Objekt befindet, mitten im westlichen Castello, fern jeder touristischen Route.)
Sehr kleine Restaurierung, sehr kleiner Arbeitsplatz
Insofern ist dieser Eintrag auch mal wieder ein Spendenaufruf: Sponsorship Opportunity: Seeking funding for the restoration of the cherished Sotoportego di Corte Nova. If you would like to help, call 212-737-3141 or contact amy@savevenice.org Für ein Riesenprojekt einen Beitrag zu leisten ist eine Sache - in Zukunft durch den restaurierten Sotoportego der Corte Nova zu gehen, dabei nicht auf den Glücksstein zu treten mit dem Wissen: ist auch dank MEINER Spende wieder so schön für die venezianische Nachbarschaft - das ist ein besonderes Gefühl, immer wieder, denke ich.
2 weitere Restauratoren bei der Materialvorbereitung
There is something so different in Venice from any other place in the world, that you leave at once all accustomed habits and everyday sights to enter an echanted garden.
Carlo Fruttero:
Perché nessun' altra città al mondo è immersa come questa non già nell'acqua ma nel tempo. È il tempo che circola nei canali, lambisce i palazzi, scivola tra piccoli ponti, cupole, erosi gradini di pietra; è il tempo che impregna persino gli umili souvenir in vendita per i turisti.
Feldbauer, Peter/Morrissey, John; Weltmacht mit Ruder und Segel - Geschichte der Republik Venedig 800-1600; Magnus 2004
Fenlon, Iain; Piazza San Marco; Profile Books 2010
Fenlon, Iain; The Ceremonial City - History, Memory and Myth in Renaissance Venice; Yale University Press 2007
Fletcher, C. & Da Mosto, J: The Science of Saving Venice. Umberto Allemandi 2004
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