25. Juni 2019

Venezia, la capitale della bellezza

Juni 2019

Eine aktuelle (Juni 2019) 50-Minuten-Venedig-Dokumentation der Serie TG2 Dossier von RAI, der öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fersehanstalt Italiens, steht seit wenigen Tagen in deren Mediathek.

Sehr sehenswert! Nicht nur die typische Venedig-Romantik schöner Bilder und Venezianier*innen mit außergewöhnlichen Lebenshintergrund, sondern eine Sammlung von Interviews mit meist engangierten und klugen Menschen, die in Venedig ihre persönliche Verantwortung tragen. 



Es geht los mit dem Gondolier Roberto Vianello, der 'Rücken' hat und trotzdem singt, und weiter über den ehemaligen Bürgermeister Paolo Costa, diverse Künstler + Galerist*innen, den Intedanten des Opernhauses Fenice, den jüdischen Historiker Riccardo Calimani, dem wir wunderbare Bücher über das venezianische Ghetto verdanken, den Rektor der Universität Ca' Foscari, den alten Herrn Cipriani (Harry's Bar etc.), eine Ingenierin des M.O.S.E.-Projekts, Arbeiter, die die Kanäle von Schlamm und Schrott befreien und die grünen Stufen kärchern - bis hin zu den Spazzini, die von Haus zu klingeln um den Müll abzuholen.

Der Film erspart uns ausnahmesweise das Geschwätz der kommunalen Assessorin für Tourismus Paola Mar, aber leider nicht das des Bürgermeisters Brugnaro, der von der Zukunft schwadroniert. Denn der Schwerpunkt des letzten Drittels ist der Entwicklung und dem Wachstum der 'Città Metropolitana' gewidmet, sprich des ehemaligen petrochemischen Industriegebiets von Porto Marghera und den Ausbau von Mestre. Venedig selbst, das Centro Storico, ist in seiner ganzen Bellezza nicht die Zukunft, sondern das museale Anhängsel der metropolitanen Wirtschaftsplanung. 

Mich ärgert diese Geschichtsvergessenheit. Und mir fehlen bei diesem Film, dem auch schöne Ausschnitte älterer Dokumentationen angehängt sind, ein bisschen die Blicke der Normalbürger*innen auf ihre Stadt und der Blick der Filmautorin Marina Nalesso auf die Einheimischen, die gerne ebenfalls Verantwortung für ihre Stadt übernehmen würden. Der öffentlich-rechtliche Sender sendet eine aktuelle Doku, aber lässt die harten ökonomischen Hintergründe von M.O.S.E.-Korruption, Grandi Navi, Wohnungsnot, Einwohnerexodus und Massentourismus nur diskret angesprochen und damit alle Optionen offen. In italienischer Sprache, interessant und, wie gesagt, sehr sehenswert für Venedig-Appassionati. Buon Divertimento!


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