Venedig mit Kindern I
Wer mit Kindern Venedig besucht, tut das in der Regel, um mit Ihnen eine einzigartige Erfahrung zu teilen, ihnen ein ganz besonderes Stück des Planeten zu zeigen und einen sehr speziellen Ausschnitt menschlicher Geschichte zu vermitteln. Ich kenne Freunde, die abwinken: da haben mich meine Eltern mit sieben hingeschleppt, nie mehr!, aber auch andere, die auf diesem Weg eine nachhaltige Faszination für Venedig (und vielleicht für Bildungsreisen überhaupt) entwickelt haben.
Ein elfjähriger Freund antwortete auf die Frage nach dem Schönsten in Venedig: "Ich bin auf dem Markusplatz verloren gegangen!"
(Hilfreich für die gestressten Eltern ist ein Werbekärtchen des Hotels in der Hosentasche des Kindes, damit die Polizei weiss, wo der Fund abzuliefern ist.)
Vier Punkte sind für den entspannten und erlebnisreichen Venedig-Besuch mit Kindern nach meiner Erfahrung wichtig:
1. Blick für das Alltägliche öffnen
2. Aktivitäten den Interessen der Kinder anpassen
3. Kurzfristig Aktivitäten wechseln
4. Nachbereiten statt vorbereiten
Blick für das Alltägliche öffnen:
Der Verkehr auf dem Wasser - Kinder finden bereits nach ein paar ersten Hinweisen, dass das Leben in Venedig völlig anders als zuhause läuft:
Polizei, Feuerwehr, Krankentransport, Warentransporte (was da alles offen auf den Transportbooten durch die Stadt schwimmt!), Umzüge, Post, Müllabfuhr etc. Vor und nach dem Wasserverkehr finden Transporte per Bootskran (Supermärkte am Canale di Noale und Zattere), mobilem Kran (bei privaten Umzügen), per Sackkarren (in allen engen Gassen), per Müllsammel- und Straßenkehrerkarre (zum Müllsammelboot z. B. an der Vaporettohaltestelle Fondamente Nove), mit Rollstühlen oder Krankenkarren (z. B. am Ospedale Civile am Rio dei Mendicanti) statt. Der Briefträger läuft ganz normal mit seiner Karre durch die Gassen. Aber auch der Totentransport vom Ospedale Civile zum nahen Friedhof San Michele wird mit dem blauen Totenboot erledigt, was man mit dem erforderlichen Respekt täglich von der Brücke am Rio dei Mendicanti beobachten kann.
Es gibt Wasserfahrzeuge zu sehen, die als mobile Baustelle funktionieren, z. B. zur Reparatur bzw. zum Ersatz maroder Holzbalken, die überall in Kanälen im Wasser stehen (Foto oben, rechts von Gebäude auf der linken Seite), oder zum Einrammen der dicken Dreierbalken, die die Fahrrinnen in der Lagune markieren, oder bei den Arbeiten zur Erhöhung der Uferbefestigungen (z. Zt. z. B. südlich des Dogenpalastes an der Riva degli Schiavoni oder an den Fondamente Nove ). Spannend und einmalig zu beobachten sind natürlich die dazugehörigen Arbeiter und das, was sie da tun!
Voraussetzung ist natürlich, dass man die Trampelpfade zwischen Piazza (di San Marco) und Rialto und Bahnhof und Rialto verläßt. Dann erlebt man, dass Schulkinder nicht mit dem Bus, sondern mit dem Boot ankommen (z. B. an den Fondamente Nove), und man kann sich mit seinen Kindern unter die Schülerpulks mischen und bis zur Schule mitlaufen - ein schönes ehemaliges Kloster, Kanal an einer, Lagune auf der anderen Seite.
Kinder interessiert in diesem Zusammenhang, dass Autoverkehr auf dem Schulweg kein Thema ist, dass trotzdem sehr viele Kinder von einem Erwachsenen zur Schule begleitet werden, und sie lernen, diese ungewöhnliche Stadt auch aus dem Blickwinkel ihrer Bewohner zu sehen.
Wie funktioniert das mit den Kinderwagen auf den vielen Brücken? Mit den Ruderfährbooten über den Canal Grande, auf denen man steht? Gassi gehen mit dem Hund? Wenn das Wasser steigt und ein Boot nicht unter der Brücke durchkommt? Mit den Wasserverkehrsregeln? Wo können die einheimischen Kinder bolzen und Fussball spielen?
Mit solchen Überlegungen kommt man kommt weit durch die Stadt, ohne dass Kinder und Erwachsene vom Pflastertreten überfordert werden und zunächst noch keine "Sehenswürdigkeit" betreten wurde.
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