23. September 2008

Architekturbiennale 2008

Arsenaleturm

Vor zwei Jahren besuchte ich zum ersten Mal die Architekturbiennale im Arsenale, also weniger als das halbe Programm, und fühlte mich teilweise völlig überfordert mangels Fachwissen. Trotzdem war der Besuch nicht geschenkt, denn das Arsenale, diese riesige alte Schiffsbau-Industrieanlage ist jährlich absolut einen Besuch wert. Wenn man denn so oft nach Venedig kommt.

Wer seltener da ist, und zwar jetzt, sollte die Gelegenheit der diesjährigen Architekturbiennale (bis 23. November) nutzen.
Das Thema "Out There - Architecture Beyond Building" weckt zumindest bei mir die frohe Hoffnung, dass diesmal weniger Fachwissen zum Verständnis der Ausstellung gefragt ist als die Bereitschaft, sich auf Ungewohntes,völlig Neues und vielleicht sogar Irritierendes (!?!) einzulassen. Ich bin schon sehr gespannt, werde allerdings erst in der letzten Woche dabei sein (und "Out There" mit dem Genuss der Fritelle zum Salute-Fest verbinden, siehe Eintrag vom 12.1.08).

Im Arsenale

Wie bei der Kunstbiennale gibt es auch ausserhalb der offiziellen Ausstellungsgelände Arsenale und Giardini zusätzliche Länder- und Sonderausstellungen in Gebäuden in der Stadt, weit mehr als 2006. Zu sehen sind die Exponate um die es geht in Gebäuden, die oft ausserhalb Biennalezeiten nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Also zwei gute Gründe, die kostenlosen!! Ausstellungen in der Stadt aufzusuchen. Man erkennt sie am großen Biennale-Logo, das jeweils davor aufgestellt oder -gehängt ist, aber wer interessiert ist, sollte seinen Besuch ein bisschen vorbereiten.

Palazzo Zenobio, Armenisches Bildungsinstitut

Hilfreich dabei ist die venezianische Monatszeitschrift :venews, die man für 2,50 € am Zeitungskiosk bekommt (Venezia News verlangen) oder als Newsletter, den man bestellen kann. Neben der Werbung enthält sie aktuelle Kalender der Ereignisse in Venedig und zu Biennalen jeweils das komplette Programm mit Veranstaltungsdaten und, sehr hilfreich, einen Plan mit den Standorten der Ausstellungen im Stadtgelände. Das ist kein Ersatz für einen Stadtplan, aber sehr gut geeignet für die logistische Routenplanung zum Besuch der Ausstellungsorte quer durch die Stadt.

Auf den Seiten 35-57 finden sich die Termine und Beschreibungen der Ausstellungen und Veranstaltungen (auf italienisch und englisch) auf den Seiten 40 und 41 der Stadtplan.

Da ich die Ausstellungen noch nicht kenne, kann ich nur Empfehlungen zu den Ausstellungsorten geben in Gebäuden, die man normalerweise nicht von innen sehen kann:
2+9, Palazzo Zeno
bio; 4, Ca' del Duca (am Canal Grande); 5, Palazzo Giustinian Lolin (am Canal Grande); 7, Fondaco Marcello (am Canal Grande); 11, Palazzo Zorzi; 23, Palazzo dei Pompieri; 25, Palazzo Pesaro Papafava; 32, Scuola dei Mercanti; 38, Palazzo da Ponte; 49, Palazzo Mangili Valmarana (am Canal Grande). (Die Nummern beziehen sich auf die Nummerierung des Plans in :venews.)
2. Kreuzgang in S. Francesco della Vigna

Soll aber nicht heissen, dass man sich auf diese Aus-
stellungen beschränken sollte. Interessant sind immer auch Inselbesuche anläßlich der Biennale: San Giorgio Maggio
re (54+30, San Servolo (53+56), die Giudecca (1+32), S. Erasmo (24,Torre Massimiliana) oder (teils ehemalige) Klöster, die zur Verfügung stehen, z.B. S. Francesco della Vigna (15) oder S. Apollonia (47), oder der sehr beeindruckende Palazzo delle Prigioni (21), das ehemalige Gefängnisgebäude neben dem Dogenpalast.

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19. September 2008

ARGOS in Venedig

Schon wieder eine technologische Neuigkeit aus Venedig!

Nach der Einführung der intelligenten Mobilität - sprich des Imob-Systems für den ÖPNV - wurde nun in dieser Woche das Automatic & Remote Grandcanal Observation System ARGOS in Betrieb genommen.

Es dient der Verkehrsüberwachung, wesentlich der Geschwindigkeitskontrolle, vorläufig nur auf dem Canal Grande. Die Bekämpfung der Geschwindigkeitsübertretungen unterstützt die Kontrolle des moto ondoso, der zunehmenden Wellenbelastung der Kanäle, die die Bauten der Stadt nachhaltig schädigt, und nützt unter anderem dem Erhalt der Stadt.

Die Grafiken und Filme der Website erklären sich weitgehend einleuchtend selbst.

Auf der Website von Luca Iocchi von der Universität 'La Sapienza' in Rom wird das System noch weiter gehend auf englisch erklärt.


Als Ab und zu-Besucherin Venedigs ohne Einblick in die Kommunalpolitik der Stadt stelle ich mir vor, dass die Einführung und vor allem Finanzierung solcher Systeme mit erheblichen Auseinandersetzungen, um es mal vorsichtig auszudrücken, verbunden ist. Und natürlich verstärkt in Venedig, der Stadt die einerseits ein Denkmal ist, aus Denkmälern besteht, und andererseits Teil eines extrem sensiblen und gefährdeten ökologischen Topos ist.

Umso mehr beeindruckt mich die Entschlossenheit, mit der in Venedig derartige Projekte an- und umgesetzt werden. Im Verleich mit den tranigen, funktionsuntüchtigen und überteuerten Verkehrsverbünden hierzulande und den chaotischen innerstädtischen Verkehrsverhältnissen anstelle von modernen ÖPNV-Lösungen einfach erstaunlich!


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15. September 2008

Seufzerbrücke Sommer 2008




Der Blick vom Ponte della Paglia in Richtung Seufzerbrücke lässt die gezückten Fotoapparate massenweise sinken...





...keine Postkarten-
ansicht!




Ich finde den ungewohnten Anblick toll.






Foto: Wolfgang Ziegler

Ergänzung: zwei Wochen später dient das Gerüst, wie alle Gerüste in Venedig (außer den Ski-
mützchen, die die Türme der Salute bedecken) als Werbeträger. (Siehe Kommentar hier unten von Wolfgang)
. Foto vom 6.9. bei Nacht.



Der Gesamteindruck ist gut sichtbar auf dem letzten Foto des brandaktuellen Venedig-Reiseberichtes von Jeff Cotton.


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12. September 2008

Eröffnet am 11/9/2008, 23:44 Uhr

Endlich in Gebrauch und auf eine hoffentlich lange Lebensdauer und Geschichte:

Ponte della Costituzione am 11. September 2008



9. September 2008

Quarto Ponte - September 2008

Die vierte Brücke hat nun ihren Namen: Ponte della CostituzioneLeider ist es nicht die Ponte della Zirada geworden, die mir am besten gefallen hätte.

Das jahrelange Gezerre um die Brücke findet nun einen angemessen bombastisch/banausigen Schlusspunkt, in dem die Brücke schlicht in Betrieb genommen wird,eine Eröffnung wird es nicht geben. Da hat Herr Calatrava aber Glück gehabt, dass ihn die Venezianer nicht kurzerhand wegen Fehlleistung ins Gefängnis stecken, wie sie das z. B. mit Jacopo Sansovino, Architekt der Libreria an der Piazetta, gemacht haben.

Einige Äußerungen zum Thema:


Südeutsche Zeitung 4.9.08 mit vielen Bildern
BauNetz 28.8.08 mit interessanten Kommentaren
Welt, 6.9.08, Calatrava-zentriert
Telegraph 26.8.08
guardian, 27.8.08
timesonline, 28.8.08
ANSA (it. Nachrichtenagentur) engl., 2.9.08
DDN, 29.8.08



7. September 2008

Scuola Grande di San Giovanni Evangelista

Scuola Grande di San Marco

Die frühe-
sten vene-
zianischen Scuole existierten seit dem 11. Jahr-
hundert und waren wichtige Träger der religiösen, sozialpolitischen und gesellschaftlichen Strukturen der Republik Venedig. Jeder gute Reiseführer geht ausführlich auf
das Thema ein und weist detailliert auf die zu besichtigenden Scuole hin, die sowohl Gesamtkunstwerke als auch kunsthisto-
risch interessant sind durch die Ar
chitekten und Künstler, die sie gebaut und gestaltet haben.

Scuola Grande di San Marco
An erster Stelle steht die überwältigende Scuola Grande di San Rocco, komplett Tintoretto, die einzige, die nicht durch Napoleon aufgelöst wurde und in deren Erdgeschoss bis heute die hölzernen Fächer der Mitglieder in Gebrauch sind (links von der Eingangstür in der Ecke).
Scuola Grande di San Rocco rechts

Es folgen die Scuola di San Giorgio degli Schiavoni, Bilderzyklen von Carpaccio, die Scuola Grande dei Carmini, Versammlungraum im Obergeschoss komplett Giovanni Battista Tiepolo), die Scuola Grande di S. M. delle Carità, sprich die Accademia die jeder kennt, und die Scuola Grande di San Teodoro, die für Konzerte und konzertante Opernaufführungen verwendet wird.


Die ehemalige Scuola di San Niccolò dei Greci ist aufgegangen im Istituto Ellenico mit der Bibliothek und der wunderbaren Ausstellung griechischer Ikonen. Treppenhaus Istituto Ellenico

Die ehemalige Scuola
Grande di San Marco gehört zum Ospedale Civile, zu besichtigen ist die großartige Lombardo/Codussi-Fassade und im Eingangsbereich des Krankenhauses am Campo SS. Giovanni e Paolo die riesige Eingangshalle der Scuola. Ich hatte allerdings vor Jahren das Glück, das Gitter zur Treppe in den oberen Versammlungsraum und den Albergo unversperrt zu finden. Die ehemalige Einrichtung ist komplett entfernt und es gibt dort in hohen altmodischen Ausstellungsvitrinen eine große Ausstellung alter medizinischer Fachbücher und teilweise noch älterer Instrumente (Werkzeuge!), die für den medizinischen Laien wie mich eher gruselig ist. Die Bücher sind illustriert mit hervorrgenden Stichen, und neben der fast lebensgroßen Darstellung und Anleitung zur Amputation eines Armes liegt dann die passende Säge. Einige Exponate waren für mich so alarmierend, dass ich dankbar für den medizinischen Fortschritt bin... Es ist mir bisher leider nicht gelungen, ein zweites Mal durch das verschlossene Gitter zu kommen.
Die alte Scuola Grande della Misericordia wurde ersetzt durch die neue, die jedoch nie wirklich in Betrieb genommen wurde und ungenutzt verschlossen steht.

Die Scuola Grande di San Giovanni Evangelista ist ebenfalls meistens verschlos-
sen, steht aber für Biennale- und sonstige Kunstausstellungen zur Miete.
In diesem Sommer fand in der Scuola Grande di San Giovanni Evangelista die Ausstellung "I Tesori della Russia - Maestri dell'Arte Russa 1800-1900" statt (die übrigens parallel zur Guggenheim Ausstellung "Coming of Age - American Art 1850s to 1950s" besonders neugierig machte). Aber unabhängig von der interessanten Ausstellung (die auf Europa-Tournee ist, aber ich habe mir leider nicht notiert, wann und wo) war dies die erste Gelegenheit für mich, die Scuola von innen zu sehen.

Die ehemalige Innenaustattung von Carpaccio und Gentile Bellini "Wunder der Kreuzesreliquie" die in der Accademia sicher und klimatisiert zu bestaunen ist, und der Hof zwischen Kirche und Scuola, der wie schon die Fassade der Scuola Grande di San Marco ein Werk von
Lombardo/Codussi ist, machten die Sache schon seit Jahren mehr als spannend für mich.

Das Gebäude ist enorm groß, was von aussen aufgrund des kleinen Hofes nicht zu erahnen ist. Neben dem üblichen Versammlungsraum mit Altar und geschnitztem Gestühl gibt es mehrere Nebenräume, nicht nur einen Albergo-Raum; und die hohe zweiseitige Treppe mit Überkuppelungen unten und oben, an der Rückseite zum Kanal hin, ist überaus beeindruckend.
Vor allem finde ich das Gebäude, verglichen mit den anderen Scuole die ich gesehen habe (San Rocco, San Giorgio Schiavoni, Carmine, San Marco, das Istituto Ellenico) so hell und einladend, dass es auch ohne seine ehemalige reiche Kunstausstattung einen wohlhabenden und großzügigen Eindruck macht.
Kein Vergleich mit der schummrigen Scuola Grande di San Rocco, trotz all ihrer Tintoretto-Pracht geradezu düster wirkt, oder die dunkle Scuola di San Giorgio Sc
hiavoni mit ihrer engen steilen Treppe ins Obergeschoss. (Es war ein strahlender Morgen um 10 Uhr, es gibt vielleicht Tage oder Stunden, die einen anderen Eindruck vermitteln.)


Wer die Scuola besuchen will, sollte sich nicht jahrelang vor der geschlossenen Tür ärgern wie ich, sondern sich am Veranstaltungskalender auf der Website der Scuola orientieren oder die nächste Kunstbiennale wahrnehmen. Auch wenn die Scuola oft der einzige Ausstellungsort mitten in San Polo ist und deshalb ein bisschen abseits der Biennalewege liegt.


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