Scuola Grande di San Giovanni Evangelista
Scuola Grande di San Marco
Die frühe-
sten vene-
zianischen Scuole existierten seit dem 11. Jahr-
hundert und waren wichtige Träger der religiösen, sozialpolitischen und gesellschaftlichen Strukturen der Republik Venedig. Jeder gute Reiseführer geht ausführlich auf das Thema ein und weist detailliert auf die zu besichtigenden Scuole hin, die sowohl Gesamtkunstwerke als auch kunsthisto-
risch interessant sind durch die Architekten und Künstler, die sie gebaut und gestaltet haben.
Scuola Grande di San Marco
An erster Stelle steht die überwältigende Scuola Grande di San Rocco, komplett Tintoretto, die einzige, die nicht durch Napoleon aufgelöst wurde und in deren Erdgeschoss bis heute die hölzernen Fächer der Mitglieder in Gebrauch sind (links von der Eingangstür in der Ecke).
Scuola Grande di San Rocco rechts
Es folgen die Scuola di San Giorgio degli Schiavoni, Bilderzyklen von Carpaccio, die Scuola Grande dei Carmini, Versammlungraum im Obergeschoss komplett Giovanni Battista Tiepolo), die Scuola Grande di S. M. delle Carità, sprich die Accademia die jeder kennt, und die Scuola Grande di San Teodoro, die für Konzerte und konzertante Opernaufführungen verwendet wird.
Die ehemalige Scuola di San Niccolò dei Greci ist aufgegangen im Istituto Ellenico mit der Bibliothek und der wunderbaren Ausstellung griechischer Ikonen. Treppenhaus Istituto Ellenico
Die ehemalige Scuola Grande di San Marco gehört zum Ospedale Civile, zu besichtigen ist die großartige Lombardo/Codussi-Fassade und im Eingangsbereich des Krankenhauses am Campo SS. Giovanni e Paolo die riesige Eingangshalle der Scuola. Ich hatte allerdings vor Jahren das Glück, das Gitter zur Treppe in den oberen Versammlungsraum und den Albergo unversperrt zu finden. Die ehemalige Einrichtung ist komplett entfernt und es gibt dort in hohen altmodischen Ausstellungsvitrinen eine große Ausstellung alter medizinischer Fachbücher und teilweise noch älterer Instrumente (Werkzeuge!), die für den medizinischen Laien wie mich eher gruselig ist. Die Bücher sind illustriert mit hervorrgenden Stichen, und neben der fast lebensgroßen Darstellung und Anleitung zur Amputation eines Armes liegt dann die passende Säge. Einige Exponate waren für mich so alarmierend, dass ich dankbar für den medizinischen Fortschritt bin... Es ist mir bisher leider nicht gelungen, ein zweites Mal durch das verschlossene Gitter zu kommen.
Die alte Scuola Grande della Misericordia wurde ersetzt durch die neue, die jedoch nie wirklich in Betrieb genommen wurde und ungenutzt verschlossen steht.
Die Scuola Grande di San Giovanni Evangelista ist ebenfalls meistens verschlos-
sen, steht aber für Biennale- und sonstige Kunstausstellungen zur Miete. In diesem Sommer fand in der Scuola Grande di San Giovanni Evangelista die Ausstellung "I Tesori della Russia - Maestri dell'Arte Russa 1800-1900" statt (die übrigens parallel zur Guggenheim Ausstellung "Coming of Age - American Art 1850s to 1950s" besonders neugierig machte). Aber unabhängig von der interessanten Ausstellung (die auf Europa-Tournee ist, aber ich habe mir leider nicht notiert, wann und wo) war dies die erste Gelegenheit für mich, die Scuola von innen zu sehen.
Die ehemalige Innenaustattung von Carpaccio und Gentile Bellini "Wunder der Kreuzesreliquie" die in der Accademia sicher und klimatisiert zu bestaunen ist, und der Hof zwischen Kirche und Scuola, der wie schon die Fassade der Scuola Grande di San Marco ein Werk von Lombardo/Codussi ist, machten die Sache schon seit Jahren mehr als spannend für mich.
Das Gebäude ist enorm groß, was von aussen aufgrund des kleinen Hofes nicht zu erahnen ist. Neben dem üblichen Versammlungsraum mit Altar und geschnitztem Gestühl gibt es mehrere Nebenräume, nicht nur einen Albergo-Raum; und die hohe zweiseitige Treppe mit Überkuppelungen unten und oben, an der Rückseite zum Kanal hin, ist überaus beeindruckend.
Vor allem finde ich das Gebäude, verglichen mit den anderen Scuole die ich gesehen habe (San Rocco, San Giorgio Schiavoni, Carmine, San Marco, das Istituto Ellenico) so hell und einladend, dass es auch ohne seine ehemalige reiche Kunstausstattung einen wohlhabenden und großzügigen Eindruck macht.
Kein Vergleich mit der schummrigen Scuola Grande di San Rocco, trotz all ihrer Tintoretto-Pracht geradezu düster wirkt, oder die dunkle Scuola di San Giorgio Schiavoni mit ihrer engen steilen Treppe ins Obergeschoss. (Es war ein strahlender Morgen um 10 Uhr, es gibt vielleicht Tage oder Stunden, die einen anderen Eindruck vermitteln.)
Wer die Scuola besuchen will, sollte sich nicht jahrelang vor der geschlossenen Tür ärgern wie ich, sondern sich am Veranstaltungskalender auf der Website der Scuola orientieren oder die nächste Kunstbiennale wahrnehmen. Auch wenn die Scuola oft der einzige Ausstellungsort mitten in San Polo ist und deshalb ein bisschen abseits der Biennalewege liegt.
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