Palazzo Falier - William D. Howells - Sean Scully
Dieses Haus am Canal Grande, Palazzo Falier, habe ich schon in einigen Biennale-Einträgen erwähnt und konnte es jetzt zum 2. Mal besuchen. Diesmal nicht über das pompöse Treppenhaus zum Piano nobile, sondern über eine enge Seitentreppe. Die venezianische Regel, nach der auch in aufgeteilten Häusern alle Wohnungen über einen separaten Eingang erreichbar sein müssen, schafft kreative bis unbequeme Treppenlösungen.
Garten hinter dem Haus mit Außentreppe in die oberen Etagen (Okt. 2012) |
te, wo die Raumaufteilung durcheinander geraten ist. Man sieht es auch an den Fussböden, wo die Terrazzomuster erhalten sind aber nicht mehr in die Zimmer passen. Der Blick auf den Canal Grande von den beiden verglasten Vorbauten ist einzigartig, vor allem in der Morgensonne. Der linke Vorbau ist im Piano nobile etwas breiter, der rechte hat im Mezzanin eine winzige Terrasse, die das draufgesetzte Fensterzimmer entsprechend verkleinert. Man kann das Terrässchen auf dem Foto oben gut auf der rechten Ecke erkennen. (Mehr Fotos im Eintrag vom 5.3.2015.)
Wassereingang zum Canal Grande (Juni 2013) |
schläft, über die Calle Falier oder Vitturi; der Eingang zum Mezzanin ganz am Ende der Gasse an der Ecke zum Canal Grande.
Details beschreibt William Dean Howells, der als Honorarkonsul der USA von 1861-1865 in Venedig den größten Teil der Zeit in diesem Haus lebte, im Mezzanin unter dem Piano nobile:
"(Die Wohung)... befand sich in der Ecke eines alten Palastes am Großen Kanal, und vom Fenster der kleinen Wohnstube blickte man hinunter auf das Wasser, das wohl mit der gemalten Decke dieses Raumes Freundschaft geschlossen hatte und ihr, wenn die Sonne schien, den zitternden, goldenen Schimmer eines Lächelns verlieh. Das Eßzimmer wurde von ihm nicht so sehr begünstigt, aber dafür sah man von hier aus die grünen, ständig rauschenden Wipfel der Bäume aus einem winzigen Garten emporragen, der nicht größer als ein Taschen-
tuch war. Durch dieses Fenster konnten wir auch das merkwürdige, malerische Leben auf dem Kanal beobachten und von einem anderen Raum die kleine Terrasse über dem Wasser erreichen. Wir wohnten nicht im appartamento signorile - das liegt darüber -, sondern waren gemütli-
cher im ersten Stock über dem Erdgeschoß untergebracht, der ehemals gewöhnlich als Winterwohnung diente. Man hatte das Gebäude jedoch zerstückelt und je nach Laune der aufeinanderfolgenden Hauswirte ganze Zimmerfluchten abgebrochen, bis es überhaupt nicht mehr wie ein Palast wirkte. Die oberen Stockwerke behielten zwar immer etwas von ihrer einstigen Erhabenheit, waren aber im Laufe der Zeit noch unbehaglicher geworden als früher. Sie erweckten in uns keinen Neid, obwohl man sie billig vermietete und der Preis geringer war als der von uns gezahlte; dennoch konnten wir ein sehnsüchtiges Verlangen nach ihren gwölbten und gemeißelten Fenstern, die wir manchmal vom Kanal aus über den Wipfeln der Gartenbäume sahen, nicht ganz unterdrücken.
Die Gondoliere pflegten stets auf unseren Palast, den man Casa Falier nannte, hinzuweisen und ihn als das Haus zu bezeichnen, in dem Marino Faliero geboren wurde, und lange klammerten wir wir uns an die Hoff-
nung, daß es sich wirklich so verhielt. Wie angenehm es auch immer sein möchte, waren wir, nachdem wir ein wenig darüber gelesen hatten, doch genötigt, uns nicht länger der Täuschung hinzugeben und einem alten Palast am Santi Apostoli die Auszeichnung zuteil werden zu lassen, die wir gern für unseren in Anspruch genommen hätten. Ich vermag wirklich nicht zu erklären, inwiefern für uns das Leben in der Casa Falier reizvoller gewesen wäre bei dem Gedanken, ein enthaupteter Verräter sei darin geboren worden, aber erstaunlicherweise fanden wir Ge-
schmack an dieser falschen Annahme, solange wir sie nur irgendwie auf-
rechterhalten konnten. In unserer Leichtgläubigkeit wurden wir wesentlich dadurch bestärkt, daß in einem anderen Teil des Palastes der Canonico Falier wohnte, der in gerader Linie von dem unglücklichen Dogen ab-
stammte. Es war ein alter, sehr sanft aussehender Priester mit einem weißen Haupt, das er stets gesenkt hielt, und dunkelroten Beinen, auf denen er sich nur mühsam fortbewegte. Ihm gehörten die Räume, in denen er lebte, und die Wohnung an der Vorderseite des Palastes, die genau über der unseren lag. Die übrigen hatten einen anderen Besitzer, denn in Venedig werden viele Häuser aufgeteilt und an verschiedene Käufer abgegeben, entweder jeweils eine Etage oder manchmal sogar Zimmer für Zimmer."
Gedenkplakette unter William D. Howells "kleiner Terrasse über dem Wasser" |
Das Original ist kostenlos online zu lesen unter Online-Literature unter dem Link http://www.online-literature.com/william-dean-howells/venetian-life/7/. (An dieser Stelle habe ich das Kapitel 7 verlinkt mit dem obigen Text. Um das Buch komplett zu lesen, bitte die einzelnen Kaptitel anklicken.)
Kaminzimmer zum Canal Grande, Ausstellung Sean Scully |
kel in ocker, rot, braun, Lackfarben mit Samtimpression und tie-
fem Leuchten. Selten konnte ich abstrakte Werke so genießen, die große Differenziertheit des scheinbar Einfachen.
Hier gibt es interessantes Interview mit Sean Scully in deutscher Sprache.
Ergänzung 30.6.2016: Ein Hinweis mit der Bitte um Verlinkung erreicht mich per Email: Artsy hat eine Seite für Sean Scully, der man aktuelle Informationen wie Termine für Ausstellungen entnehmen und Kontakt zu Galerien aufnehmen kann. Danke, hiermit gerne erledigt.
Wer über den Ausstellungbesuch im Palazzo Falier hinaus gehen möchte, kann dort eine der vielen venezianischen "Ferienwohnungen" mieten - mittlerweile durchaus umstritten, aber der Wohnungsmarkt in Venedig ist ein anderes Thema.
Portegofenster zum rückwärtigen Garten Ausstellung Sean Scully |
santen Gebäuden in der Stadt. Auch themen- oder personen-
orientierte Begleitungen können angefragt und abgestimmt werden über einen Klick ganz oben rechts in der dunkelgrünen Spalte.
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1 Kommentar:
Vielen Dank für den Hinweis auf Howells, den ich mir sofort gekauft habe! Ich schmökere schon mit Freude darin.
Jutta
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