5. Juli 2016

Eine ganz kleine Restaurierung

Sotoportego von der Corte Nova-Seite, April 2012

Gerade in diesem Jahr der besonders publikumsorientierten Restaurierung, der großen wiederherstellenden Restaurierung und der demnächst zu eröffnenden Mordsrestaurierung (mehr dazu in Kürze) hat auch eine sehr kleine, sehr notwendige Restaurierung unsere Aufmerksamkeit verdient. 


Kassttendecke, Schnitzaltärchen, angepinnte Bilder

Es geht um die Hausunterführung genannt sotoportego di corte Nova - wenn man vom vom rio di S. Antonin her kommt - oder sotoportego Zorzi - wenn man von der calle Zorzi kommt, bei der ich mich seit Jahren frage, ob ihr Schicksal wohl tatsächlich feststeht und sie unwiderruflich dem Verrotten überlassen ist. Dieser Sotoportego ist quasi ein kleiner Andachtsraum mit 2 geschnitzten Holzaltärchen eingefasst von kleinen Säulen, darin 2 feucht vergammelte Drucke von Madonnenportraits, handangepinnten Gebeten oder Heiligenbildchen und einer einfachen aber schönen Kassettendecke. Alle Farben verblasst bis verschwunden, die Holzteile luft- und wettergeschädigt und eben, naja, sehr alt. Die 4 originalen Bilder des Sotoportego werden seit Jahrzehnten von den Mönchen von San Francesco della Vigna, um die Ecke, aufbewahrt.  


Sotoportego von der Calle Zorzi Seite, April 2012

(Hier zu sehen als Fotofolge der "Nuova" vom 9.3.2016.)
1. Bild: Venezianische Adlige bitten die Madonna della Salute um ihre Fürbitte, unterstützt von den Pestheiligen S. Rocco und S. Sebastiano.
2. Bild: die personifizierte Venezia und weitere Frauen werfen sich im Gebet vor Jesus und der Jungfrau nieder.
3. Bild: S. Lorenzo Giustiniani betet zur Jungfrau.
4. Bild: Die genesene, geheilte Venezia betet zur Jungfrau.


Gedenktafel, auch restaurierungsbedürftig
Im Marienmonat Mai, wenn die alten Frauen von Castello abends in den verschiedenen Oratorien in täglichen Maiandachten den Rosenkranz beten, ist einer der Treffpunkte dieser Durchgang. 

Er ist der Schauplatz einer venezianischen Volkslegende, nachzulesen auf der Steinplatte auf der calle Zorzi-Seite: das Gebet der BewohnerInnen zur Heiligsten Jungfrau Maria hat die Nachbarschaft nicht nur während der Pestepidemie 1630-36, sondern auch noch bei der Choleraepidemnie 1849-55 (an der auch der deutsche Lyriker H. W. Stieglitz in Venedig starb) geschützt und die Bomben der Kriegsjahre 1917/18 fern gehalten.

Dreimal ein Wunder der Jungfrau. Wobei die Pest durch die Abwehr der Jungfrau vernichtet 'zu Boden fiel', eine rotes Pflasterquadrat aus veroneser Marmor zwischen den grauen Trachytplatten, den 'masegni', erinnert seit damals bis heute daran. (Und darf keinesfalls mit Füssen getreten werden, sonst: Unglück!)

Die Serenissima liess im 17. JH zum Dank die Salutekirche bauen, die Menschen der Nachbarschaft zwischen S. Lorenzo und S. Francesco dankten mit einem Gebetssotoportego, einem Glücksstein und einer Gedenktafel mit Nachträgen.


Mai 2016 Seiten- und Deckengerüstchen
und 3 RestauratorInnen bei der Arbeit

Ende Mai, mit Tragetüten bepackt vom Supermarkt hinter S. Lorenzo kommend, fand ich den Sotoportego zur Hälfte vollgestellt mit einem Gerüst, ein neues Wunder, auf dem sich sage und schreibe 3 Restauratorinnen bei der Arbeit quetschten, während 2 weitere vor dem Eingang Farbmischungen zusammenstellten. Niemand war gezwungen auf den Glücksstein zu trampeln, aber Maiandachten waren wohl definitiv nicht möglich. 
Es stellte sich heraus, dass Save Venice auf Basis einer Spende die Restauration finanziert und Studierende des Faches Restauration alle Arbeiten ausführen. Ist das nicht wunderbar - und weitere Spenden werden noch benötigt, die exakt für dieses Projekt eingesetzt werden. (Unter diesem Link erkennt man gut, wo sich das zu fördernde Objekt befindet, mitten im westlichen Castello, fern jeder touristischen Route.)


Sehr kleine Restaurierung, sehr kleiner Arbeitsplatz
Insofern ist dieser Eintrag auch mal wieder ein Spendenaufruf: 
Sponsorship Opportunity: Seeking funding for the restoration of the cherished Sotoportego di Corte Nova. If you would like to help, call 212-737-3141 or contact amy@savevenice.org

Für ein Riesenprojekt einen Beitrag zu leisten ist eine Sache - in Zukunft durch den restaurierten Sotoportego der Corte Nova zu gehen, dabei nicht auf den Glücksstein zu treten mit dem Wissen: ist auch dank MEINER Spende wieder so schön für die venezianische Nachbarschaft  - das ist ein besonderes Gefühl, immer wieder, denke ich.


2 weitere Restauratoren bei der Materialvorbereitung

Hier gehts weiter mit der Renovierung der Corte Nova.



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2 Kommentare:

Andreas Götz hat gesagt…

Wieder einmal möchte ich für den informativen Beitrag danken.
Aber ein Tipfehler hat sich wohl eingeschlichen:Es ist nicht der Rio S. Agostin, der ist in San Polo. Es ist der Rio S. Antonin.
cordiali saluti, Andreas

ebbonn hat gesagt…

Ups!
Mille grazie e cordiali saluti :-)