8. April 2007

Venedig mit Kindern IV

Um Kindern einen Eindruck von der Pracht, Vielfalt und langen Geschichte der Republik Venedig aber auch dem Schicksal und der Vergänglichkeit Ihrer Bemühungen und Bewohner zu vermitteln, sollte man versuchen, je nach Alter der Kinder und Dauer des Aufenthalts in der Stadt eine möglichst bunte, abwechslungreiche und umfassende Tour zu planen.
Deren Umsetzung ist eine andere Frage, denn ich persönlich habe noch nie in Venedig alle Pläne durchführen können (Renovierung, Mittagspause, oder einfach Tür zu), aber immer Ungeplantes oder mehrfach vergeblich Geplantes überraschend erlebt.
Neben der wichtigen Beobachtung des venezianischen Alltagslebens ist die Devise: grober Wunschplan und überraschen lassen, was dabei rauskommt!

Grober Besuchs-Wunschplan
1. 1-2 Türme
2. 2-4 Palazzi

3. 3-5 Kirchen
4. 2-4 Museen
5. 2-3 Inseln
6. 1-2 mal raus aus der Stadt

Das klingt nach 'Schema F', führt aber insgesamt zur oben erwähnten bunten, abwechslungsreichen und umfassenden Tour.


1. 1-2 Türme
Nahe liegend ist der Campanile auf der Piazza di San Marco. Man kann ihn auch noch abends spät besuchen, d. h. außer im Hochsommer auch im Dunkeln (!), und ansonsten ganztags, ohne Mittagspause.

Was beim Campanile von San Giorgio Maggiore nicht der Fall ist. Wegen der zweistündigen Mittagspause habe ich es noch nie nach oben geschafft, irendwann klappt es in aller Frühe, hoffe ich.

Der Uhrturm auf der Piazza di San Marco ist für Kinder wahrscheinlich
verführerisch, macht von der Höhe aber nicht viel her und die Zeit- und Sprachvorgaben sind sehr eng, ein typischer Fall von 'es ergibt sich im Vorbeigehen oder gar nicht'. (Siehe Post vom 28. Januar).
Sollte man unter den Punkten 5. oder 6. nach Torcello kommen, ist der dortige Campanile wegen der Aussicht über die Laguna Nord unverzichtbar.


2. 2-4 Palazzi
Die den Touristen zugänglichen Palazzi
haben in der Regel Museumsfunktion, aber nicht jedes Museum im Palazzo vermittelt einen Eindruck der Wohnkultur wohlhabender venezianischer Kaufleute oder Adeliger früherer Zeiten.
Dazu am meisten geeignet scheinen mir von denen, die ich bisher besucht habe:
der Palazzo Mocenigo bei S. Stae, die Ca' Rezzonico,(rechts) der Palazzo Fortuny und die
Stiftung Querini-Stampalia.

In den beiden ersten lässt sich sehr schön die horizontale Dreiteilung eines
Palastes sehen und erklären: im Parterre der große Andron (aus dem griechischen, 'Männerraum') mit kleinen Nebenräumen rechts und links als 'Garage' für Gondeln und 'Stauraum' für Waren etc., und die große Treppe, die in das Piano Nobile im 1. Stock führt. Dort mit analogem Aufbau der große Saal Portego (Empfangssalon über die ganze Länge des Gebäudes mit Fenstern zum Kanal) mit wiederum Nebenräumen links und rechts mit verschiedenen Funktionen. Je nach Bauepoche gibt es niedrige Zwischenetagen (Mezzanin) und/oder darüber folgen weitere Etagen (die älteren Häuser haben nur zwei Etagen).

Auch von außen kann man den inneren Aufbau des Palazzo gut erkennen: beim symmetrischen Palazzo der Andron mit Wassereingang in der Mitte und Fenstern rechts und links (bzw. bei Häusern für zwei Familien zwei Wassereingängen rechts und links). Im Obergeschoss der Portego mit einer großen (Bogen-) Fenstergruppe in der Mitte, meist eingerahmt, und einzelnen Fenstern oder kleineren Fenstergruppen rechts und links (links, Palazzo Mastelli in Cannaregio, mit zwei Obergeschossen, kein Mezzanin). Aber auch bei asymmetrischen Fassaden kann man gut auf das Innere eines Palazzo schliessen, dar auch dann in der Regel die Dreiteilung einer Etage bewahrt (z. B. Ca' d'Oro am Canal Grande).

In diesen vier genannten Palästen gibt es teilweise noch Original-Möbel (die nicht immer aus diesem Haus stammen müssen) und Original-Innenarchitektur (z. B. bei Mocenigo eingebaute Bibliotheksschränke, bei Rezzonico eine Apotheke) und Innenhöfe (bei Fortuny mit einer schönen Treppe in den Garten, bei Querini-Stampalia eine beeindruckende Neugestaltung des Architekten Carlo Scarpa). In allen vier Häusern gibt es Original-Kunstsammlungen und
Sammlungen, die aus anderen Palazzi im Rahmen von Sammlungsauflösungen übernommen wurden.

Die Vielfalt der Museumsfunktionen der vier Häuser reicht von alten Stoffen und Kleidungstücken bei Mocenigo und modernen kunstvollen Stoffen und Moden des letzten Jahrhunderts bei Fortuny über historische Darstellungen der Serenissima und ihrer Geschichte bei Mocenigo und Querini-Stampalia (wo auch kostenlose Führungen angeboten werden) bis zu einer reichen
Sammlung der Kunst des 18. Jahrhunderts bei Rezzonico (hier hängen die beiden einzigen Canaletto-Werke, die es in der Stadt noch geben soll).

Zum Aufbau der venezianischen Palazzi und ihren ehemaligen Kunstsammlungen bitte die Website der Bundeskunsthalle Bonn besuchen und dort wie folgt weiterklicken:
Ausstellungen, Ausstellungsrückschau, 27.9.2002-12-1-2003: Venezia! Kunst aus venezianischen Palästen.

Ein direkter Link ist seitens der BKH nicht möglich.
16.04.07: Doch ein Direktlink dank des Kommentars von Helfried.


3. 3-5 Kirchen
Da gibt es nun die Riesenauswahl! Im Prinzip kann man mit Kindern in jede Kirche gehen, einfach um 10 Minuten die Füsse auszuruhen, die Stille und angenehme Temperatur zu genießen und sich überraschen zu lassen, was es alles zu sehen gibt.

Aber für die gezielte Besichtigung schlage ich vor:
San Zaccaria, Santa Maria della Salute,eine der beiden großen Kirchen Frari und Zanipolo und die Miracoli (siehe Cannargio I).

San Zaccaria wegen der Architektur insgesamt, des Altarbildes von Bellini auf der linken Seite ('Sacra Conversazione' mit dem zart gehobenen Fuss des Babys Jesus über der Hand seiner Mutter) und wegen der Sakristei auf der rechten Seite (extra Eintritt, zu zahlen bei dem kleinen Tisch, der vor der Tür steht) mit beeidruckendem Wandbildern und geschnitztem Chorgestühl. Dieser Raum ist in der Morgensonne besonders überwältigend beleuchtet durch die großen Fenster aus gelbem Glas.
Durch den Nebenraum gelangt man in einen Gebäude-
teil, der noch zur Vorgänger-
kirche aus byzanti-
nischer Zeit gehört, insbesondere über eine enge Treppe in eine unterirdische dreischiffige Krypta, in der Grundwasser steht, das man auf Steinplatten überquert. Feucht und schummrig und einmalig in
Venedig!
(Foto ohne Blitz. Kind und Frau kann in der Krypta stehen, Mann je nach Größe schon mal nicht.)


Santa Maria della Salute schlage ich vor wegen ihrer ungewöhnlichen Architektur, Innengestaltung und exponierten Lage, verbunden mit ihrer erzählenswerten Gründungsgeschichte als Dankopfer für das Ende einer Pestepidemie.

Eine der beiden großen Kirchen sollte man mit Kindern sehen wegen der vielen
Dogengräber (vor allem in Zanipolo) (rechts), der außergewöhnlichen Kunstschätze (vor allem in der Frari) der schönen Seitenaltäre und weiterer unerschöpflicher Entdeckungen, z. B. einem Dogenthron und dem Fuss der hl. Katharina (Zanipolo) oder dem Grab des höchstgeschätzten Claudio Monteverdi und der in der Wand steckenden Granate aus dem 1.Weltkrieg (Frari).

Diese fünf Kirchen liegen zentral und sind gut zu erreichen (Reiseführer!).

San Zaccaria und Salute haben auf jeden Fall über Mittag geschlossen, die Miracoli, Frari und Zanipolo gehören zur Vereinigung 'Chorus' (siehe Cannaregio I) und sind über Mittag geöffnet, da jemand im Kassenhäuschen
sitzt.





2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Als direkter Link zur Venezia Ausstellung der Kunsthalle funktioniert bei mir in Firefox:
http://www.kah-bonn.de/index.htm?ausstellungen/venezia/index.htm

Helfried

B. Eckert hat gesagt…

Danke Helfried!
Ich habe heftig rumgelinkt, aber nicht geschafft...