6. April 2012

CHORUS - 16 Kirchen in Venedig

CHORUS-Kirche S. Sebastiano, Eingangsportal

CHORUS
ist die Vereinigung von 16 venezia-
nischen Kirchen zum Zweck der Erhebung von Eintritts-
geldern.




Mir ist seit über 10 Jahren schleierhaft wieso gerade diese 16 Kirchen? Und nicht andere? Oder alle? Denn die Mehrheit der Kirchen Venedings sind eintrittsfrei. Sofern sie nicht dauerhaft geschlossen sind. Und es gibt mindestens zwei weitere Kirchen, die ebenfalls Eintritt nehmen, aber nicht CHORUS angehören (Santi Giovanni e Paolo/Zanipolo und Santa Maria Assunta auf Torcello, wobei die letztere als Sonderfall zu sehen ist, da quasi ein reines Museum. Gottesdienste finden in der benachbarten Santa Fosca statt.)

Ich finde keine gemeinsamen Nenner, die auf diese 16 Kirchen und nicht auch auf andere zuträfen. Jede ist auf ihre besondere Art absolut besuchenswert. Jede hat ihre Geschichte und Kunstschätze. Vermutlich liegt die Lösung des Rätsels irgendwo irgendwann in der Geschichte der Vermarktung Venedigs bzw. des Fundraisings begraben.

CHORUS-Kirche S. Maria dei Miracoli

Der Normalpreis für den Besuch einer einzelnen Kirche ist 3,- €, was beim Besuch aller Kirchen nicht wirklich bescheidene 48,- € wären, aber es gibt den CHORUS-Pass für 10,- gültig für den einmaligen Besuch aller 16 Kirchen und ein Jahr. Man wird beim Kauf eines Einzeltickets IMMER gefragt, ob man nicht lieber einen CHORUS-Pass haben möchte. Sehr günstig offensicht-
lich, aber in der Praxis entpuppt sich das als eine sc
höne Marketingidee, denn diese 16 Kirchen verteilen sich über das gesamte Stadtgebiet. Bei einem Aufenthalt von 3-5 Tagen ist das viel Rennerei und Logistik, wenn man auch noch andere Aktivitäten plant.
Auf der anderen Seite: schon wenn man 4 Kirchen "im Vorbeigehen" besucht, hat man einen Preisnachlass erzielt.
WENN man denn
immer schön aufpasst und mitbekommt, dass man vor einer CHORUS-Kirche steht, für die man den Eintritt schon entrichtet hat.

CHORUS-Kirche S. Pietro di Castello (Rückseite)
Vor zehn Jahren noch bekam man mit dem CHORUS-
Pass ein labbriges Informationsblättchen, das die Kirchen nicht sehr hilfreich auflistete, im letzten Jahr fand ich zum ersten Mal in einer der Kirchen ein festes Hochglanzfaltblatt, das (neben der Werbung zur Finanzierung der Druckkosten) auf einem ordentlichen Stadtplan die CHORUS-Kirchen gut kenntlich macht sowie Museen, Scuole und weitere Kirchen.



CHORUS-Kirche S. Maria Gloriosa dei Frari, Kreuzgang
Die Website, auch noch neu und ein echter Fortschritt, könnte der Vor- und Nachbereitung besser dienen, wenn sie ewas detaillierter programmiert wäre.

Unter dem Menüpunkt "
churches" gibt es Kurztexte und Fotos zu den einzelnen Kirchen, unter dem Menüpunkt "artisti e opere" (denn ab hier geht es in italienischer Sprache weiter) kann man Kunstwerke aufrufen per Eingabe der Kirche, des Jahrhunderts, des Kunsttyps. Das Ergebnis ist eine Beschreibung des Standortes leider ohne Eintrag auf dem eingeblendeten Plan der Kirche und des Kunstwerks leider ohne Foto. Leute! Nutzerfreundlich ist anders.

Unter "itinerari consigliati" werden die Kirchen nach den 6 Sestiere sortiert, auch in englischer Sprache, was wirklich hilfreich ist, wenn jemand die CHORUS-Kirchen möglichst komplett abarbeiten möchte.


CHORUS-Kirche Madonna dell'Orto, Rückseite

Grundsätzlich finde ich es richtig, dass wir Touristen uns am Erhalt der venezianischen Kunstschätze beteiligen. Auch die Kirchen sollen ihre Kostbarkeiten nicht kostenlos herzeigen, Marketingmätzchen hin oder her.

Das CHORUS-System hat außerdem den Vorteil, dass diese Kirchen zuverlässig geöffnet (!) sind, was das Letzte ist, das man von vielen der Nicht-CHORUS-Kirchen behaupten kann. In der Regel Montag - Samstag, 10-17 Uhr, Ausnahmen unter hours.

Was wiederum nicht heißt, dass alle Kirchen vor und nach den CHORUS-Öffnungszeiten geschlossen sind, denn bis auf San Stae sind sie normal im Dienst und Funktion einer Pfarr-
gemeinde. Dann allerdings gibt es keine Öffnungsgarantie, aber man darf kostenlos beten und sich noch einmal das eine oder andere Detail ansehen.




CHORUS-Kirche S. Maria dei Miracoli

Eigene Websites von CHORUS-Kirchen mit Öffnungs- bzw. Gottesdienstzeiten:

Santa Maria Formosa
Santa Maria dei Miracoli
Madonna dellOrto
Santa Maria Gloriosa dei Frari
Sant'Alvise





2 Kommentare:

Jutta hat gesagt…

Der Chorus-Pass ist übertragbar, und da es in meinem Bekanntenkreis viele VenedigfreundInnen gibt, machen wir es so, daß eine/r einen kauft und den angefangenen weitervererbt, etc. der letzte muß dann wieder einen neuen kaufen. Das gleiche Prinzip funktioniert bei den sechs Monate gültigen Museumspässen, da ist es aber bei einer geerbten Karte immer sehr spannend, was noch drauf ist, da viele Museen jetzt die Karten elektronisch verwerten. Der vorherige Inhaber muß also akribisch Buch führen. Macht aber Spaß, und so kommt man wirklich kreuz und quer durch die Stadt und über die Inseln.

Andreas Götz hat gesagt…

Auf den ersten Blick wirklich verwirrend, welche Kirche zum Chorus-Paß gehört und welche nicht. Chorus ist ein Verein, dem eine "Kirche" beitreten kann, aber nicht beitreten muß. Überwiegend sind es touristisch interessante Kirchen von Pfarrgemeinden, die sich eine tägliche Aufsicht sonst nicht leisten könnten. Und da zum Teil sehr wertvolle Werke in den Kirchen sind, ist eine Aufsicht unverzichtbar. Kirchen, die keine ausreichenden Besucherzahlen erwarten, werden nicht beitreten oder nicht beitreten können, da ihr Beitritt ein Zuschußgeschäft wäre.
SS. Giovanni e Paolo hat früher höheren Eintritt genommen als Chorus und hat hohe Besucherzahlen und der Torcello-Tourist hat eh keine andere Wahl als zu zahlen. Also gehören sie nicht dazu. San Giorgio finanziert sich durch den Turm. San Rocco durch die Scuola. San Marco ist Bischofskirche und nimmt Eintritt für Terrasse und Museen. Auch die Salute gehört als Votivkirche mit kleiner Gemeinde vermutlich zum Bischof.
Die übrigen etwas 80 Kirchen sind touristisch meist weniger interessant.
Wenn ich überlege, wie wenig Besucher ich manchmal in San Alvise oder Madonna dell Orto oder San Pietro gesehen habe, denke ich nicht, daß mit dem Projekt schon irgendjemand reich geworden ist.