10. Juni 2012

Termine 2012/5 - mehr Kultur im Sommer 2012 in Venedig

'Paliotto' in der Sakristei der S. M. Assunta in Malamocco

Damit die beiden Einträge zu Kulturterminen vom Jahresanfang ( Musik, Theater, Ausstellungen  und Traditionelle & religiöse Feste), mehrfach ergänzt, nicht ganz überschwappen, gibt es eine sommerliche Auffrischung, bunt gemischt.

Die Festa Sant'Antonio findet in der aktuellen Woche bis 16.6. statt, rund um San Francesco della Vigna, mit täglichem Programm. Vaporettohaltestelle Celestia, deshalb leicht zu erreichen, auch wenn es in der allerletzten Ecke von Venedig zu sein scheint.

Programn der Festa S. Pietro di Castello 24.6. - 1.7.

Das Madonnenfest in Malamocco findet am 2. Wochenende im Juli statt, siehe dazu auch den Malamocco-Eintrag  vom August 2011. Ich war kürzlich wieder in Malamocco und wurde eigens darauf hingewiesen und eingeladen. Die Dorfbewohner sind stolz auf ihr Fest, und es gibt die seltene Gelegenheit, in der Sakristei die dort aufbewahrte Holzpala von Anfang 1400 zu bewundern. Der "Paliotto" von Paolo delle Masegne zeigt die Assunta umgeben von 12 Heiligen (auch meine Nachfrage: Heilige, nicht Apostel) und den segnenden Christus.Er soll eines der herausragenden Kunstwerke dieser Zeit des ganzen Veneto sein.
Die in der Prozession präsentierte Madonna wird nur für diese Gelegenheit angezogen und aufgebrezelt, normalerweise ist sie eine schlichte bunt bemalte Holzstatue am ersten Altar rechts wenn man in die Kirche kommt.

Ausstellungen, die noch bis in den Juli laufen:

Casa dei Tre Oci
Die Casa dei Tre Oci auf der Giudec-
ca, vor einem Jahr im Herbst wieder eröffnet, ist ein span-
nendes Gebäude mit optischen Bezügen zum Dogenpalast gegenüber, wohlduftend nach frischem Holz durch Parkett in allen Räumen und einem sehr schönen Holztreppenhaus, mit insgesamt gelungener Renovierung  und einem rasanten Blick auf das Bacino/die Dogana/das ganze Gebäudeensemble um den Dogenpalast herum. Die aktuelle Fotoausstellung mit ausschließlich Werken von Elliot Erwitt gefällt mir sehr gut, z. T. sehr witzig, ist aber NICHT kostenlos, sondern der Eintritt beträgt 8 €. Ist aber in Ordnung aus meiner Sicht, da die Neugier auf das Haus mit befriedigt wird und der fotogene Blick über das Bacino im Preis enthalten ist.

Im Museo Palazzo Fortuny laufen noch die beiden Ausstellungen des Frühlings. Die Wachsportraitsausstellung fand ich sehr beeindruckend, auch die ausliegenden Bücher zum Thema, die man nicht übersehen sollte. Die Ausstellung der Modewerke von Diana Vreeland, eigentlich nicht mein Ding, war dann aber doch nicht ohne, vor allem die alten Originale von Designern und Kostümbildnern der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts (ein wildes 'Kopfkleid' von Jean Cocteau!).
Derzeit wird das Dachgeschoß umgebaut, ich bin gespannt, und nach einer 3monatigen Ausstellung im Herbst ist ab Dezember die Wagner-Fortuny-Ausstellung an der Reihe.

Aktuelle Ausstellungen der Guggenheim Foundation bis Mitte September.

Die Ausstellungen der Pinault-Foundation im Palazzo Grassi und in der Dogana (laufen 2 Jahre jeweils von Biennale zu Biennale) habe ich mir jetzt beide wieder angesehen, eigentlich vor allem wegen der Einzelausstellung von Urs Fischer im Palazzo Grassi. Und fand wieder höchst ärgerlich, bei Pinault den Status quo des weltweiten KunstMARKTES zu erleben, nicht mehr. Die hier vorgeführte Reduzierung der Bedeutung von Kunst auf ihren Marktwert ist mir unappetitlich, in beiden Häusern, und das ahnungslose, arrogante aber elegante Personal geht mir auf den Zeiger. Keine Empfehlung von meiner Seite.

Wachsportraits im Palazzo Fortuny
Im Museo Correr gibt es die Ausstellung zur Geschichte der Insel San Michele (vor ihrer Umwidmung zur Friedhofsinsel). Ich hätte sie gerne gesehen, auch, weil es um den bisherigen und weiter geplanten Ausbau des venezianischen Friedhofs durch David Chipperfield geht, aber die Schlange stand bis zum ersten Treppenabsatz herunter (!) und so eine vollgestopfte Ausstellung tue ich mir nicht an. Es mag daran gelegen haben, dass es der 2. Juni und ein Feiertag war.

Zusätzliche Konzertprogramme des Sommers

Monteverdi und Vivaldi Festival 2012 (Konzerteintritt 20,- bzw. 10,- für Studierende)
2. Orgelfestival Gaetano Callido, 2012 (kostenlos), in der Kirche der Carmini, in S. Trovaso und in Sant'Elena (das ist nun wirklich ganz weit draußen...)
Konzerte des Konservatoriums Marcello Achtung! bei den Konzerten 12.,15., 19. und 27.6. wird vor der Veranstaltung eine Führung durch den berühmten Palazzo Pisani angeboten, in dem sich das Konservatorium befindet. Eine seltene Chance, die man sich nicht entgehen lassen sollte. (Konzerteintritt: 20,- bzw. 5,- für Studierende)

Keinesfalls verpassen: die 2. Artnight am 23.6.! Die erste Artnight 2011 war wunderbar, ich habe es sehr genossen, die lange helle Mittsommernacht von Angebot zu Angebot, offener Tür zu Kunstevent durch ganz Venedig zu wandern.



Ergänzungen

15.06: Sportlich-kulturelle Sommerangebote auf dem Lido und auf Pellestrina Juni-September Lidi in Festa 2012 (Programm zum Herunterladen)

29.06: Neue Sommeröffnung des Palazzo Ca'Corner della Regina! Das Haus wurde im letzten Winter von der Fondazione Prada gekauft. Die Sommerausstellung 2011 war die erste und endete Anfang Oktober. Die diesjährige Ausstellung läuft vom 6.7. bis 25.11. Nach der Erfahrung 2011 empfehle ich den Besuch sehr.

30.06.: die kaiserlichen Sääle im Museo Correr (sprich die Kaiserin-Sissi-Räume) werden nach langer Renovierung wieder eröffnet, am 10. Juli

04.07: Palazzo Grimani - Ausstellung ab 13. Juli aus dem Archiv des venezianischen Circolo Fotografico La Gondola.

10.07: Venezia Jazz Festival 2012 30.7.-3.8. Ärgerlich: Gilberto Gil in einer venezianischen Sommernacht im Fenice, festgetackert auf einem der kleinen Stühlchen statt hüftenschwingend auf einem Campo open air! Das ist eine unverständlich dämliche Idee des Tourveranstalters.

20.07.-05.08: Venice Sherwood Festival im Parco San Giuliano auf der Mestre-Seite der Ponte della Libertà

28.07.: Musikalischer abendlicher Bootsausflug auf dem Canal Grande "Serata a Remi" (Ruderabend) ab 10:30 Uhr, Campo S. Vio (zwischen Accademia und Guggenheim)
Plan der Begleitung zu Fuß für NichtruderInnen bitte anklicken unter "View map of programmed stops"

29.08.-29.11.: Ausstellung Carlo Scarpa - Venini 1932-1947,  Fondazione Cini auf der Insel S. Giorgio Maggiore.

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7. Juni 2012

Vogalonga, alles rudert...

...und die Unsportlichen stehen am Ufer und machen Bilder. Ich auch, eher ungeplant zum Vogalongatermin am 27.5. passend in der Stadt. Ein glücklicher Zufall.



Die Einstimmung auf das Ereignis findet schon um 8 Uhr morgens an der Vaporettohaltestelle Orto statt, als ein Drachenboot auf dem Weg zum Start im Bacino um 9 durchfährt. Die ältere Venezianerin, die mit mir wartet, gerät bei seinem Anblick aus dem Häuschen wie eine Kölnerin an Weiberfastnacht um 11:11, und hört nicht mehr auf ihre wunderbare Stadt zu bejubeln bis das Vaporetto kommt.

Eine junge Venezianerin in rot-weißen Vereinsfarben springt noch mit aufs Boot, wir fahren beide 3 Stationen bis Celestia. Ich um von dort zu Fuß an der schmalsten Stelle der Stadt in ein paar Minuten vom Nordufer ans Bacino zu kommen, sie um mit ihrem Club von San Francesco, Clubhaus in der äußersten nordwestlichen Ecke innerhalb der Arsenalmauern, zur Vogalonga anzutreten. Sie rät mir, nicht am Canal Grande, sondern unbedingt am Canale di Cannaregio das Ende der Regatta erwarten, gegen Mittag wenn die Boote eintreffen. Und ja, es gehe bei der Vogalonga ums Dabeisein, nicht ums Gewinnen, trotzdem versuchten die venezianischen TeilnehmerInnen, möglichst als Erste anzukommen, weniger aus Ehrgeiz als aus Zeitersparnis... was ich vier Stunden später begreifen soll.
Wir passieren das blumen- und fahnengeschmückte Bootshaus des hellbau-weißen Ruderclubs der Querini zwischen Ospedale und Celestia, Hochstimmung dort, Boote werden zu Wasser gelassen, sie haben es nicht weit zum Bacino durch den Rio S. Lorenzo. Ein schöner erster Akt der Vogalonga, ich freue mich.

Das Becken ist kurz vor 9 Uhr voller Boote, ca. 1800 Boote sind angemeldet, heißt ca. 7200 RuderInnen, davon fast 4000 aus dem Ausland (und entsprechend ist der Büroverkehr in der Anmeldestelle im Obergeschoß des Fischmarktes am Rialto bis zum Samstag). 

 

Man glaubt nicht, wie viele Arten von zu rudernden Booten es gibt, unterschiedliche Weisen zu rudern und zu steuern, Besatzungsstärken von Einern bis zu über 10 Leuten auf einem Boot, Besatzungen die wie aufs Boot gequetscht wirken trotz breitbehäbigem Bau, Besatzungen, die jede Arm- und Beinfreiheit haben aber auf einem Lineal zu sitzen scheinen; und dann die vielen EinzelruderInnen, die Wasserflaschen und Obst rund um ihren Sitz befestigt haben, einer sogar eine Kamera auf der Stirn.
Und natürlich die venezianische Armada der Ruderclubs mit diversen Lagunenbooten, und die Gondeln, die mir zum ersten Mal nicht elegant, sondern riesig und schwer vorkommen, gerudert von nur einer Person, im Vergleich zu den schmalen leichten Pfeilen mit 4 oder 8 Leuten Besatzung. Ich sehe beeindruckend viele alte RuderInnen, vor allem bei den Einern, ein Sport, den man bis ins hohe Alter und als EinzelgängerIn nach persönlichen Wünschen ausüben und gestalten kann. 

Um 9 Uhr höre ich aus Richtung der Piazzetta sehr leise, denn ich stehe auf Höhe von S. Giovanni in Bragora, die San Marco-Hymne, beim letzten Akkord kommt der Kanonenschuss zum Start von der Insel S. Giorgio Maggiore. Die GLocken von San Marco läuten. Die riesige Menge von Booten und Menschen bewegt sich zügig aber ohne jede Hektik, vielstimmig übers Wasser rufend aber ohne Lärm nach links Richtung S. Elena. Trotz der enormen Wasserfläche des Bacino dauert es gut 15 Minuten bis alle Boote raus sind, abgesehen von nachziehenden Individualisten in nicht geringen Mengen. Aber es geht ja nicht ums Gewinnen!
Ein schöner und erhebender zweiter Akt der Vogalonga, wunderbarer Anblick des Beckens voller Boote, beeindruckende Ausstrahlung der SportlerInnen an Land und zu Wasser in meiner Nähe in Erwartung des Starts.

Drei Stunden später treffe ich am Canale di Cannaregio zwischen den Brücken Guglie und Tre Archi ein, jetzt ist der Lärm schon von weitem zu hören, die ersten Boote sind bereits durch, der Jubel der ZuschauerInnen am Ufer und an den Tischen der Ufertrattorien, auf Brücken, an den Fenstern ist groß. Die RuderInnen strahlen unterschiedliche Pegel von Adrenalin, manche auch Erschöpfung aus, die Begeisterung teilen sich alle. Die VenezianerInnen werden per Namen oder Namen des Ruderclubs begrüßt und Fremde werden bewußt herzlich in den Empfang einbezogen, sind teilweise ganz überrascht vom Begeisterungstaumel der venezianschen ZuschauerInnen. Um 12 Uhr läuten die Kirchenglocken, wie beim Start. Die Sache hat sehr viel von Karneval, "dr Zoch kütt" und jeder ist dabei. Eine französische Universtiätscrew singt die Marseillaise, die Ruderer des hellblau-weißen Clubs der Querini grüßen mit erhobenen Rudern.


Weitere Videos:
http://youtu.be/VCqhBxi_b78

http://youtu.be/42z03nAQh9o
http://youtu.be/Z3OwoyXwMck  
http://youtu.be/SUvYownbGB0

Nach kurzer Zeit wird die Folge der einlaufenden Boote immer spärlicher statt dichter wie zu erwarten und es scheint sich etwas zu tun an der Tre Archi, ich gehe nachsehen und finde den Stau des Jahres (vermutlich jeden Jahres):  1800 Boote kommen leicht aus dem großen Bacino raus, aber nur schwer durch einen Kanal, geschweige denn eine dreibogige Brücke wieder rein.
http://youtu.be/8NPl3nCmg6c
Vor allem, wenn die beiden Seitenbögen entgegen der polizeilichen Tagesordnung durch die Boote von Anwohnerparkern versperrt sind.

Und hier zeigt sich die eigentliche sportliche Herausforderung der Vogalonga: sich so zu verhalten, dass nicht nur das eigene Ziel erreicht wird, sondern in höchstmöglichem Maße um-, vor-, nach-, weit-, rück- und voraussichtig, dass man auch keine anderen RuderInnen daran hindert. 

Ich wundere mich immer noch, dass sich das Chaos nach und nach lichtete. Ich saß auf der Bank der Haltestelle Tre Archi bis 14:30 und durfte ehrlich staunend eine hochkonzentrierte Demonstration menschlichen Sozialverhaltens beobachten.
Von arroganten, autoritären und sogar tückischen Aktionen über Freundlichkeit, Ruhe, Zurückhaltung und gegenseitiger Unterstützung und Hilfsbereitschaft bis hin zu herausragenden Situationen in denen RuderInnen ihre eigenen Interessen zurückstellten um andere zu ermuntern, voranzubringen, Konflikte zu lösen, Stimmung und Humor hochzuhalten und sich und anderen die Freude an diesem Erlebnis nicht kaputt machen zu lassen. Manche halfen sich einfach selbst "Kommt, mir trinket erschd oiner, da vorne isch Kadaschdrofe pur..." , andere waren der Verzeiflung nahe. Vor allem junge Teamruderinnen, die sicher gute Sportlerinnen und von der Strecke nicht überfordert sind, waren es von dieser Ausnahmesituation. Kopflosigkeit und Stress verstärken sich offensichtlich, wenn man gegen die Fahrtrichtung sitzt. Es gab hervorragende Steuermänner/frauen, die ihr Team mit Überblick und sehr präzisen Befehlen dirigierten, und stauunerfahrene Steuerleute, die ihr Boot gnadenlos ins dickste Knäuel schoben.



Für ZuschauerInnen wie mich, die in dieser Situation ohne schlechtes Gewissen beim besten Willen nicht helfen können, eine hochinteressante Beobachtungssituation, die auch um 14:30 noch nicht aufgelöst war, deren Ende sich aber abzeichnete, weil der Zulauf zum Stau immer geringer wurde. Ein schöner, fröhlicher aber auch schwieriger dritter Akt der Vogalonga.

Und ich habe verstanden, warum die venezianischen TeilnehmerInnen als erste durch den Canale di Cannaregio wollen: vor dem Stau ankommen und rechtzeitig zum Mittagessen.


Unter diesem Link gibt es weitere Details und einen stimmungsvollen Zusammenschnitt von Eindrücken der Vogalonga 2012: http://www.vogalonga.it/


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31. Mai 2012

Erdbeben in Norditalien

Seit Freitag, 25.5. bin ich in Venedig. Ich kann, toitoitoi, mitteilen, dass sich in Venedig seismische Aktivitäten in Grenzen halten. Und hoffe für die Stadt und ihre BewohnerInnen, dass das so bleibt. Denn wir Touristen können ja unseren Koffer nehmen und zurück in unser intaktes Heim gehen.

Es gab Erdstöße in den letzten Tagen. Im Giardino Papadopoli fiel eine Statue um, weshalb die Durchquerung des Parks eingeschränkt sein soll (ich war nicht da). Es gibt kleinere Gebäudeschäden an den Kirchen S. Geremia e Lucia, S. Simeono piccolo, S. Andrea und am Palazzo Labia,  (alle in der Nähe des Bahnhofs) und an der Kirche S. Salvador. Die Schulen werden aus Sicherheitsgründen auf eventuelle Schäden überprüft.
Alles nicht zu vergleichen mit den Erdbebenschrecken auf der Terraferma. Ich weiss nicht, wie weit die Lagune "puffert", fest steht jedenfalls, dass man kein Erdbeben spürt, wenn man auf einem schwankenden Vaporetto oder Traghetto steht.

Am 29.5. war ich in Mantua und erlebte ein Beben von Richter 5,+ morgens um 9 Uhr in einem Cafe auf der Piazza Erbe, das sich wiegend-rollend anfühlte, weder stoßend noch laut war, wenn auch die Lampen weit schwangen und alles schreckensbleich auf die Piazza rannte. Erst 30 Minuten später, im Archivio di Stato, als mir gerade die bestellten Dokumentenordner an den Arbeitsplatz geliefert wurden, kam die Feuerwehr mit dem Ergebnis: sofortige Evakuierung des Gebäudes, frische Mauerrisse in der 5. Etage.

Zur gleichen Zeit wurden sämtliche Museen der Stadt, Palazzo Ducale, Palazzo del Te etc. erneut für BesucherInnen gesperrt. Sie waren nach den vorherigen Erdbeben in der Emilia erst seit Samstag wieder teilweise zugänglich. Büros in den mittelalterlichen Gebäuden wurden geschlossen wie auch alle Schulen, kleine Kinder wurden klassenweise ins Freie geführt, Polizei und Feuerwehr fuhren vor, spannten rotweisse Bänder, vor der Kirche S. Barbara weite Absperrungen, weil die Laterne der Kuppel schief hing und jeden Moment abzustürzen drohte (was gegen Mittag leider auch passierte).

Nach der Besichtigung einiger Kirchen (hier schenkte man sich Vorsichtsmaßnahmen und Schließung) erwischte mich auf dem Bahnsteig, wartend auf den Zug nach Verona, um 13 Uhr das zweite Richter 5,+: erst rollte der Boden, dann schwankten die Metallpfeiler, die die Überdachungen der Bahnsteige tragen, dann schwangen die Metalldächer, sehr beeindruckend. Danach war die Bahnverbindung zwischen Mantova und Verona unterbrochen (ich vermute, gerissene Oberleitungen) und ich konnte den Zug Verona-Venedig nur per Taxi erreichen. Wie die Hundertschaften von FahrschülerInnen weiterkamen die den Bahnhof zu diesem Zeitpunkt bevölkerten, weiss ich nicht.

Wer also derzeit die Kunststädte der Emilia Romagna besucht, muss mit weitgehenden Schließungen rechnen, die einerseits dem Schutz der Angestellten und BesucherInnen dienen, andererseits auch notwendigen archäologischen Prüfungen eventueller Schäden der kostbaren historischen Gebäude. Man sollte sich ggfs. vorher im Internet oder telefonisch informieren. Alle Museen haben Websites die Informationen und Kontaktadressen zur Verfügung stellen.

In Venedig gibt es bisher keine Schließungen oder Gefahr, business as usual, wobei es hoffentlich bleiben wird. Die Institutionen auf der Insel S. Servolo nehmen 10 obdachlos gewordene Familien auf, das sollte noch erwähnt werden.

Mantova, S. Barbara, beschädigte Laterne auf der Kuppel
kurz vor dem Absturz

20. Mai 2012

Der arme Giuggiolo...

... hat den Winter nicht geschafft. Ich bin traurig. Er war so eine Freude und mein einziger Venezianer.
(
Eintrag vom August 2010)

Der arme tote Giuggiolo trägt als letzten Dienst den Winterknödel, den die Meisen während ihrer Brutpflege auf der Terasse noch aufessen

 
Glyzinenpergola im Hotel Casa Boccassini
Dieser sogenannte "milde" Winter hat in wenigen saukalten Tagen alle meine Mediterranen auf der Terasse dahingerafft, den Granatapfel aus Naxos, die Akazien von Kythira, die Trompetensträucher von der Peloponnes. Ich habe in unsinniger Hoffnung bis zu diesem Wochenende gewartet, ob sie nicht vielleicht doch noch austreiben? (Man konnte mit freiem Auge sehen, dass das wohl nichts mehr wird...)
 
Die Paternosterbäume, im letzten Sommer gezogen aus Samen, die ich aus Nauplio im November 2010 mitbrachte, waren noch klein genug, um die kurze kalte Zeit auf dem Esstisch zu verbringen und gerettet zu werden. Zusammen mit der schon großen Zitrone, die in jedem Jahr eine wochenlange Schildlausbehandlung braucht nach dem Überwintern in der für sie viel zu warmen Wohnung.
Sie sind in diesem Jahr meine einzigen Mittelmeergäste neben Kastanie, Apfel, Ahorn, Birke, denen Frost natürlich wurscht ist. 


Als kleinen Trost habe ich mir gestern zwei Glyzinien gekauft, denn Venedig im April war ein über-
raschender Rausch von süß und lieblich duftenden Glyzinien (italienisch Glicini, venezianisch Glissini), hängend in Pergolen, über Kanälen und Gartenmauern. Ein Traum in Zartlila vor ockerfarbenen Mauern und über grünem Wasser. 



Am Rio di  S. Caterina in Cannaregio



15. Mai 2012

Canaletto im Palazzo Grimani

Der Palazzo Grimani zeigt derzeit bis zum 1. Juli eine sehr schöne Ausstellung,  Canaletto
'Il Quaderno Veneziano'


Basierend auf dem "vene-
zianischen Heft", seinem Skizzenbuch, und beein-
druckenden Beispielen für die Ausar-
beitung der Skizzen bis hin zu den endgültigen großen Gemälden. 
Die wurden aus diversen internationalen Museen und Privatsammlungen herbeigeschafft und es ist eine wirkliche Freude, in Venedig viele und differenzierte Werke Canalettos zu sehen. 
Meines Wissens gibt es normalerweise nur drei in seiner Stadt - zwei in der Ca' Rezzonico und eines im Museo Correr, und man muss auch immer damit rechnen, dass sie auf Reisen und nicht zu sehen sind.

Es gibt eine Camera obscura zum Ausprobieren (außerhalb der abgedunkelten Ausstellungen, in einem hellen Raum des Palazzo Grimani) und mehrere zum Ansehen aus seinem persönlichen Gebrauch.

Detail der Deckenbemalung im Apollo-Raum

Außerdem eine sehr interessante Dokumentation über die Perspektiven der Skizzen zu den Gebäuden entlang des Canal Grande.
(Leider keine Photos aus der abgedunkelten Ausstellung und keine Erlaubnis des Verlages erhalten, Seiten aus dem Skizzenbuch Canalettos/Ausstellungskatalog hier zu reproduzieren.)

Die Ausstellung ist übersichtlich, will heißen weder riesig noch überladen. Was angenehm ist nach den drei parallelen Ausstellungen im letzten Sommer/Herbst, die den ganzen piano nobile des Palazzo gut ausfüllten. Bis auf den Apollo-Raum und den Raum mit dem Hieronymus-Bosch-Triptychon war alles vollgepackt.
 
Marmorportal
Die Canaletto-Ausstellung erstreckt sich auf den großen Saal im piano nobile und die Räume links und rechts der Treppe, die hinauf führt. 

Alle anderen Räume des Palazzo sind im Normal-
zustand, d. h. leer bis auf wenige Skulpturen, weshalb Fresken und Wandmalereien, marmorne Portale, Kamine und Fußböden besonders eingehend und ohne zuviel Drumherum bewundert werden können. 


Man sollte nach dem Besuch der Canaletto-Ausstellung deshalb unbedingt die Runde durch die ganze Etage machen und sich nicht von den leeren Räumen irritieren lassen. 
Die Restauration dieser ehemals völlig verrotteten Räume ist eine bewunderswerte Leistung, die mich bei jedem neuen Besuch einfach hinreißt.


Kassettendecke


11. Mai 2012

America's Cup - Segeln in und vor der Lagune

3 Fotos von der Segelregatta in der Laguna Nord am 25.4.2012

 
Zum ersten Mal wird ein Teil des America's Cup in der Lagune von Venedig und davor, in der Adria, ausgetragen. Es geht um die 34. Auflage dieser Regatta vom 12.-20. Mai und das ist mal eine Sportart von der ich absolut gar keine Ahnung habe. 

Ich bin in der Lage, die Ästhetik eines Segelschiffes zu bewundern, was genau da auf dem Wasser passiert bleibt mir ein Rätsel. Am Fest von S. Marco, 25. April, fand entlang der Nordküste der Stadt eine Regatta venezianischer Segelclubs statt, wunderschöner Anblick der farbigen Segel, aber eine mir fremde Aktivität, außer Tretboot, schwedischem Kanu und griechischem Kaiki habe ich noch kein Wasserfahrzeug selbstständig bewegt und schon gar nicht um die Wette.



Die Wettkämpfe finden im Bacino statt und vor dem Lido, am Sonntagnachmittag gibt es eine Begrüßungszeremonie auf dem Lido, wer interessiert ist an diesem Thema findet weitere Informationen unter den folgenden Links.


Nachtrag am 13.5.: Live stream aus dem Arsenale

Teile des Arsenals werden für das Publikum zugänglich sein, siehe Programm im 4. Link von oben, das sicher aktuell ergänzt wird und auch einen ordentlichen Plan enthält. Die Insel La Certosa und Vento di Venezia mit seiner großen Marina und der Reparaturwerft sind in die Sache involviert, ein kleiner Besuch zu Besichtigungszwecken ist während der America's Cup Tage wahrscheinlich noch interessanter als normalerweise. 
Im Padiglione delle Navi

Der Hauptgrund für diesen Eintrag ist meine Vermutung (nur Vermutung! aber gestützt durch den Plan des Arsenals siehe oben), dass anläßlich dieser Veranstaltung wieder einmal das Museo Storico Navale seinen großartigen Padiglione delle Navi öffnen könnte. Auf dem Plan ist der Zutritt ins Arsenal eingezeichnet, der durch den Padiglione delle Navi führt. Und wenn meine Vermutung richtig ist, empfehle ich sehr dringend, diese seltene Gelegenheit zu nutzen.  
 
LeserInnen, die meine Vermutung bestätigen können (oder vor verschlossener Tür standen, was ich nicht hoffe) bitte ich um einen kurzen Hinweis per Kommentar auf dieser Seite oder per Mail an mich.

Venezianischer Segler vor S. Giacomo in Paludo


2. Mai 2012

Tasche aus Venedig



Ich mache noch mal Werbung für einzigartige Produkte aus Venedig jenseits von Masken und Glitzerkram, hergestellt in den venezianischen Gefängnissen.

Ich habe mir eine neue Tasche gekauft, groß und geräumig, mit Laptopfach, bequem zu tragen, aus superstabilem venezianischem Werbeplanenmaterial das mittels dieser Taschen recycelt wird, bestens verarbeitet, ein echtes UNIKAT.


Jede Tasche gibt es wirklich nur einmal, und man hat auch nicht die über-
triebene Auswahl bei der Optik. Bei meinem Einkauf  konnte ich wählen zwischen drei verschiedenen Taschen, witzigerweise knüpft dieser Text an meinen Job an, deshalb habe ich mich dafür entschieden.
Kostenpunkt 56 €, eindeutig günstig für so ein originelles Teil.

Es gibt noch andere Designs in kleineren Formaten und natürlich diverse Tshirts, Kosmetika etc., alles aus dem Knast, mit einem schönen "Malefatte"-Label.

Für weitere Informationen bitte wieder den Eintrag Rio Terà dei Pensieri anklicken und beim nächsten Kaufrausch in Venedig Malefattes schönes praktisches Knastwerk in Erwägung ziehen.


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