14. Oktober 2018

Gesehen? "Report" zum Ausverkauf Venedigs


Der Beitrag in Report vom 2.10.2018 zur chinesischen Expansion - touristisch wie kommerziell - in Venedig ist mir entgangen.

Dank eines Mails der venezianischen Bürgerinitiative Groupo 25 Aprile wurde ich nachträglich darauf aufmerksam und will den kleinen Film auch auf diesem Blog verlinken.






Ich finde einzelne Bemerkungen des venezianischen Anwalts, der im Beitrag eine wesentliche Rolle innehat, unüberlegt und oberflächlich. Einzelne seiner Sätze, die in der Reportage (leider und genauso unüberlegt und oberflächlich oder gezielt?) widergegeben werden, finde ich im Ansatz nationalchauvinistisch und feindlich gegenüber chinesischen Tourist*innen und chinesischen Einwohner*innen Venedigs: "...Chinesen seien ihm unheimlich...". Man muss schon schlichten Geistes sein, um derart pauschal Schubladen zu bedienen.

Aber ich verfolge seit vielen Jahren das, was in den Medien die "neue Seidenstraße" genannt wird, also das chinesische Staatprojekt 'Belt and Road' in seinen Auswirkungen auf die Mittelmeerländer, besonders natürlich Griechenland und Venedig. Einerseits gibt es jede Menge Informationen über das Projekt, andererseits scheinen seine praktischen Ausmaße so überwältigend weitreichend zu sein, dass auch mir in diesem Zusammenhang manchmal unheimlich wird, durch den Eindruck, eigentlich nichts zu überblicken. Angefangen von den Mengen chinesischer Onlineshops (mit zollpflichtigen Produkten) bis hin zu größten Häfen Griechenlands in chinesischer Hand und immer mehr europäische Immobilien, die zu chinesischen Eigentümer*innen wechseln, wie z. B. jetzt die Palladio-Villa Cornaro in Piombino Dese, die auch in diesem Film erwähnt wird (siehe auch Eintrag vom 24.7.2017). 

Ich wundere mich über die rasant steigende Zahl von venezianischen Bars und Trattorien, die verkauft wurden und von chinesischen, oft sehr jungen, Inhaber*innen betrieben werden. 
Ich bin genervt, wenn mir eine chinesische Reisegruppe an einer der engen venezianischen Gasse entgegenkommt und ich warten muss, bis der Gänsemarsch von 40-70 Personen endlich durch ist und auch ich weitergehen kann.
Ich fühle mit den chinesischen Tourist*innen, deren Zeitdruck auf Europatour ja mittlerweile legendär ist, wenn sie erschöpft im Schatten der Gassen, die von der Riva abgehen, an die Hauswände gelehnt stehen, um auf ihren Schifftstransfer zum Busparkplatz auf dem Tronchetto zu warten - Sitzgelegenheiten gibt es hier ja nicht, auf denen man vielleicht ein Nickerchen im Schatten einlegen könnte. Die Stadt Venedig und Tourismusindustrie kennen da kein Mitleid, es geht um den Profit.

Zum Thema 'venezianische Chines*innen' gab es 2013 einen Film, der zu denken gab: siehe die Besprechung "Venezianische Freundschaft"

Ich finde, die 7 Minuten dieser kurzen Reportage sind ein weiterer sehens-, nachdenkens- und diskussionswerter Beitrag zum Thema Ausverkauf Venedigs. 


Ergänzung 20.10.
Ein Korrespontent aus den Niederlanden, der seit Jahren mit mir in Kontakt steht, hat als Antwort auf diesen Eintrag einen Link geschickt. Gleiches Thema, gleiche Protagonisten, mehr und detailliertere Informationen. Eine Sendung von France 2 in französischer Sprache "Un été à Venise". Ich verlinke und bedanke mich herzlich.





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