17. März 2007

Dürer in Venedig


Die Ausstellung "Officina Dürer" im Kloster Sant' Apollonia (Museo
Diocesano) hat mich sehr beein-
druckt, ich empfehle den Besuch ausdrücklich. Gezeigt werden gut 100 graphische Werke um die Jahre 1500, meist Holzschnitte, zum größten Teil religiöser Thematik. Es ist eine einmalige Zusammenstellung aus vielen Museen und privaten Händen, schon allein deshalb sollte man die Gelegenheit nutzen.

Die Drucke sind kleinformatig und werden, je weiter man in der Besichtigung kommt, immer kleiner, was die Konzentration erheblich fordert. Zwecks Augenverstärkung erhält man mit der Eintrittskarte eine Lupe im Scheckkartenformat (wieder abzugeben!), die aber nicht ernsthaft hilft, die faszinierenden kleinstteiligen Einzelheiten, schon gar nicht die der ziselierten Bildhintergründe (Landschaften mit besegelten Flüssen, befestigten Städten und vor allem immer wieder unterschiedlich gebauten und belebten Bergburgen) klarer zu sehen. Wer eine gute Leselupe besitzt, sollte sie unbedingt mitnehmen.

Je größer die Kunst, desto mehr gewinnt sie zusätzlich durch erkennbare persönliche Witzischkeit des Künstlers, finde ich. Dahingehend hatte ich AD schon länger im Verdacht, z. B. beim Holzschnitt "Das Männerbad", der Darstellung einiger Herren in knappen Tangas plus eines anatomisch gestalteten Wasserhahns, mit dem AD belegt, dass auch der Inhalt der Tangas gestalterisch kein Problem für ihn gewesen wäre.
So finden sich denn z. B. diverse witzig dargestellte Tiere (Hasen, Hunde, Stachelschweine, aber auch Mitglieder der Mumin-Familie), auch als Projektionsträger menschlicher Genitalien. Sehr witzig auch in trampeliger Eleganz "Das große Pferd".
Im Bild "Die Beschneidung" nimmt die Pranke eines Alten mit riesengroßen Daumen und Zeigefinger das winzige Schniedelchen des Babys, während das arme Jesulein entrüstet und hilfesuchend nach hinten blickt, zu dem anderen Alten, der es festhält - eine erfrischend despektierliche, aber doch ernste Darstellung eines religiösen Rituals.

Das Museo Docesano liegt im einzigen erhaltenen romanischen Kloster Venedigs, wenige Schritte hinter San Marco. Man geht an der Nordfassade des Doms vorbei, am Kanal rechts, nach einigen Metern über die Brücke linker Hand, direkt hinter der Brücke rechts ist der Eingang zum Museum zu sehen. Der Kreuzgang war lange Zeit verschüttet, der Ziegelboden mit Pozzo wurde durch archäologische Arbeiten wieder freigelegt.

Dürer-Ausstellung noch bis 30.6.07, täglich 10:00-18:00 Uhr, Eintritt 8 €.


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