31. Dezember 2020

Ach dieses Jahr...

 

Der Stolz meines Covid Sommers: acanthus hungaricus

...ist uns ingesamt ein bisschen ausser Kontrolle geraten. Wenn auch sicher die meisten von uns versucht haben, das Beste daraus zu machen.
Ich habe alle Reisen abgesagt, schon organisierte wie nur geplante, habe die üblichen Tages(kultur)reisen per ÖPNV in die 100-km-Nachbarschaft gar nicht mehr in Betracht gezogen und mein Privatleben fand und findet weitgehend online statt. 

Geglückt aber ist die Zucht von 3 enormen Akanthuspflanzen (acanthus hungaricus) aus 3 Samen, eingesackt 2018 im Diomedes Garten in Athen (unmittelbare Nähe des Klosters Dafni), auf deren Blüte ich im Sommer 2021 hoffe! Im Bewusstsein, dass es auch 2021 nichts mit Reisen wird (und wer anderer Meinung ist, hört den Schuss immer noch nicht), ist das eine schöne Aussicht, und auch auf einen zweiten Lesesommer auf der Couch im Freien inmitten der Ergebnisse meiner mediterranen Samenbank. 

Wer wie ich wesens- lebensabschnittsmässig die stillen, heiteren Tage des physischen (und keineswegs sozialen) Rückzugs genießen kann, ist trotz begleitender Befürchtungen privilegiert. Ich war von Anfang an auf der Höhe der Covid-Information und deshalb nicht um meine, sonder eher um die Gesundheit (und Covid-Disziplin) von Familie und Freund*innen besorgt. Und ich war ziemlich erschreckt über die vielen Grüße aus dem "herrlich leeren Venedig" im Spätsommer und Herbst. Einen Wunsch aus guten Gründen aufzuschieben kann sich wohl nicht jede*r zumuten.

Ich war seit September 2019 nicht in Venedig und werde in den nächsten Monaten ab und zu aus der 'Teleoptik' schreiben, weniger um Reiseinformationen als Zukunftsperspektiven in pandemischen Zeiten (denn 'nach' Covid wird es nicht geben) zu thematisieren. MOSE, Grandi Navi, Wohnungs- und Ferienwohnungsthemen, neue Luxusresorts... stehen bereits auf der Liste.

Siehe dazu auch den Eintrag vom 10.8. "Mehr zu Zukunft Venedigs - Gedanken, Vorschläge, Projekte, Kritik, Dys- und Utopien", den ich weiter ergänzen werde um die Entwicklungen möglichst nicht zu verpassen.
Ich führe auch weiter einen Kulturkalender, eigentlich um vor allem auf virtuelle Angebote hinzuweisen, die uns den Kontakt zu Venedig ein wenig aufrecht erhalten könnten. Mit der Praxis realer Veranstaltungen ist zumindest derzeit nicht viel los - gestern wurde bekannt gegeben, dass die Städtischen Museen bis April geschlossen bleiben (siehe dazu auch 4.1. "Keine Böller in Venedig, aber ein großer Knall"). Dem werden sich möglicherweise andere Kulturstätten anschließen. Aber auch der Protest gegen diese Entscheidung ist schon im Gange, auch mit Aktionen der Angestellten, die um ihre Arbeitsplätze fürchten.

Wie meistens gibt es auf meinem Blog ein bisschen Musik zum Jahresende: ich biete tatsächlich die Neunte, die jetzt im Beethovenjahr zu jeder Gelegenheit und überall rauf und runter zu hören war. Aber dies ist die Aufnahme aus dem Fenice, die am 27.11. live übertragen wurde und die aus meiner Sicht symbolisch steht für das Umdenken, das wir alle leisten müssen:
das Fenice hat seine Bestuhlung auf die Bühne geräumt, das Publikum ist nicht anwesend (denn wir sinds, online, remote). Im Parkett sitzt und spielt das Orchester, der Chor steht in den Logen, die Gesangssolist*innen in der Königsloge.  


Und auch kostenlos als live Stream: 1.1.2021 17 Uhr  Teatro La Fenice Neujahrskonzert unter YouTube und Backstage

Halten wir uns an die Regeln, reduzieren wir unsere Selbstbezogenheit auf ein  Mass, das Rücksicht, Verantwortung und Anstand zeigt, geniessen wir die schönste Stadt vorübergehend aus der Ferne. Das geht.


Liebe Leser*innen, Korrespondent*innen und Freund*innen:

Saluti e Salute 2021!
Und, wie man in Venedig sagt: "Duri i banchi!"

("Duri i banchi "! Wie oft haben Sie diesen Ausdruck gesagt oder gehört? Zweifellos ist er eine der am häufigsten verwendeten Redewendungen der Venezianer, eine Art Motto, das dazu ermutigt, auch in schwierigen Zeiten nicht aufzugeben und" festzuhalten " "Duri le Banchi" ist in der Tat eine wahre Beschreibung der mutigen Seele der Venezianer, und es ist sicherlich kein Zufall, dass diese Anstiftung nach dem Hochwasser vom 12. November letzten Jahres, das eingedrungen ist, zum Symbol geworden ist Stadt, indem sie jedoch die Fähigkeit der Venezianer hervorhebt, nicht aufzugeben, zu reagieren und immer nach vorne zu schauen. Aber woher kommt dieses Sprichwort? Woher stammt der Ausdruck "hart die Bänke"? Lassen Sie uns gemeinsam herausfinden: was bedeutet es und woher kommt es? Der venezianische Ausdruck "hart die Bänke" bedeutet "nicht aufgeben", "nicht durch Widrigkeiten enttäuschen", "nicht aufgeben", also im Grunde "festhalten". Aber was sind das? Figurative "Bänke", an denen Sie sich festhalten müssen? Dieses Sprichwort hat seine Wurzeln in der Geschichte der Stadt und insbesondere in der Ära der Serenissima, als während der Seeschlachten, kurz bevor mit Kanonen geschossen oder ein Schiff gerammt wurde, der Befehl gegeben wurde: "hart die Bänke! " an die Ruderer der Galeeren, damit sie die Ruder loslassen und sich vor dem bevorstehenden Aufprall an den Bänken festhalten.)


Venezianischer Abschied 2020


Seit August 2020: Sammlung von Artikeln zur Zukunft Venedigs, 
wird laufend ergänzt:

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28. November 2020

Die Tage des Konsums...



... rauschen wieder. Und wir, die wir alle in diesem Jahr die in- und ausländischen Reiseeinschränkungen respektiert und in Erwartung der angekündigten 2. Covid-Welle auch noch generell auf Reisen verzichtet haben, finden zum Jahresende ungeplante Reste auf unseren Konten. Was tun? Aufsparen für eine Reise nach Venedig - besonders lang (1 ganzer Monat?) oder besonders aktiv (vormittags Italienischkurs, nachmittags Ruderkurs voga alla veneziana?), oder besonders komfortabel und stilvoll (einen ganzen Palazzo mieten?) - in der Zeit "danach"?
Oder sich großzügiger als je am Konsumrausch beteiligen und die vermissten physischen Kontakte kompensieren durch die Freuden des Schenkens? Oder eine pompöse und wirksame Spende überweisen? Hier sind ein paar wenige Vorschläge; nicht zu übersehen die Tipps in den bisherigen 3 Einträgen (von denen so schöne Dinge wie Museumsjahreskarten wohl auch noch für das kommende Jahr kaum in Frage kommen, leider). 


Alte Tipps, kann man noch mal durchsehen 

und vielleicht noch einen Blick auf das Label Buchempfehlung werfen (59 Einträge)


Ergänzungen zu Kunst und Kunsthandwerk

In einem Artikel bei Artribune fand ich einen Hinweis auf einen neuen Versandvertrieb von Murano-Glaskunst: Vaporetto. Versandschluss vor Weihnachten: 13.12.20. Wer genug Platz hat für schöne künstlerische Designprodukte und dafür etwas ausgeben will, findet hier vielleicht Passendes.

Und auch venezianisches Holzdesign, hergestellt aus recyceltem Lagunenholz, Glas und anderen Materialien ist edel und nicht ganz billig, auch online, zu erstehen bei Lunardelli Venezia.
 
Videokunst digital ist vielleicht noch kein alltäglicher Konsumrauschartikel, aber originell, praktisch und ohne Einsatz des Paketzusteller erhältlich und kann, wenn es passt, viel Freude schenken. Ich schlage Doug Fosters Arbeiten "Citiy of Water" "The Floating City" bei Sedition Art vor. Mir gefällt das zweite Video sehr, wenn auch die künstlerische Bearbeitung leichte Seekrankheitssymptome bewirkt, bei mir zumindest.

Und wie immer empfehle ich überzeugt die Produkte aus den beiden venezianischen Knästen - Frauen und Männer - die sich mitten in der Stadt befinden und nützliche Dinge herstellen und verkaufen. Das Frauengefängnis auf der Giudecca hat einen wöchentlichen Bio-Obst- und Gemüsemarkt und stellt Biokosmetik her, das Männergefängnis in der Nähe des Kreuzfahrtterminals die Taschen aus recycelter Plastikplane. Nicht so berühmt wie die Marke Freitag, aber viel origineller mit dem Label "Malefatte". Auch online bestellbar.


Bücher 

Ein echtes "Must-have"-Buch zur venezianischen Kunst und Kunstgeschichte ist zur Zeit extrem herabgesetzt u.a. bei Frölich und Kaufmann im Angebot: Venedig. Kunst der Renaissance. Norbert Huse und Wolfgang Wolters. Große schwere Schwarte, unverzichtbares Handbuch von den beiden deutschsprachigen Venedigexperten, deren Bücher ich bereits oft empfohlen habe.

Ein Buch, das ich nicht gelesen habe und (leider) nicht nutzen werde: Transalp Roadbook 10, von München nach Venedig; Andreas Albrecht. Erschienen im Januar 2020 und vielleicht ein interessanter Hinweis für sportliche Menschen, die in der Covidzeit auf Massentransport verzichten wollen. Dazu gehören muss auch noch wissen: offizielle Hinweise zu Verleih und Nutzung von Rädern sowie Verleih und Nutzung von Elektrorädern um Venedig herum und im Lagunenverkehr; Parken von Fahrrädern und das Fahrradwegenetz im Großraum Venedig.

Ein Buch, das ich gerade lese und sehr empfehlen, ja geradezu ans Herz legen möchte, ist "Venice, an Odyssey" von Neal E. Robbins. Untertitel: "Hope and Anger in the Iconic City". 500 Seiten, ich bin erst auf S. 198, aber ziemlich begeistert. Im Juli erschienen, also aktuell bis einschließlich 2019, in flott lesbarer, unakademischer englischer Sprache (keine Übersetzung bisher). Eine Recherche zur Geschichte, aber in erster Linie zur aktuellen Situation Venedigs mit allen überwältigenden Problemen und dys- bis utopischer Zukunft. Gespräche mit "ganz Venedig", Künstler- und Kunsthandwerker*innen, Vertreter*innen von Bügerinitiativen, Aktivisti*innen, Musikern, Autor*innen, Historiker*innen, Umweltwissenschaftler*innen, Museums-, Universitäts- und Volkssportleuten, Ein-, Aus- und Rückwander*innen, Politiker*innen, alle, alle, im gemeinsamen Thema Venedig verknüpft. Wer sich wie ich mit den Lokalblättchen und der unsäglichen Lokalpolitik abmüht und sich manchmal fragt, was zum Henker..! versteht hier besser Entwicklungen, Zusammenhänge, und Perspektiven. 
Hier kann man einen soliden Trailer mit dem Autor ansehen (ein Werk von Giovanni Pellegrini, Regisseur von "Città delle Sirene") und (wenn man will, bei Amazon oder anderswo) bestellen. Gebraucht ist es noch nicht zu finden.
Rezension in italics Magazin, 18.11.20: A Future For The Past: The Venice ParadoxArtikel von Neal Robbins im Jewish Chronicle, 23.8.20: Serene Venice.
Ergänzung 10.12.: Ein Mailkontakt zum Autor N. E. Robbins ergab: Soeben ist eine Neuauflage erschienen, die zusätzlich die politischen und sozialen  Entwicklungen des Jahres 2020 berücksichtigt. Im Frühjahr 2021 veröffentlicht auch ein italienischer Verlag das Buch in seinem Programm, sowie eine italienische Übersetzung. Eine deutsche Übersetzung ist bisher nicht geplant (was ich ihm aber dringend empfohlen habe).


Spenden

Wer für Restaurierungsarbeiten im Zusammenhang mit dem Hochwassersturm vom 12.11.29 spenden möchte, kann das noch viele Jahre tun. Die Schäden sind enorm. Unter anderem hier werden Spenden gerne angenommen:
* Save Venice (amerikanische Stiftung für die Erhaltung Venedigs)
* Venice in Peril (britische Stiftung für die Erhaltung Venedigs)
* Fondazione Querini Stampalia, deren kostbare Bibliothek großen Schaden nahm, wie auch im Film "Citta delle Sirene" zu sehen war. Spendenoptionen.


Extras

Vielleicht ein bisschen Luxus? Ein Tabarro? Mit Hut, Schal und Handschuhen? Ich habe seit Jahrzehnten einen schönen abgewetzten langen Umhang mit Kapuze aus Indien und träume von einem echten Tabarro, wäre aber pure Overconsumption. In meinem Fall, aber für andere vielleicht nicht? Auch online zu kaufen: Il Tabarro San Marco.

Eine Führung nach Wunsch, auch als Geschenk(-gutschein) möglich und im Detail zum passenden Zeitpunkt festzulegen: Nachfrage in deutscher Sprache bei Luisella Romeo, (l.romeo@seevenice.it), die auch die von mir empfohlenen virtuellen Führungen anbietet. Eine professionelle, mehrsprachige Profiführerin, die sich den Covidbedingungen kreativ anpasst. Und irgendwann werden wir ja hoffentlich alle wieder in Venedig eintreffen...!


Ergänzung 22.12.
Heute fand ich auf dem Twitteraccount von Luisella Romeo einen Hinweis auf Geschenkgutscheine der venezianischen Kunsthandwerker*innenbetriebe. Eine sehr schöne Idee, besonders in den zu erwartenden Monaten, in denen wir Venedig weiter fernbleiben (müssen) und als Vorfreude auf den Tag, an dem man sie persönlich einlösen kann. 


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19. November 2020

Gianni Berengo Gardin - Die Geschichte zweier Städte




Ein weiterer herausragender Dokumentarfilm ist nur heute, 19.11.2020, von 18:30-24:00 Uhr online zu sehen:


Gianni Berengo Gardin's Tale of Two Cities


Obwohl ich bisher auch nur den Trailer sehen konnte, setze ich den Hinweis schon heute Morgen in den Blog, da bei der letzten kurzfristig angekündigten Filmaktion diverse Leser*innen die Information zu spät erhielten.

Der Film basiert auf der Fotoausstellung des venezianischen Fotokünstlers Gianni Berengo Gardin "Venezia e le grandi navi", von der nach einer Terminverlegung 2016 im Negozio Olivetti am Markusplatz ein ausgewählter Teil zu sehen war. 
Der Film der amerikanischen Regisseurin Donna Serbe-Davis wurde beim 
Festival des Dokumentarfilms Thessaloniki vorgestellt.


Mehr dazu bei Artribune:

Tale of Two Cities unter der Regie der amerikanischen Regisseurin und Kunsthistorikerin Donna Serbe-Davis spricht über die Geschichte und Pracht der Serenissima, erzählt aber gleichzeitig von ihrer tiefgreifenden Zerbrechlichkeit.
Durch den Blick von Gianni Berengo Gardin wird die Öffentlichkeit auf eine ungewöhnliche Reise begleitet, die dazu beiträgt, den intimsten und authentischsten Teil der Lagunenstadt wiederzuentdecken, der im Laufe der Zeit durch unkontrollierten Massentourismus verzerrt wurde. Berengo Gardin erzählt sich und seine sechzigjährige Karriere mit einer Reihe suggestiver Bilder. Die neuesten in der Serie, die das Vorhandensein großer Kreuzfahrtschiffe in der Lagune und die daraus resultierende Gefahr für die Erhaltung des architektonischen Erbes der Stadt bezeugen. Eine starke und entschlossene Botschaft, die die allgemeine Aufmerksamkeit auf das Problem lenken und zur Schaffung einer Zivilbewegung gegen eine nicht nachhaltige Handelspolitik beitragen kann.
Der Film wird am Donnerstag, den 19. November, auf Initiative des CAMERA - Italienisches Zentrum für Fotografie (das kürzlich die Ausstellung "Gianni Berengo Gardin und Olivetti" organisiert hat, die wegen des Covid-Notfalls im Voraus geschlossen wurde) in Zusammenarbeit mit dem Cinemambiente Festival online ausgestrahlt. Um den Film zu sehen, der von 18.30 bis 24.00 Uhr verfügbar sein wird, müssen Sie sich bei der Streen.org-Plattform anmelden.


Um den Stream sehen zu können, bitte auf STREEN klicken.


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17. November 2020

Madonna della Salute 2020

 



Die bisherigen Informationen zum Salutefest aus dem Kulturkalender dieses Blogs sind überholt:

"19.-22.11. Fest der Madonna della Salute wurde trotz der aktuellen Covid-Situation genehmigt. Aktuelles dazu. Die Covid-Vorkehrungen wegen der normalerweise riesigen Menschenmassen (in der Kirche und um die Kirche herum sowie in den Gassen die dahin führen) sind natürlich kompliziert. Die Zeitschrift ytali. ruft am 9.11. dazu auf, die Feierlichkeiten wegen zu großer Infektionsgefahr zu stoppen
9.-27.11. ist die Haltestelle Giglio der Linie 1 außer Betrieb, statt dessen gibt es die Vitivbrücke von S. Marco nach Dorsoduro.
(Siehe auch Blogeinträge unter dem Label "Salute".)
Ergänzung 15.11. Derzeit wird eine virtuelle Version der Pilgerfahrt zum Salutefest diskutiert. Rundfunk- und TV-Ausstrahlungen der Gottesdienste sind geplant."



Dies ist in diesem besonderen Jahr der Pandemie die gemeinsame und endgültige Entscheidung von Stadt und Partriarchat über die Gestaltung des Festes, das für Venedig seit 400 Jahren das zweitwichtigeste Fest im Jahreslauf ist. Die wichtigsten Inhalte für die Tage 19.-22.11.2020: 


* Die traditionelle Votivbrücke wird nicht gebaut.
* Der Zugang zu Punta della Salute erfolgt mit strengen Einschränkungen und sorgfältiger Zählung der anwesenden Personen unter strenger Einhaltung der in den derzeit geltenden staatlichen und regionalen Bestimmungen vorgesehenen Regeln zur sozialen Distanzierung. 
* Im gesamten Großbereich der Basilica della Salute werden bei Bedarf Einbahnstraßen eingerichtet, um die Pilgerflüsse zu regulieren und den Zugang zur Basilika vom Donnerstag, den 19. bis Sonntag, den 22. November 2020 zu beschränken. Knöllchenwert für Nichtbefolgen der Polizeianordnungen: 25-500 €. Alle Informationen werden aktualisiert und sind auch auf der Seite  www.comune.venezia.it verfügbar. 
* Der traditionelle Festmarkt für Votivkerzen und Süßigkeiten vor und hinter der Kirche findet nicht statt.
* Außerhalb von Gottesdiensten dürfen nicht mehr als 215 Personen gleichzeitig in der Basilica della Salute anwesend sein. Während der Messen wird die Anzahl der Gläubigen in der sogenannten "großen Rotunde" auf 150 und in der kleinen Rotunde auf 65 begrenzt, die an der Liturgie teilnehmen dürfen.
* Votivkerzen dürfen in der Basilica nicht selbständig angezuzündet werden, sie sollen in die Körbe gelegt werden, die als Votivgeschenk vorbereitet wurden (die Spenden kommen bedürftigen für Familien zu).
* Weitere Variationen des offiziellen Programms werden möglich sein, das ständig unter https://basilicasalutevenezia.it/pellegrinaggio-annuale verfügbar ist.


Details zu den religiösen Feierlichkeiten:  
* Die Feier des Festes der Madonna della Salute findet in diesem Jahr nicht nur in der Basilica statt, sondern im gesamten Gebiet des Patriarchats von Venedig. 
Die Pilgerreise kann somit in der Kirche stattfinden, die dem eigenen Haus am nächsten liegt. In den Pfarreien, Kapellen, Hauptstädten, Unterkünften und Familien finden Gebete zur Madonna della Salute und Gottesdienste vom 19.-22. November statt. Den Gläubigen wird daher empfohlen, zu der Kirche zu pilgern, die sie am leichtesten erreichen könnten.
* Der zentrale Moment des Festes wird wie immer das Hochamt sein, das Patriarch Francesco Moraglia am 21. November um 11 Uhr in der Basilica della Salute leiten wird. Die Feier wird live im Fernsehen über das Antenna 3-Netzwerk und das Facebook-Profil von Gente Veneta übertragen. Am Ende der Liturgie wird der Patriarch das Angelusgebet auf dem Platz vor der Basilika rezitieren, die Weihe der Stadt an die Madonna della Salute erneuern und den päpstlichen Segen geben, während alle Glocken der Kirchen des Patriarchats läuten.
* Am 21. November bleibt die Basilica della Salute von 6 bis 21 Uhr geöffnet. An der zentralen Tür der Basilica del Longhena wird ein besonderes Bild der Ikone der Madonna ausgestellt, das symbolisch alle Gebiete umfasst, von der Pandemie vor vier Jahrhunderten erfasst waren.
Schließlich wird um 19.30 Uhr eine dritte Messe mit der alleinigen Anwesenheit einiger treuer Vertreter der Stadtteile der historischen Stadt gefeiert. 






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15. November 2020

Sun + Sea + Marina + Litauen + Luckenwalde

"Beach Goer" dürfen nicht fotografieren,
 aber 1 persönliches Erinnerungsfoto machen.
Das ist meins, vom 14.9.19: das Ensemble beim Einsingen.

Kalender auf! 1.5.2021 anklicken oder anstreichen! Der Goldene Löwe 2019 des Pavillons von Litauen kommt nach Berlin!

Alter Eintrag dazu:  "Sun + Sea + Marina + Litauen" vom 16.6.2019.
Die Warteschlangen zogen sich den ganzen Sommer lang jeden Mittwoch und Samstag durch Castello, stundenlange Wartezeiten, und ich weiss von vielen Biennalebesucher*innen, die nicht 3 und mehr Stunden Schlange stehen wollten oder konnten. "Sun and Sea" wurde wegen der erforderlichen sehr speziellen Location meines Wissens nur einmal wieder gespielt, aber jetzt kommt die Sache nach Berlin, ins E-Werk Luckenwalde, (siehe auch BZ 7.9.20  "Wir sind gekommen, um zu bleiben") am 1. Mai 2021. Welche Freude!

Es wird eine Crowd-Funding-Initiative geben, die ich hier anfügen werde für Kunstförder*innen und ich vermute, es gibt wieder die Möglichkeit, als "Beach Goer" an der Performance zu partizipieren. Wird auch hier ergänzt, wenn es soweit ist.


Hier sind die bisherigen Informationen: 

12.11.20 The Art Newspaper Popular apocalyptic beach performance from 2019's Venice Biennale will pop up in Berlin Bauhaus swimmingpool

12.11.20 Artnet News Lithuania's Award-Winning Venice Biennale Pavilion Is Coming to an Abandoned Swimming Pool Just Outside Berlin

12.11. Touch of Class Performance de destaque da Bienal de Veneza 2019 será apresentada em piscina de Berlim

13.11. FB E-Werk Luckenwalde

13.11. Surface An Apocalyptic Beach Opera at an Abandoned Bauhaus Swimming Pool

13.11. Twitter der Botschaft Litauen

13.11. ArtsLife La spiaggia apocalittica della Biennale 2019 verrà riallestita in una piscina abbandonata vicina Berlino

15.11. Finestre sull'Arte L'acclamatissimo Padiglione della Lituania tornerà in Germania, in un'ex piscina Bauhaus

29.11. Artribune Dietro le quinte del Leone d'oro alla Lituania.

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1.3.
Zwei Monate vor der Vernissage von Sea & Sun in Luckenwalde ist das Kickstarter Funding Projekt online:
BRING THE SUN TO LUCKENWALDE
Die diversen "Belohnungen" fürs Beteiligen an der Projektfinanzierung sind in der Zahl begrenzt. Nicht die Belohnung für eine 25 €-Spende, für die man einen Livestream Zugang bekommt. Wer in Venedig nicht dabei sein konnte, kann hier eine Live Aufführung sehen/hören, und wer die Biennale-Version kennt, wird sicher gespannt sein, sie mit der Performance in Luckenwalde zu vergleichen.

12.4.
Das Fundraising Projekt bei Kickstarter ist gestern abgelaufen - erfolgreich! Über das gesetzte Ziel hinaus. Geplant sind 2 Aufführungen am 5. und 6. Juni 2021.

16.4. Monopol Litauischer Goldener Löwe-Beitrag kommt nach Brandenburg

24.4. Kartenverkauf in der 17 KW über Eventbrite (6-8 €). Zugang zum Livestream (25 €/Haushalt) werden über den Shop des E-Werks Luckenwalde angeboten werden. 

8.5. Terminverschiebung!

Rugilė Barzdžiukaitė, Vaiva Grainytė, Lina Lapelytė

Samstag 17. und Sonntag 18. Juli 2021
Bauhaus Stadtbad, Luckenwalde
Kuratiert von Lucia Pietroiusti
Zunächst einmal möchten wir uns für Ihre Geduld bedanken, die Sie dem E-WERK während des Lockdowns und den Programm-Änderungen entgegengebracht haben. Wir wissen, dass viele von euch sehnsüchtig auf Neuigkeiten warten, wie ihr Tickets für Sun & Sea von Rugilė Barzdžiukaitė, Vaiva Grainytė und Lina Lapelytė, kuratiert von Lucia Pietroiusti, buchen könnt.
Das E-WERK Luckenwalde steht bei dem aktuell hohen Inzidenzwert in Teltow Fläming in der Verantwortung für die Sicherheit von Publikum, Team und Künstler*innen zu sorgen.
Vor diesem Hintergrund findet Sun & Sea nun am Samstag, den 17. und Sonntag, den 18. Juli 2021 stattfinden. Wir sind fest entschlossen diese Termine zu realisieren und werden alle notwendigen Schritte unternehmen, damit Besucher*innen und unser Team sicher und gesund bleiben. 
Tickets werden ab dem 15. Juni über Eventbrite erhältlich sein. Wir werden Sie über unsere sozialen Medien und unseren Newsletter daran erinnern!
Bleib dran, um mehr über die POWER NIGHT zu erfahren, die ebenfalls von Lucia Pietroiusti kuratiert wird.
Sun & Sea wurde ermöglicht durch NEUSTART #Take Place, die E-ON Stiftung, die Großzügigkeit der Laurenz-Stiftung, Basel, Nicoletta Fiorucci Russo De Li Galli, Sprüth Magers und durch eine Crowdfunding-Kampagne, die 43.044 EUR für die Produktion einbrachte.

2.7. Weiterer online-Kartenverkauf ab 5.7. für die Performances am 17./18.7..

2.7. RBB24 Wie ein Kunstwerk 70 Tonnen Sand ins Stadtbad Luckenwalde bringt


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12. November 2020

Città delle Sirene

 



Heute ist der Jahrestag des Hochwassersturms vom 12.11.2019. Die sehr ungewöhnliche Koinzidenz einer nördlichen Bora und eines südlichen Scirocco, die sich in Venedig zu einem Zyklon von über 100 km/Std. vereinten, verursachte die größte Wasserkatastrophe seit dem Aquagranda von 1966.

 
In Erwartung des angekündigten Wetters saß ich vor dem Computer und sah entsetzt, wie an der Riva eine Webcam nach der anderen versagte, bis nur noch die Kamera des Hotels Concordia den Blick von Ost nach West über die mittlerweile unbeleuchtete Piazza erlaubte. Im Dunkeln war zu ahnen, dass ein starker Sturm über der überfluteten Piazza wehte und das Wasser zu bisher unvorstellbaren Wellen hochpeitschte. Ich saß schreckensstarr bis weit nach Mitternacht vor dem Bildschirm und wartete darauf, dass das Wasser eindeutig zurück ging. 
Wir alle sahen in den nächsten Tagen die Berichte, die uns aus Venedig erreichten. (Siehe auch Label "Acqua alta".


Der venezianische Filmemacher Giovanni Pellegrini filmte in der Woche nach der Katastrophe, der fast täglich neue Hochwasser folgten, 
die unsäglichen materiellen Schäden, die Schrecken der Stadt und Not ihrer Einwohner*innen,  aber auch die Solidarität und die Freundlichkeit, mit der sie sich gegenseitig beistanden. 

Am heutigen Jahrestag gab es um 18 Uhr auf der Website der Science Gallery der Universität Ca' Foscari und auf dem Youtube Kanal von Ginko Film die Welturaufführung des Films


La Città delle Sirene
(Trailer für Menschen,
die den Film nicht mehr online sehen können
)

Er ist weiter heute, NUR HEUTE, 12.11.2020 bis 24 Uhr unter den Links (oben) zu sehen. Danach nicht mehr. Dass es dieser Film in deutsche Kinos schafft, steht vermutlich nicht zu erwarten. Ein erschütterndes und überzeugendes Dokument, unbedingt sehenswert, das viele Fragen zur Zukunft Venedigs stellt. Die wir uns mithilfe bekannter wissenschaftlicher Informationen zur Klimaentwicklung und normalem Menschenverstand leider beantworten können. 

Mehr Informationen zu Ginko Film.
Mehr Informationen zum Archiv AquaGranda.


Ergänzung 16.11.
Nach ein paar enttäuschten Feedbacks habe ich bei Ginko Film angefragt, wann der Film in Kinos gezeigt wird und ob ein Vertrieb auch über TV-Sender o.ä. zu erwarten ist und diese Antwort erhalten: 

Gentile Brigitte,

grazie per aver apprezzato La città delle sirene.
il film è stato reso disponibile come evento speciale solo il 12 novembre, ora inizia il suo percorso distributivo. Siamo in trattativa con un distributore che si occuperà della distribuzione del film a Festival e successivamente TV, piattaforme ed home video. Non escludiamo la stampa di un DVD nel futuro.
La invitiamo a seguirci sui social e sul sito www.ginkofilm.it per restare aggiornati.
A presto
Giovanni Pellegrini


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1. November 2020

November 2019 - Homo Urbanus Venetianus

 



Eindrucksstark und textfrei - die unromantischste, authentischste, bestürzendste und allerbeste Venedigdokumentation, die ich bisher gesehen habe. 


Homo Urbanus Venetianus


Oh schade.
Das Video stand leider nur kurzzeitig öffentlich zur Verfügung. 
Für den gut doppelten Preis einer Kinokarte kann man 
die ganze Serie Homo Urbanus ausleihen.
 


Film von Ila Beka und Louise Lemoine, Teil des Projekts Homo Urbanus. Gedreht in den Hochwassertagen des November 2019 und des Sturmhochwassers am 12.11.: 62 Minuten, jede einzelne unbedingt sehenswert.


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19. September 2020

Ruth Bader Ginsburg



Ruth Bader Ginsburg starb heute Nacht. Ein unendlicher Verlust nicht nur für die U.S. und deren gefährdete Demokratie und Justiz. Für mich ist sie nicht nur die herausragende Richterin des Supreme Court und Verfechterin der Geschlechtergerechtigkeit, sondern auch eine Ikone des trotz körperlicher Einbußen ungebrochenen Alterns.

Die Verbindung Ruth Bader Ginsburgs nach Venedig führt über die Erinnerung an die Gründung des Ghettos von Venedig 1516, wo sie bei der Aufführung des "Kaufmann von Venedig" die Rolle des Richters übernahm. Hier ein Foto aus der Scuola Grande di San Rocco, gefunden auf dem Twitter von Luisella Romeo.


Auf dem YouTube Kanal der U.S. Library of Congress ist die venezianische Inszenierung als Lesung zu sehen. Ruth Bader Ginsburg, Richterin des Supreme Court in der Rolle des Richters bei Shakespare.


"Justice for Shylock: 





Ergänzung 24.9.
ytali. veröffentlichte am 22.9. einen sehr lesenswerten Bericht, eine Hommage an RBG:

Die Recherche nach der RAI-Dokumentation von Felice Cappa "Perché Shylock" brachte folgendes Ergebenis: 
"Shakespeare in and Beyond the Ghetto" mit mehreren weiterführungen Links (wenn auch nicht die gesuchte Doku).


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17. September 2020

Dorsoduro Museum Mile




Das Projekt Dorsoduro Museum Mile, eingeführt 2015 und dann, wie viele venezianische Versuche, anscheinend verdämmert, wird wiederbelebt. Das ist sicher der Notwendigkeit zu danken, von den wenigen Besucher*innen mehr in die Museen zu holen. Und bleibt hoffentlich nicht wie viele der Marketingaktionen wieder nach einer Saison Laufzeit auf der Strecke. 

Heute, 18.9.20, geht die Sache an den Start. Beteiligt sind 4 herausragende unter den wunderbaren Museen Venedigs, alle unbedingt auf der Liste seriöser Venedigtourist*innen:

Galerie dell'Accademia, eines der staatlichen Museen des Veneto (Mo 8:15-14 Uhr, Di-So 8:15-19:15 Uhr)

Palazzo Cini, eines der Ausstellungsgebäude der Fondazione Cini (Fr-So 12-20 Uhr)

Peggy Guggenheim Collection (Mi-Mo 10-18 Uhr)

Punta Dogana und Palazzo Grassi, die beiden Ausstellunghäuser der Pinault-Collection (Mi-Mo 10-19 Uhr)


Mit dem Ticketkauf für eines der Häuser gibt es in der Folge Ermäßigungen in den 3 anderen:
die Normalkarte für Guggenheim sinkt von 15 auf 13 €,
Dogana inkl. Grassi von 15 auf 12 €,
Palazzo Cini von 10 auf 7 €,
Accademia von 12 auf 9 €. 

Die 4 Häuser liegen auf dem extrem kurzen Fußweg zwischen den Haltestellen Accademia und Salute. Wer eine kurze Pause von der Distanz und eine dringend eine Dosis Kunst benötigt, ist an der äußersten Westspitze von Dorsoduro gut aufgehoben.

Die ARTRIBUNE schreibt dazu am 29.9.: A Venezia si rilancia il Dorsoduro Museum Mile: quali sono le istituzioni che fanno rete.




Die vielen weiteren ständigen Ausstellungshäuser im Sestiere Dorsoduro (Rezzonico, Pesaro, Prada/Ca'Corner della Regina, Mocenigo, V-A-T, Bevilacqua La Masa...) sind in dieser Aktion nicht enthalten. Macht nichts, das Angebot der 4 Häuser zu nutzen empfiehlt sich unbedingt.



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9. September 2020

Herbstbeginn in Venedig





Heute morgen hat man die Passerelle aus dem Winterlager geholt, damit auch in diesem Winter die Plätze und Gassen begehbar bleiben, die als erste unter Wasser stehen. Wenn das Wasser kommt.

Im Juni und im August gab es überraschend Hochwasser, das wieder die Basilica San Marco unter Wasser setzte. Der geplante gläserne Hochwasserschutz für das kostbarste Gebäude Venedigs hängt, wer hätte es anders erwartet, noch in der Bürokratie fest. 
Vor 2 Tagen versenkte ein Hagelgewitter mehrere Gondeln am Ufer der Piazzetta, überflutete Straßen auf dem Lido, unterbrach teilweise die Stromversorgung in der Stadt.
Der Schutz durch das Projekt M.O.S.E. steht weiter in Zweifel, die Wasserschutztore sind leck.

Nach allem Schrecken der letzten 10 Monate wollen wir Venedig einen Herbst und Winter ohne Naturkatastrophen wünschen.


 🙏

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3. September 2020

Molecole. Filmfest Venedig 2020



Die venezianischen Filmfestspiele finden 2020 mit kurzem Wettbewerbsprogramm (hohe Quote weiblicher Regisseure), unter Medienaufmerksamkeit des Sonderfalls, Covid-19-Vorkehrungen und in einer leicht pathetischen Gefühlslage statt. Die Pathetik geht in Ordnung, wenn sie von Tilda Swinton formuliert und das Fest mit "Molecole", einem einstündigen Dokufilm von Andrea Segre zum Lockdown Venedigs eröffnet wird. Ich hoffe sehr, der Film wird bald auch in deutschen Kinos, bzw. Fernsehanstalten bzw. auf DVD zu sehen sein.





Dazu siehe auch: 
Tagesspiegel: Weniger Hype, mehr Demut
artechock: Tod und Venedig
ttt: Trotz Corona: Die 77. Filmfestspiele in Venedig (online bis 7.9.2021)
La Nuova: Molecole: il lockdown di Venezia anteprima della Mostra del Cinema
Metropolitano.it: La pre-apertura di Segre legata al lockdown
Il Manifesto: Ho ascoltato i tormenti di Venezia nei giorni duri del lockdown
La Repubblica: Venezia 77, 'Molecole', la laguna in quarantena.



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1. September 2020

3 restaurierte Kirchen in San Marco und ein Fund auf Torcello

San Bartolomeo, Salizada Pio X am Fuß der Rialtobrücke.
Portal zwischen Schaufenstern 

Mehr als 30 von ca. 100 Kirchen in Venedig stehen ungenutzt, die Immobilien  wie auch der dort vorhandene Schatz an Kunstwerken und Belegen venezianischer Geschichte rotten unbewundert langsam vor sich hin. Auch wenn sie profaniert wurden, gehören die Kirchen noch dem Patriarchat Venedig, das mit der Pflege dieses Eigentums materiell und fachlich überfordert ist.
2017  beschloss man die Konservierung und Umnutzung der Kirchen Schritt für Schritt. Siehe 2.2.17 La Nuova: "Chiese abbandonate?: Diventiono luoghi di lavoro adottati dalle imprese" und 7.4.17 Veneto e Economia: "Venezia, nuovi usi per 30 chiese abbandonate: cultura, carità ed eventi". 

Die wissenschaftliche Unterstützung des Projekts wird von der Universität IUAV bereitgestellt, finanzielle Unterstützung ist in Venedig, wie wir wissen, breit gestreut durch Stiftungen (siehe die Liste von Venedig-Förderer-Stiftungen im Eintrag vom 27.10.2016: L'Aqua Granda 1966-2016). Auch die öffentliche italienische Kulturförderplattform Artbonus, die auch Bürger*innen gegen Steuererleichterung die Beteiligung an der Kunstrettung ermöglicht, wurde diesem kirchlichen Projekt geöffnet. (Artbonus hat sich zuletzt an der Restaurierung der königlichen Gärten beteiligt und unterstützt derzeit die Restaurierung der Longhenatreppe auf S. Giorgio Maggiore).
Von den staatlichen Mitteln, die nach dem Hochwassersturm vom 12.11.19 Venedig von den Brugnaro-zitierten "Knien" wieder auf die Beine helfen soll, blieben auch vergleichsweise beachtliche Summen bei Restaurationsprojekten hängen. 

Start ups wie Serendpt nutzen mittlerweile Kirchen als Firmensitz (siehe Eintrag vom 30.12.2018 "Neueste Führung für Fortgeschrittene - postindustrielle Giudecca".
Die Restaurierung von San Lorenzo wurde zunächst von Mexico als Biennale-Pavillon gestartet, dann von der TBA21-Academy übernommen, beeindruckend gestaltet und wird seit 2019 als Stiftungssitz und Veranstaltungsraum genutzt. Zwei Beispiele, die mir ganz besonders gefallen.


Jetzt wird durch den Verantwortlichen für das Kulturerbe der Kurie, GianMatteo Caputo, für die nächsten Wochen die Wiedereröfnnung dreier weiterer Kirchen angekündigt: San Beneto, San Fantin und San Bartolomeo. Alle drei im Sestiere San Marco gelegen.
Wobei die Eröffnung von San Beneto nicht ganz frisch ist: schon im Dezember 2018 wurde sie feierlich für kulturelle Zwecke übergeben (11.12.18: San Beneto restauriert und geöffnet), aber eine regelmäßige Nutzung war zunächst nicht drin (siehe Leserkommentare unter dem Eintrag) - es ging um die Holzwurmbehandlung vor allem der Bänke! Die dann in der Hochwassernacht in im Salzwasser versanken und aufs Neue behandelt werden mussten. Die neue Ankündigung lässt Hoffnung schöpfen, dass dort demnächst (covid-19-angepasst...) Kunstveranstaltungen mit entsprechenden Öffnungszeiten genossen werden können.

San Fantin ist die Kirche gegenüber dem Haupteingang des Teatro La Fenice, zu dem auch die ehemalige Scuola San Fantin, das heutige Ateneo Veneto, gehört. Siehe Eintrag vom 23.11.17 "Neue Führung für Fortgeschrittene: Ateneo Veneto". Sie war in den letzten Jahrzehnten dauerhaft geschlossen, auch die Webseite, auf der San Fantin von der Biennale als Ausstellungsraum angeboten wird, zeigt kleinlich quasi nichts. Zweimal wurde San Fantin vermietet: für die Biennaleausstellung der Ukraine 2011: Oksana Mas' Orgie buntbemalter Eier im ansonsten abgedunkelten Kirchenraum und 2019 ein Theater/ Film/ Ausstellungsprojekt "There is a Beginning in the End" des Pushkin Museums. Eine Veranstaltung (auch diesmal im abgedunkelten Raum), die zum Teil leider an mich verschwendet war - hat mich nicht gepackt. 

San Bartolomeo ist die berühmte Kirche der deutschsprachigen Venezianier*innen und der Gäste im Fondaco Tedesco, ein paar Schritte weiter. Man geht leicht am Holzportal ohne eigene Fassade innerhalb einer Schaufensterreihe vorbei, aber das Innere, ehemals überreich ausgestattet, z. B. mit dem Auftragswerk der deutschen Kaufleute "Rosenkranzfest" von Albrecht Dürer, muss immer noch sehr beeindruckend sein.
Nach der eingehenden Restaurierung fand hier 1994 eine kleine Tintorettoausstellung mit Werken aus venezianischen Kirchen statt und 2011 eine internationale Konferenz zum Gebäude und zur deutschen Kirchengemeinde, außerdem wenige Konzerte. Keine weiteren Ausstellungen meines Wissens. 
Marcianum Press hat in seiner Reihe Chiese di Venezia auch ein Buch zu San Bartolomeo veröffentlicht. Dazu gibt es eine gute Besprechung von Tobias Daniels in den "Sehepunkten".

(Der Vollständigkeit halber: die protestantischen deutschsprachigen Kaufleute nutzten für ihre Gemeinde zunächst einen Raum im Fondaco Tedesco und erwarben später, ein paar Schritte weiter, die ehemalige Scuola San Angelo Custode als ihre Kirche. Siehe auch Eintrag vom 5.2.17 "Lutherjahr - Venedig ist Reformationsstadt Europas".



Die Wiedereröffnung der Kirchen war allerdings nur eine zusätzliche Information bei der Pressekonferenz am 24.7. des Patriarchats zur eigentlichen Sensation: der Entdeckung karolingischer Fresken bei den archäologischen Forschungen auf Torcello! Wow! Als eine der Folgen des Hochwassersturms vom 12.11.2019. Da!
Die Grabungen finden unter Verantwortung des Patriarchats und weitgehender Finanzierung von Save Venice statt. 
Das wissenschaftliche Wunder bleibt natürlich nicht undiskutiert, ist darüberhinaus dem Publikum erstmal nicht zugänglich, aber ich wollte nicht darauf verzichten, darüber zu berichten.

Ich habe wenig Deutschsprachiges dazu gefunden: 
* 24.7.20 Nach-Welt Venedig hat karolingischen und nicht-byzantinischen Ursprung. Dies zeigen die heute gefundenen Fresken aus dem 9. Jahrhundert.
* 24.7.20 Vatican News Restaurierung nach Venedig-Hochwasser bringt Fresken zutage

Italienische Medien berichten ausführlicher und mit vielen Illustrationen (hier nur eine kleine Auswahl!): 
* 24.7.20 La Repubblica Venezia ha origine karolinge en non bizantine. Lo rivelango gli affreschi del IX secolo ora ritrovati
* 24.7.20 Ca' Foscari News La scoperte degli affreschi di Torcello
* 27.7.20 metropolitano.it Gli affreschi medievali di Torcello riscrivono la storia di Venezia
* 28.7.20 Storica National Geographic Rinvenute a Venezia affreschi del IX e X secolo
* 5.8.20 #contagio arte cultura Gli affreschi scoperti a Torcello: una Venezia carolingia?






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16. August 2020

Venedig in der Zeitenwende





Seit  6 Monaten wendet sich die Zeit. Wir wissen, wovon sie sich abgewendet hat, und wer auf die Straße geht, um "mein Leben zurück" zu verlangen, hat den Schuss nicht gehört: hier gibts nichts mehr zurück. Wer meint, mitten in einer Pandemie nicht auf eine Urlaubsreise verzichten zu können und sich aktiv an der Verteilung der Seuche beteiligt, kann gerne versuchen, die Reise mit Geschichtsschutz, geschlossenen Clubs und ggfs. Quarantäne ordentlich zu genießen - wer weiss, wie sich Reisen künftig gestalten werden. 

Denn wir wissen nicht, wohin die Zeit sich wenden wird. 
Erfreulich ist, dass für dieses Jahr die Kreuzfahrtschiffe von der großen Unternehmen  wie Costa und MSC sowie Royal Carribean Venedig meiden und Triest, Genua und Ravenna beglücken. Jetzt feiern die Bürgerinitiativen ihren vorläufigen Sieg. Denn offen ist, wie das 2021 sein wird, denn natürlich wird hinter den Kulissen geackert, damit der Hafen Venedig wieder im Spiel ist, mit möglichst noch mehr Besucher*innenzahlen. 
Erfreulich ist, dass sich im Vorfeld der Regionalwahl am 20.9. erneut venezianische Bürger*innen für einen Wechsel engagieren und eine weitere Wählerintitiative gegründet haben: terra e acqua. (Ab 21.8. mit eigenem Radioprogramm, 4 Wochen vor der Wahl.) Der Bürgermeister krallt sich an seinen Stuhl und behauptet angebliche Erfolge seiner Amtszeit, als ob nicht jeder sähe, dass er nur an der Förderung der Touristindustrie interessiert ist.
14.8. Ytali. Brugnaro. Venezia non può più essere affar suo (1) 
14.8. Ytali. Brugnaro. Venezia non può più essere affar suo (2) 
Aber werden nicht wieder die Wähler*innen von Marghera in die Suppe spucken, wie letztes Jahr, als es um die Trennung der Wasser- und Landstädte Venedigs ging?
Erfreulich ist, dass in Venedig offensichtlich Hygieneregeln und -protokolle sorgfältig eingehalten werden, aber das klappt wohl nur, solange weiter sehr wenige Touristen ankommen (und z. B. keine asiatischen Großreisegruppen durch die Stadt gescheucht werden), aber wie lange? Wenn schon jetzt wieder als "Geheimtipp" in allen internationalen Medien gehandelt wird: das leere Venedig! Darf man nicht verpasst haben! Endlich keine Massen! Nun denn - Leute kommen mittlerweile wieder, ohne Atemschutz, fühlen sich als "Entdecker des ganz wahren Venedigs" und wirken als "Influencer" bis der Markusplatz wieder voll und die Chance vertan ist, mit genügend Zeit neue Konzepte für den Venedigourismus zu entwickeln.

Die Zeitenwende ist im Gange, und man kann nur hoffen, dass möglichst viele Menschen in allen Bereichen und auf allen Ebenen ihren Teil der Verantwortung erkennen und wahrnehmen.


Piazza San Marco, 17.8.2012
Quelle: Skyline

Direkt in den ersten Tagen der Schließung ganz Italiens hat sich der venezianische Kulturjournalist und Sachbuchautor Danilo Reato in den leeren Gassen Venedigs umgesehen. Schon nach dem Schrecken des Hochwassersturms am 12.11.2019 hatte er per Mail nach Bonn berichtet. 
Und jetzt haben wir also schon 1/2 Jahr später einen schönen kleinen Band, der uns seine Eindrücke und Bilder des Shut downs vermittelt. Ein bisschen Trost oder eine freundliche Gabe für die, die zur Zeit um ihren Sehnsuchtsort bangen oder ihn nicht besuchen wollen oder können - aus gesundheitlichen, zeitlichen, vernünftigen, oder ehrenwerten Gründen in dieser ungewissen Zeit. Ein Zeugnis der Zeitenwende, deren Ende und Auswirkungen wir derzeit noch nicht ahnen. 

Das leere Venedig. Ein Sehnsuchtsort in der Zeitenwende. Danilo Reato, Edition Bonn-Venedig im Bonner Verlags-Comptoir. ISBN 978-3-947838-05-9, 69 Abbildungen, 56 Seiten, Hardcover, 14 €.


Quelle: Danilo Reato; Das leere Venedig

Für Venedigfreund*innen in Bonn und Umgebung:

Vortrag des Verlegers Arnold E. Maurer "Soziale und wirtschaftliche Probleme im heutigen Venedig", 25.8.18 Uhr im großen Saal der ev. Kirche Adenauerallee 37.

Seitdem es Zentren des “Overtourism” gibt, gehört Venedig dazu: zu viele Touristen, kein funktio-nierendes Leitsystem, auch keine “Online-Voranmeldung” für ein “Zeitfenster” zur Besichtigung. Dann kam Corona und die Stadt konnte “Luft holen”, ein fragiles Venedig wurde sichtbar, das wagemutige Touristen in den ersten Tagen nach Aufhebung der Reisebeschränkungen gleich wieder unbedingt besuchen wollten (wenn es Journalisten waren, haben sie auch gleich darüber geschrieben). Venedig ist wirklich einzigartig, aber wenn man die Schönheit dieser einst im Zusammenspiel ihrer Bewohner funktionierenden Stadt nicht mehr finden kann, weil sie komplett verstellt ist? Ein “noch mehr” an Tourismus kann die Stadt kaum verkraften, dennoch obsiegen die Wirtschaftsinteressen bislang, bürgerliches Leben wird verdrängt, die Bewohner wandern ab, es bleibt die Fassade, die wir alle als Touristen dann bevölkern.
Dr. Arnold E. Maurer, geb. 1952 in Velbert, Studium der Germanistik, Geschichte, Politikwissenschaft, des Fachs Italienisch in Bonn und (Geschichte) in London, Promotion in Vergleichender Literaturwissenschaft mit einem Thema zur venezianisch-deutschsprachigen Literaturbeziehung (zweijähriger Forschungsaufenthalt am Deutschen Studienzentrum in Venedig/ Centro Tedesco di Studi Veneziani), Lehrer an Bonner Schulen, nun – nach der Pensionierung - Verleger von Bonner Verlags-Comptoir/Edition Bonn-Venedig mit Veröffentlichungen im Bereich „populäres Sachbuch“ zu beiden Städten, Autor einiger Beiträge zur Bonner Lokalgeschichte und zum literarischen Italien (u.a. Co-Autor des – auch ins Italienische übersetzten - „Literarischen Führers durch Italien“, von „Venedig. Ein Reisebegleiter“ und „Venedig“ [Anthologie]). Mitglied der Bonner LESE.
Anmeldung unbedingt erforderlich! (lesebonn@web.de), Gäste herzlich willkommen!
Den Vorgaben entsprechend ist die Platzzahl begrenzt. Bitte desinfizieren Sie Ihre Hände vor Betreten des Saales und tragen Sie beim Betreten und Verlassen des Foyers/Saals eine Mund-Nasenmaske.


Siehe auch Einträge
30.1.19 Die Masken der Serenissima vom gleichen Autor
10.8.20 Mehr zur Zukunft Venedigs - Gedanken, Vorschläge, Kritik, Dys- und Utopien
22.3.20 Kristallklar
15.3.20 Stilles Venedig


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