16. Mai 2010

Mai in Venedig - Bräute und Filmcrews


Bootsanlegestelle am Palazzo Gritti zu
Normalzeiten

(Ring im Pflaster)
und die Requisite "Polizeianleger" für die Dreharbeiten zu den deutschen Brunetti-TV-Filmen




Wobei Bräute und Filmcrews nichts miteinander zu tun haben, ausser, dass beiden im Stadtbild zur Zeit nicht auszuweichen ist.

Die Bräute stehen immer noch vorwiegend auf dem Markusplatz, obwohl dort wegen der vielen Baugerüste kaum ein fotogenes Plätzchen zu finden ist und es dank Fütterungsverbot fast keine Tauben gibt, das traditionelle Foto der weißen Braut, umflattert von einer Wolke der Symbole romantischer Liebe, also nicht mehr gelingt.

Sie stehen aber auch auf der Treppe zur Salute, auf der Brücke vor der Miracoli-Kirche, auf dem Molo am Dogenpalast...
Der heftige Maiwind bauscht die Röcke und weht die Schleier in die falsche Richtung, ganz ungünstig fürs Foto, die Fachkraft mit der Kamera fummelt und dirigiert.
Es gibt natürlich auch dazu gehörige Bräutigame, die aber nicht weiter auffallen, da sie nicht bonbonnierenmäßig aufgebrezelt sind und auch weniger Haut zeigen.
Das Hochzeitsbusiness (googeln unter 'Wedding in Venice' oder 'Heiraten in Venedig') läßt keine Phantasie unberücksichtigt, sei es in Fragen der Kirche (und Religionszugehörigkeit), der angemessenen Location für das einzigartige, wenn schon nicht einmalige, Ereignis (Palazzo? Insel? Schiff?), der festlichen Ausgestaltung und selbstverständlich der Kosten.
Die Co
mune Venezia bietet standesamtliche Heiraten an. Ich empfehle Venedigbesuche grundsätzlich ohne Eheschließung, statt dessen so oft wie möglich.
Dreharbeiten eines italienischen Teams vor der Scuola Grande S. Marco in Castello

Das zahlreiche Aufkommen von Filmcrews im Freien kann ich mir beim wechselhaften Maiwetter nicht so recht erklären. Unterbrechungen und hektisches Abdecken von Material, Catering usw., z. B. auf Lastkähnen am Rio San Trovaso und um S. Trovaso herum, bei plötzlichen Regengüssen sind die Folge. Die Crewmitlieder verschwinden in der nächsten Bar, um einen Kaffee (und einen Grappa gegen die Feuchtigkeit) zu nehmen. Wie die einheimischen und touristischen Zaungäste.

Das (übrigens italienische) Team von San Trovaso verur
sacht zwei Tage später anhaltenden Stau an der Brücke zur Scuola San Marco am Campo SS. Giovanni e Paolo, über die eine Gruppe Paparazzi immer wieder laut schreiend auf den Campo läuft. Die Venezianer stehen geduldig mit Kindern, Hundchen, Einkaufskarren und warten, dass zwischendurch mal kurz die Brücke freigegeben wird. Die Menge der Zuschauer wird allerdings immer größer, gespeist vor allem auch durch Krankenhausbesucher, die keine Lust auf den Umweg über die Mendicanti-Brücke haben.
Hinweisschild für Passanten bei den Dreharbeiten zu "The Tourist"

Weniger chaotisch geht es zu beim Team des 'Tourist', Hollywod-Projekt des deutschen Regisseurs Donnersmarck, von dem schon seit Monaten tratschmäßig die Rede ist. Da wird der Drehort rigoros rundum abgeriegelt, was in der ruhigen Ecke der Misericordia noch geht, wo im riesigen Gebäude der Scuola Grande ein Ball gedreht wird. Aber beim Markt am Rialto, wo man immerhin noch den fischmarktfreien Montag zum Dreh in der Pescaria nutzt, oder zwischen Bahnhof und Ponte della Costituzione mit permanentem Durchgangsverkehr wird die Sache schon schwieriger.
Dafür sieht man auch schon mal (vom Vaporetto aus) Berühmtheiten (es 'starren' Jolie und Depp in diesem Film, die begleitet von ihren Familien in Venedig sind und großes Medientheater hervorrufen). Die Crew trägt uniformiert schwarze Overal
ls und Funkgeräte, was leicht martialisch aussieht, und insgesamt hat man ein bißchen den Gout von Wichtigkeit und Selbstdarstellung.

Dreharbeiten eines Commissario Brunetti - TV-Films am Palazzo Gritti in Castello. Darsteller des Vianello (Mitte) und Brunetti (rechts, mit Zigarette)

Dafür geht es bei der deutschen Produktion eines neuen 'Brunetti'-Fernseh-
films sehr entspannt
zu.

Das Material lagert regens
icher in der Kirche San Francesco della Vigna, das Catering steht trocken bei den überdachten Kreuzgängen des Klosters. Die Crew ist locker, die Schauspieler stehen auch noch auf dem Campo San Francesco herum, wenn Sie schon mit der Arbeit fertig und umgezogen sind. Dazwischen wimmeln und gucken neben wenigen Touristen die Castellani, die das ja kennen, auch hier mit Kindern, Hundchen und Einkaufswagen und werden von einem freundlichen jungen Mann gebeten, mal kurz aus dem Weg zu gehen - Daumen hoch, Ruhe, Aufnahme vor der 'Questura' - danach fliegt wieder ein Ball durch die Szene.

Auf die Ergebnisse kann man gespannt sein. Die Dreharbeiten zum Buena Vista - "Casanova" 2005 führten zu tagelangen Absperrungen auf der Piazza und auf der Piazzetta sogar wochenlang. Schilder an der Sperrgerüsten informierten, dass man mit Passieren (nicht Betreten!) des abgesperrten Geländes auf die Rechte am eigenen Bild und Ton, die aufgenommen werden könnten, für 3000 Jahre zu verzichten hätte. Ebenso an den anderen Locations wie Palazzo Soranzo van Axel oder der Calle Berlendis. Und heraus kam dabei einer der dämlichsten Filme, die ich je gesehen habe.
(Eine Sammlung der Filme, die in Venedig spielen, findet sich übrigens bei Fictional Cities.Ich teile nicht alle Meinungen des Autors.)

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